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Kapitel 4

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Hermine Mayer kehrte den Gehsteig. Die Schaufenster ihres ehemaligen Geschäfts waren mit braunem Packpapier verklebt, das von der Feuchtigkeit ein Fleckenmuster erhalten hatte. Hermine seufzte bei dem Anblick jedes Mal. Dieses braune Packpapier mit den feuchten Flecken war für sie ein Symbol der Vergänglichkeit. Sie musste es immer wieder erneuern, doch immer wieder wurde es von der Feuchtigkeit, die durch die Auslagenscheiben drang, aufgefressen.

Hermine Mayer hätte ihr Geschäft gern an einen jungen Nachfolger weitergegeben, aber niemand in der Verwandtschaft hatte es übernehmen wollen, auch nicht ihr Großneffe Konstantin, mit dem sie sicher gerechnet hatte. Der zog lieber mit einem Rucksack durch die Welt und verdiente sich mit Gelegenheitsarbeiten das bisschen Geld, das er zum Leben brauchte.

Hermine Mayer war immer eine zuvorkommende Geschäftsfrau gewesen, die ihre Spielwarenhandlung mit viel Freude betrieben hatte. Die Kinder hatten alle Spiele ausprobieren und auch auf Dreirädern oder Tretrollern in dem großen Geschäft herumdüsen dürfen.

Aber dann war Hermines Mann sehr krank geworden, und schließlich war er an dieser Krankheit gestorben. Kurz darauf war ihre beste Freundin Erna gestorben. An einem Herzinfarkt. Damals war auch in Hermines Herz etwas gestorben. Zweimal.

Von da an wollte sie ihr Geschäft nicht mehr betreiben. Und als sie einsehen musste, dass niemand es weiterführen wollte, sperrte sie es einfach zu. Aus der lebenslustigen, freundlichen Frau wurde allmählich eine sehr einsame, sehr grantige. Wenn Kinder vor ihrem leerstehenden Geschäft spielten, scheuchte sie sie weg. Wenn Hunde an die Hausmauer pinkelten, schimpfte sie mit den Hundebesitzern. Und wenn die Hunde gar ein Gackerl vor der Eingangstür des Geschäfts liegenließen, kriegte Hermine Mayer einen halben Tobsuchtsanfall und schrie so laut, dass alle Nachbarn die Köpfe beim Fenster herausstreckten. Was Hermine nicht wusste, war, dass die Nachbarn sie hinter ihrem Rücken „Frau Kratzbürste“ nannten.

In den letzten Jahren allerdings hatte Frau Kratzbürste weniger Grund zum Schimpfen gehabt, weil kaum mehr Leute die Hauptstraße entlanggingen, weder mit Hunden noch ohne Hunde. Und auch Kinder kamen nur mehr selten vorbei. „Früher war es besser hier“, dachte Hermine oft. „Jetzt kommt man sich vor, als würde man in einer Geisterstadt leben.“

Hermine war fertig mit dem Zusammenkehren. Der Gehsteig war sauber. Die Flecken auf dem braunen Packpapier aber waren da. Immer.

Die knallbunte Couch

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