Читать книгу Betriebsfeiern(n) bis die Hütte brennt! - Jörn Kolder - Страница 11
Das Geschäftsmodell der KME Export-Import GmbH
ОглавлениеVerknappt betrachtet war die KME Export-Import GmbH eine Art Maklerbüro, das sich auf die Beschaffung von Kleinserien oder gar Einzelstücken aus dem In- und Ausland spezialisiert hatte. Für die großen Unternehmen war es unwirtschaftlich, die Beschaffungsabteilung mit solchen Spezialfällen zu belasten, und deswegen nahm die KME als Mittler zwischen Verkäufern und Bedarfsträgern im Markt eine Nische ein. Es ging also darum zunächst die Nachfrage zu ermitteln, und dann nach passenden Angeboten zu suchen. Der Administrator der KME Peter Grundmann hatte auf der Homepage der Firma eine Eingabemaske erstellt, in die Interessenten die Waren oder das von Ihnen benötigte Teil anhand einer bestimmten Spezifikation eintragen konnten. Von da aus ging die Anfrage in eine Datenbank und wurde von dort portionsweise als Kopie des Datensatzes auf die PC der Bearbeiter für Beschaffung von Vertrieb übertragen. Zu diesem Zeitpunkt war der Originaldatensatz mit dem Vermerk „In Bearbeitung“ versehen worden. Wer welche Anfrage erhielt war eigentlich dadurch geregelt, dass die einzelnen Bearbeiter einem definierten Firmenstamm von Anbietern zu bearbeiten hatten. Das war auch aus dem Grunde sinnvoll, dass man sich über die Zeit hin gegenseitig kannte und eine E-Mail oder ein Telefonat manche Auftragsabwicklung beschleunigen konnte. Grundmann hatte dazu eine Analyse vorgenommen und die Firmen den Leuten so zugeordnet, dass eine einigermaßen gerechte Arbeitsverteilung erreicht werden konnte. Da man aber stets mit Krankheiten oder anders bedingten Ausfällen rechnen musste war früher noch von Richter festgelegt worden, dass jeder Mitarbeiter im Notfall einspringen musste und so auch einmal mehr als die üblichen Fälle zu bearbeiten hatte. Wenn Grundmann einmal Frust hatte oder mit einem der Leute aneinandergeraten war lag es allein in seiner talentierten Hand das System zu manipulieren, und den Betreffenden mit Aufträgen zu überfluten. Wenn sich die oder der Betroffene dann bei ihm beschwerten erzählte er ihnen einfach etwas von Wahrscheinlichkeitsrechnung, Stichproben und bimodalen Verteilungen oder den Axiomen von Kolmogorow. Allein diese Begriffe reichten aus, dass die Leute wieder abzogen. Jeder gab sich also demzufolge Mühe, nicht in die Schussbahn des Administrators zu geraten.
Wenn der Mitarbeiter die Aufträge auf seinem PC sehen konnte prüfte er in einer wochenaktuellen Datenbank welcher Anbieter die Ware zu welchen Konditionen anbot. Einigen der Nachfrager war manchmal eher an einem schnellen Liefertermin als an einem günstigen Preis gelegen, so dass standardmäßig immer zwei Angebote per Mail an die Teile suchende Firma gingen. Diese waren je nach dem Warenwert dann schon mit einem bestimmten Gemeinkostenzuschlagssatz versehen, auf den dann noch der kalkulatorische Unternehmergewinn erhoben wurde. Das wurde im Angebot selbstredend nicht ausgewiesen. Gab es von dem Nachfrager eine Antwort konnte die Bestellung beim Anbieter ausgelöst werden. Von diesem ging wiederum ein Angebot bei der KME ein, welches zu bestätigen war und in Bezug auf die Konditionen geprüft werden musste. Passte alles zusammen, wurde die Bestellung ausgelöst und als Lieferanschrift direkt die des Nachfragers angegeben. KME sparte also damit ein größeres Lager ein. Im Sortiment gab es einige Positionen die immer gut liefen und die KME in mittleren Stückzahlen zu einem günstigen Preis einkaufte. Diese gingen in ein kleines Lager und wurden dort von zwei Männern bewirtschaftet.
Wenn die Bestellung beim Anbieter ausgelöst worden war, erhielt der entsprechende Datensatz den Vermerk „Bestellt“. Hatte die Spedition die Ware beim Nachfrager angeliefert gab es die Kennzeichnung „Geliefert“. Der Datensatz wurde dann an die Computer des Rechnungswesens übermittelt, wo deren Drucker standardisierte Rechnungen ausspuckten. Dort gingen auch die Eingangsrechnungen der Lieferanten ein. Ausgangs- und Eingangsrechnungen wurden dann manuell gebucht. Der entsprechende Datensatz erhielt dann den Vermerk „Bezahlt“ oder „Berechnet“ und wurde von der Finanzbuchhaltungssoftware als offener Posten geführt. Gab es zu jeweiligen Vorgang dann eine Belastung oder eine Gutschrift auf dem Firmenkonto, war die abschließende Kennzeichnung „Zahlungseingang“ oder „Bankbelastung“. Der Datensatz wurde letztendlich auf einer externen Festplatte des Servers archiviert.
Friedhelm Richter war so vorausschauend gewesen schon in den 1980iger Jahren einen kleinen Außendienst aufzuziehen. Die vier Mitarbeiter hatten Akquise Aufgaben in Form der Neukundengewinnung. Dass der Außendienst ein gewisses Eigenleben entwickelt hatte bekam Hubertus Kriegel nicht mit, denn er hatte diese Leute noch kein einziges Mal gesehen.