Читать книгу Sohn des Windes - K. Will - Страница 8
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Оглавление„Wie konntet Ihr ihn nur entkommen lassen?!“ Hakkar duckte sich fast unter der mehr als aufgebrachten Anschuldigung. „Ist Euch nicht klar, wie wichtig Eure Mission war? Was habt Ihr Euch dabei gedacht? Ich sagte doch, dass man bei ihm mit allem rechnen muss!“
„Nun, vielleicht wärt doch lieber Ihr selbst losgezogen, um Eure Angelegenheiten zu bereinigen?“, gab Hakkar leicht gereizt zurück. Er hatte einen Fehler begangen, dass musste er sich selber eingestehen, aber das rechtfertigte noch lange nicht dieses aufbrausende Benehmen, dass sein Begleiter ihm gegenüber an den Tag legte. Schließlich war er der Fürst von Bahi-Dun, und somit, wenn man es genau betrachtete, ein Gleichgestellter, und kein Untergebener! Aber er war schon immer schwierig gewesen. Er kannte ihn schon lange genug, um das zu wissen. Aber trotzdem hatte es ihrer Freundschaft, wenn man das so nennen mochte, nie einen Abbruch getan.
„Ich muss Euch ja wohl nicht erst an unsere Abmachung erinnern?“, wurde Hakkar grimmig lauernd gewarnt.
„Wären nicht die Truppen aus Al-Alef gewesen, dann hätten wir nicht ein derartiges Problem. Aber damit konnte schließlich niemand rechnen! Sie sollten sich in Al-Alef zusammenziehen, nicht in Hal-Abun auf uns warten. Ich habe schreckliche Verluste erlitten! Ich werde Zeit brauchen, um meine Truppenstärke wieder auszugleichen. Bis dahin könnt ihr ja Eure Männer verheizen.“ Hakkar war wütend. Zornig trat er gegen einen Zeltpfosten, dass dieser beinahe zusammengebrochen wäre. So hatte er sich das nicht vorgestellt! Und er wollte vor allem nicht hier, mitten in der Wüste, und nicht jetzt, ausgerechnet ihm Rechenschaft ablegen müssen. Verdammt, es war nicht mal seine Angelegenheit. Er wäre nur Nutznießer, wenn die Rechnung aufginge. Allein dafür hatte er sich da reinziehen lassen. Er zweifelte bereits, ob das eine so gute Idee gewesen war.
„Wir werden die Truppen zusammenziehen. Sie werden nicht noch einen Angriff erwarten. Und dieses Mal werde ich selbst mit Euch reiten!“, erwiderte die vermummte Gestalt, die ganz dicht und drohend an Hakkar heran trat.
„Vielleicht interessiert es Euch zu hören, dass sich die Frau auf den Weg nach Sa-Lham befinden soll!“ Hakkar machte eine bedeutungsvolle Pause. „Wir sollten sie abfangen, meint Ihr nicht auch?“ Hakkar betrachtete den Mann vor sich. Eigentlich gab sein Gegenüber nichts von sich Preis, er wahrte stets sein Gesicht, indem er es verbarg, und sich bei allen Taten im Hintergrund hielt. Würde er sich nun vielleicht dazu bequemen, ihm in Richtung Sa-Lham zu folgen um diese Frau zu suchen und gefangen zu setzen? Schließlich kannte er sie ja wohl besser als Hakkar. Er hatte sie ihm nur beschrieben, aber er hatte bei seiner Suche keinen Erfolg gehabt. Mit dieser Frau in Händen würde ihm noch mehr Opfer erspart bleiben.
„Ich muss Euch nicht daran erinnern, dass sie vielleicht ein gutes Druckmittel wäre!“ Hakkar sah sein Gegenüber wieder auffordernd an.
Der verhüllte Mann nickte schwerfällig.
„Ja, in der Tat! Er ist gefühlsduselig genug, um sie retten zu wollen. Vielleicht habt Ihr recht. Handeln wir, solange in Hal-Abun noch über Euren Verbleib gerätselt wird. Wir werden unverzüglich aufbrechen!“
„Hast du es irgendwie eilig?“, fragte Damaso Nasim lauernd. Sie waren lange genug in einem ziemlich scharfen Tempo geritten, und die Pferde waren mittlerweile klatschnass geschwitzt. Und trotzdem hatte sich Nasim geweigert eine Pause einzulegen. Er trieb sie in einem schnellen Schritt weiter.
„Ja, allerdings!“, sagte er kurz angebunden.
