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Ein Nachtbummel ...

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... stünde vor der Tür. Also eigentlich stünden wir vor der Haustür und würden noch einmal die drei Stufen hinunter den Heckengang entlang an die Straße gehen.

Dann wäre es schön, die vierspurige Straße hinauf zu nehmen. Sie teilt sich allmählich, und hinter der Kreuzung erhebt sich zwischen den Fahrstreifen der Rest eines Berges. Die Kuppe ist noch da, dicht mit Büschen und Bäumen besetzt, und ganz oben steht ein Turm. Der lange Turm heißt er und so sieht er aus. Er ist der Rest einer alten Stadtumwallung, und soviel ich weiß, hat er hoch oben Studentenwohnungen.

Wir steigen die Treppe zum Turm hinauf. Schon oft habe ich an seinem Fuß gestanden und hoch geschaut. Da oben muss doch trotz aller Einschränkungen ein wunderbares Studierzimmer sein, hoch über der Stadt, den Talkessel zu Füßen. Da muss einer schon viel Stroh im Kopf haben, um da nicht ein Genie zu werden.

Vom Fuß des Turms kannst du die Stadt nicht sehen. Große Büsche versperren die Aussicht. Jetzt sind sie schwarz, doch bald ist Vollmond. Dann wird es anders sein.

Du gehst ein bisschen weiter nach Norden. Der Berg flacht sich ab, die Büsche lichten sich. Über dir weitet sich ein locker bewölkter Abendhimmel, und zu deinen Füßen liegt die glitzernde Stadt.

Denkst du nicht auch, da unten ist ein Wuseln, Brodeln und Sausen? Menschen, die faul vor dem Fernseher liegen, an der Matratze horchen, es miteinander treiben. Andere in erbärmlichen Zuständen fechten gerade den 200. Streit aus oder irren durch die nächtlichen Straßen; - was es halt so im Leben gibt.

Eine unfassliche Vielfalt da unten, und dabei ist es nur eine relativ kleine Stadt. Nimmst du die Fülle der Städte des Erdballs, dann ist’s ein Sausen, Brausen und Brodeln, Machen und Tun, dass einem glatt schwindelig werden kann.

Stell dir vor, du hättest eine magische Kamera. Und in dem Augenblick, in dem du dort stehst und über das Lichterfunkeln der Stadt zu deinen Füßen schaust, würdest du ein Foto aller Gehirne machen, das die in den Köpfen herumschwirrenden Worte speichert. Weißt du, was ich meine? Jeder hat doch ein Universum in seinem Kopf. Das besteht aus seinen Erinnerungen, seinen Erfahrungen, seinem Wissen, seinen Kenntnissen, seine Wünschen und Träumen. Mit jedem neuen Eindruck wird dieses Bild erweitert, wobei man das Neue da anleimt, wo es zu passen scheint. So hat also eigentlich jeder ein sich fortschreibendes Lebensbuch im Kopf, in dem er ständig liest. Und wenn du jetzt einen Schnappschuss von all diesen Lebensbüchern machen könnte, ja, hättest du dann nicht die unendliche Bibliothek, von der ein alter deutscher Science-Fiction-Autor mit Namen Kurt Lassnitz erzählt?

Doch einstweilen stehst du ja noch da oben. Du willst einfach mal in Ruhe gucken und dich nicht von mir zutexten lassen.

Wenn du genug geguckt hast, dann gehst du nach Hause und legst dich schön ins Bett.

Gute Nacht, meine Liebe

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