„Vielleicht sollten wir aber trotzdem etwas mehr Rücksicht auf unsere Reisebegleitung nehmen. Schließlich solltest du doch auf sie aufpassen und sie nicht dermaßen durch die Wüste schinden!“, gab Damaso gereizt zu bedenken.
Nasim sah sich kurz zu Emily um. Aber er konnte keine Anzeichen von Müdigkeit oder Überanstrengung in ihrem Gesicht erkennen.
„Ihr meint, Ihr braucht eine Pause!“, unterstellte Nasim ihm.
Damaso wollte gerade auffahren, als Emily ihm zuvorkam.
„Damaso, ich bin nur schwanger, nicht krank!“
„Sie ist sehr viel stärker, als Ihr denkt. Oder als Ihr es selber seid!“ Den letzten Satz hatte Nasim nur sehr leise und mehr zu sich selbst gesagt.
„Das habe ich gehört!“, schnaubte Damaso sauer.
Nasim zügelt für einen Moment sein Pferd und ließ Damaso zu ihm aufreiten.
„Verzeiht mir, ich bin nur ein einfacher Soldat und vielleicht kenne ich mich nicht gut in solchen Dingen aus, aber ich denke, wir sollten zusehen, dass wir aus der Wüste herauskommen! Ich will mich hier nicht zu lange aufhalten. In der Wüste sind wir eine perfekte Zielscheibe. Wenn ich ihr Leben schützen soll, dann hätte ich gerne etwas Deckung, ein Versteck für sie vielleicht, damit ich etwas beruhigter kämpfen kann, sollte es von Nöten sein!“
„Erwartest du etwa, dass wir hier offen angegriffen werden könnten? Ich denke wohl nicht, dass es jemand mitbekommen hat wie wir aus der Stadt heraus geritten sind! Noch weniger denke ich, dass sich hier in der Wüste jemand unbemerkt an uns heranschleichen kann!“ Damaso wollte es nicht zugeben, aber ja, er hätte gerne allmählich mal eine Pause eingelegt.
„Ihr denkt, aber wisst es nicht! Ja, ich erwarte genau das!“, sagte Nasim sehr betont. „Hakkar war nirgends in der Stadt zu finden. Ich habe nach ihm gesucht. Er hat nur seine Truppen in den Kampf geschickt, aber sich selber zurückgezogen. Was, wenn er es beobachtet hat? Wenn er irgendwo hier draußen lauert?“
Aber statt einer Antwort sah Damaso nur betrübt zu Boden. Dieser junge Soldat hatte recht. Er verstand eine Menge mehr von solchen Dingen, als Damaso. Aber das wollte er nicht offen zugeben.
„Also schön!“, gestand er ihm zu. „Aber wenn sie eine Pause braucht, werden wir eine Pause einlegen!“
Sie ritten weiter bis zum Mittag. Erst als die Sonne fast schon zu unbarmherzig vom Himmel schien, und die Luft vor ihnen zum Flimmern brachte, drehte sich Nasim zu Emily um. Sie hatte nichts gesagt, aber er sah ihr an, dass sie allmählich schwächer wurde. Er ließ sie alle anhalten und stieg ohne ein weiteres Wort von seinem Pferd und kam auf Emily zu.
„Sayyidda?“ Auffordernd hielt er ihr seine Arme entgegen, um ihr vom Pferd zu helfen.
Emily sah ihn leicht tadelnd an.
„Nasim, hör direkt wieder auf damit!“
Aber er vermied ihren Blick und sagte nichts, während er sie auf dem sandigen Boden abstellte und sich schnell wieder von ihr abwandte. Mit geschickten Griffen schlug er schnell ein improvisiertes Sonnendach auf, das sie alle vor der Mittagshitze schützen würde, und machte sich daran, die Pferde mit Wasser zu versorgen, bevor er unter das Dach in den Schatten zu Damaso und Emily trat. Damaso hatte sich dicht neben Emily gesetzt, hatte sich allerdings der Länge nach rückwärts in den Sand fallen lassen und die Augen geschlossen. Emily saß mit hinter sich aufgestützten Händen da und beobachtete Nasim. Er benahm sich, seit er wusste, wer sie war, gar nicht mehr so, wie sie es von ihm gewohnt war. Er war distanziert, sachlich und respektvoll, fast schon untertänig und nicht mehr so liebenswert fröhlich, wie noch vor ein paar Tagen. Auch jetzt vermied er es von seinem Platz am Rande des Schattens aus, sie anzusehen, fast schon als wäre es ein unverzeihlicher Frevel.
Emily sah zu Damaso hinunter und stieß ihn vorsichtig mit einem Fuß an. Aber Damaso regte sich nicht. Er schien zu schlafen. Langsam stand sie auf und ging zu Nasim hinüber, der leicht nervös auf seinem Platz herumrutschte, als sie sich dicht neben ihn wieder in den Sand setzte.
„Nasim?“, sprach sie ihn leise an.
„Sayyidda?“ Nasim neigte ehrfürchtig seinen Kopf.
„Warum kannst du nicht einfach wieder vergessen, wer ich bin?“, fragte sie schlicht.
„Was?“ Hatte er richtig gehört. „Sayyiddda, wie könnte ich wohl. Ihr seid …!“
„Ich weiß es mittlerweile selber wieder wer ich bin!“, fiel sie ihm leicht gereizt ins Wort. „Aber das ändert doch nichts an den vergangenen Tagen, die wir miteinander verbracht haben!“
Nasim bekam vor Entsetzten große Augen.
„Sayyidda, verzeiht mir, aber ich hatte es doch nicht gewusst!“
„Nasim, hör endlich auf mich ständig dermaßen geschwollen anzureden. Ich mag so was ganz und gar nicht. Bislang war ich für dich einfach nur Yasemin, und nicht deine Herrin! Vielleicht könntest du wieder so tun, als wäre ich tatsächlich einfach nur Yasemin?“ Sie sah ihm direkt in die Augen. „Ich habe mich bei dir einfach wohler gefühlt, als du nicht so distanziert mir gegenüber warst.“ Eine lange Pause entstand. Sie sah ihn einfach nur an, bis er es sich auch endlich wieder gestattete, ihren Blick längere Zeit stand zu halten. „Was glaubst du wohl wird passieren, wenn du mich endlich wieder so anredest und behandelst, wie du es vorher auch getan hast?“, fragte sie lächelnd.
„Sayy…“ Er schüttelte schnell den Kopf.
„Glaubst du, Damaso hätte mehr Recht mich als eine Freundin zu betrachten, nur weil er mir einmal das Leben gerettet hat? … so wie du?“, fragte sie weiter.
„Aber ist er denn nicht …?“, begann Nasim und wurde von Emily unterbrochen:
„Was? Auch nur ein Mensch? Ein Freund nur, kein Stammesfürst oder sonst was Hochtrabendes. Einfach nur ein guter Freund!“ Sie seufzte leise. „Ich hatte gehofft, dass wir auch Freunde bleiben könnten. Ich mag dich nämlich.“ Aber als Nasim daraufhin nichts erwiderte, ließ sie sich gegen seine Schulter sinken und schloss die Augen.
Nasim wagte erst wieder tief einzuatmen, als ihr Atem ruhig und gleichmäßig fließend wurde. Er durfte sich natürlich nichts anmerken lassen, aber er genoss diese ungezwungene Nähe zu ihr doch.
Nur irgendwann wurde Damaso wieder wach und sah mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck, dass Nasim Emily im Arm hielt, während sie zu schlafen schien.
„Ich hoffe doch, ich habe nichts verpasst.“, sagte er in einem lauernden Tonfall. „Es war mit Sicherheit kein Spaß, als er sagte, er würde dir alle Knochen brechen. Glaub mir, er würde nicht nur, er kann es auch! Mal eben so!“ Damaso schnippte mit Daumen und Mittelfinger und sah dem jungen Soldaten ernst in die Augen.
Nasim sagte nichts. Er schaute nur verlegen zu Boden. Vorsichtig weckte er Emily auf, die sich langsam in seinem Arm wieder regte.
„Oh!“, machte sie erstaunt,„Ich muss eingeschlafen sein!“, und setzte sich auf.
„Ja, und ich denke, das war wirklich nötig. Die letzte Nacht war lang und die nächste wird wohl nicht minder kurz werden.“, sagte Nasim in einem bedauernden Ton. „Fühlst du dich wieder stark genug, um weiter zu reiten?“
„Okay, ich habe was verpasst!“, stellte Damaso leicht grimmig fest.
„Ach, hör auf dich immer als mein Beschützer aufzuspielen.“, entgegnete ihm Emily, aber sie zwinkerte ihm zu. „Mal ernsthaft, Damaso, wir sind hier unter uns. Du redest mich ja auch nicht mit so einem geschwollenen Quatsch an, wie Hoheit oder sonst was!“
„Nein, aber ich halte dich beim Schlafen auch nicht im Arm!“, gab er gereizt zurück.
„Damaso, was soll das?“
„Ich möchte nur sicher sein, dass du weißt wer du bist und wohin du gehörst!“ Damasos Stimme klang gar nicht mehr nett oder versöhnlich.
Was war das denn jetzt, fragte sich Emily. Was sollte das? War er etwa … eifersüchtig?
Ein leicht amüsiertes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Aber Damaso entging es natürlich nicht.
„Was?“, schnaubte er beleidigt.
„Und du meinst, nur du dürftest nicht ungestraft küssen …!“ Sie grinste ihn breit an. Aber Damaso war gar nicht mehr gut aufgelegt. Es passte ihm schlicht und einfach nicht, dass sie wieder vertraut miteinander umgingen. Dieser Nasim war schließlich nur ein einfacher Soldat, und sie seine Emily!
Damaso half auch nicht mit, das Lager abzubauen, sondern beobachtete Nasim sehr genau aus den Augenwinkeln heraus. Genau genommen tat er nichts anderes mehr, als ihn sehr genau im Auge zu behalten, während sie sich weiter ihren Weg durch die Wüste bahnten.
Aber auch Nasim beobachtete genau - Emily. Er wollte sie nicht überfordern, aber auch keine unnütze Zeit vergeuden. Er machte sich wirklich Sorgen.
In einem frühen Morgengrauen konnten sie dann irgendwann endlich am Horizont die Stadt Sa-Lham sehen. Aber er konnte trotzdem nicht aufatmen. Etwas, das noch in weiter Ferne lag, störte ihn. Er konnte nicht erkennen, was es war, aber es beunruhigte ihn. Es gehörte nicht dort in die Wüste. Also spornte er Emilys und sein eigenes Pferd zu einem schnellen Galopp an. Damaso fluchte hinter ihm. Er war nicht darauf vorbereitet gewesen.
„Was soll das?“, rief er hinter ihm her. „Bist du verrückt geworden, sie so zu hetzen?“, fragte er in mehr als scharfem Ton, als sie endlich die Stadtmauer erreicht hatten.
„Nein, ich will sie nur so schnell wie möglich irgendwo in Sicherheit wissen. Mir gefällt nicht, was sich da hinten in der Wüste befindet.“, gab Nasim ungerührt zurück.
„Was denn?“, fragte Damaso streng und sah in die Richtung, in die Nasim gedeutet hatte. „Ich kann nichts erkennen!“
„Ich auch nicht.“, gestand Nasim. „Aber ich habe eine Staubwolke gesehen, und die gehört nicht dorthin. Lasst uns weiter zum Palast!“
Am Palast wurden sie mehr als aufgeregt in Empfang genommen. Eilig gab die Wache am Tor Bescheid nach Fürst Haza zu schicken.
Haza erschien ebenso eilig, wie aufgeregt.
„Bei den Bergen!“, rief er aus, als er die Ankömmlinge sah und warf ergeben die Hände in die Luft. „Sayyidda Emily! Wir waren in heller Aufregung um Euch! Seid begrüßt!“ Höflich deutete er eine kleine Verbeugung an.
Auch Emily verneigte sich.
„Fürst Haza, es tut mir leid, dass ich Euch solche Scherereien bereitet habe. Ich war zutiefst verwirrt und fühlte mich schlichtweg nicht sicher.“, entschuldigte sie sich.
„Aber Ihr habt Euer Gedächtnis wieder gefunden?“, fragte Haza hoffnungsvoll.
„Ja.“, nickte Emily. „Und auch meinen Mann. Hakkar hat Hal-Abun überfallen und er hat mich zur Sicherheit in Eure Obhut zurückgesandt.“
Haza zog die Stirn in Falten.
„Sayyid Az-Hchal befindet sich in Hal-Abun?“, fragte er ehrlich erstaunt. Aber dann gab er ihr mit einer galanten Bewegung zu verstehen, ihm zu folgen. Unterwegs in den kleinen Saal seines Palastes gab er einigen Dienern noch Anweisungen sich um die Pferde zu kümmern. Dann bat er seine Gäste in den Saal hinein und hieß ihnen Platz zu nehmen. Ein Diener brachte fast augenblicklich Tee und Gebäck, was Haza Emily anbot, ohne sie aus den Augen zu lassen. Er war neugierig.
„Erzählt bitte, was vorgefallen ist. Ich konnte mir auf Euer Verschwinden hin keinen Reim machen.“ Etwas verlegen berichtete dann Emily, weswegen sie sich fort geschlichen hatte. Aber Haza atmete erleichtert auf, als sie ihre kleine Erzählung schloss. „Ich bin nur froh, dass Euch nichts geschehen ist.“, sagte er mit einem Lächeln. Dann aber wich das Lächeln einem nachdenklichen Ausdruck. „Und Euer Gemahl ist in Hal-Abun, sagt ihr? Dann sind sie also nicht auf den alten Weg, zurück in die Heimat. Welch glückliche Fügung für Hal-Abun! Aber wie sieht es denn mit der Truppenstärke dort aus?“ Die Frage richtete er hauptsächlich an die beiden männlichen Begleiter.
„Nun“, begann Damaso mit einem Seitenblick auf Nasim. „dank der Truppen aus Al-Alef steht es sehr gut, denke ich. Es sollte Fürst Abahn mit dieser Unterstützung ein leichtes fallen, sich gegen diesen Angriff zu wehren.“
Haza runzelte erneut die Stirn.
„Die Truppen aus Al-Alef?“ Dann wandte sich sein Blick dem jungen Soldaten zu. „Ich hatte doch deutlich den Befehl erteilt, dass du nach Al-Alef zurückkehren solltest, um euch dort bereit zu halten!“
Nasim wurde blass.
„Fürst Haza“, begann er nervös und verneigte sich, „verzeiht, aber die meisten unserer Männer haben sich bereits in Hal-Abun befunden. Der Überfall kam so schnell, dass ich keine Gelegenheit hatte sie nach Al-Alef zurückzuführen. Sie unterstehen nun Sayyid Az-Hchals Kommando.“
„Nun, denn.“ Haza atmete tief ein. „Dann solltest du wohl besser auf dem schnellsten Wege zurück zu deiner Truppe!“ Er wollte den Soldaten gerade mit einer Handbewegung entlassen, als Emily ihn daran hinderte.
„Fürst Haza. Es war der ausdrückliche Wunsch meines Mannes, dass Nasim hier für meine Sicherheit garantieren soll. Ihr könnt ihn jetzt nicht einfach zurückschicken!“
Haza sah erst sie, dann den Soldaten etwas erstaunt an.
„Nun, es gibt einiges zu tun für mich.“, sagte Nasim und erhob sich mit einem Nicken in Emilys Richtung. „Ich habe am Horizont eine Staubwolke gesehen und möchte eigentlich keine bösen Überraschungen, während unseres Aufenthaltes hier. Wenn Ihr verzeiht, Fürst Haza …!“ Damit ging er eiligen Schritts hinaus.
Kieran zog erstaunt die Stirn in Falten. Das war nicht gerade dass, was er hatte hören wollen.
Sie mussten jetzt schnell handeln. Mit einem Kopfnicken entließ er den Kundschafter und wandte sich direkt an Fürst Abahn.
„Ich werde unverzüglich die Verfolgung Hakkars aufnehmen und ihn stellen, bevor er in Sa-Lham Schaden anrichten kann. Habe ich Eure Unterstützung, Fürst Abahn?“
„Natürlich, Sayyid Az-Hchal. Ihr werdet alle verfügbaren Truppen erhalten, um diesem Hund Hakkar zur Strecke zu bringen. Dem Treiben dieses Schurken muss ein Ende gesetzt werden!“ Abahn drehte sich zu einem Diener um, und gab ihm Anweisungen, die Truppen unverzüglich in Bereitschaft setzten zu lassen.
Kieran schaute fragend Dakun an.
„Wie steht es mit dir?“, fragte er ihn.
„Meinst du ich würde mir eine solche Schlacht entgehen lassen?“, fragte er trocken zurück, und gab die Frage mit einem breiten Grinsen an Markward weiter. Auch er nickte ihnen seine Einwilligung entgegen.
„Irgendjemand muss ja schließlich auf dich aufpassen.“, feixte er, gerade so leise, dass Abahn es nicht mitbekam.
Dann ging alles sehr schnell. Der Befehlshaber der Truppen berichtete Kieran kurz, dass alle seine Männer abmarschbereit wären. Ein Soldat, den Kieran vorübergehend die Befehlsgewalt über die Truppen von Al-Alef gegeben hatte, bestätigte ebenfalls, dass seine Männer nur auf den Befehl warteten, sich in Bewegung setzen zu dürfen.
„Also schön!“, sagte Kieran laut, und gab den Befehlshabern mit einem Kopfnicken zu verstehen, die Truppen loszuschicken.
„Also schön …“, sagte auch Markward, als er mit Blick auf die marschierenden Soldaten, sein Pferd zügelte, „ … jagen wir diesen Hakkar aus dem Land und holen uns unsere Frauen zurück.“
Dakun maß ihn mit einem sonderbaren Blick.
„Frag nicht!“, grinste Kieran mit einem Blick auf Markward.
Aber bald schon verging Kieran das Grinsen. Der Tag neigte sich dem Ende entgegen und am Horizont konnte man noch immer die Umrisse Hal-Abuns erkennen. Sie kamen einfach nicht schnell genug voran. Er fing bereits wieder an ungeduldig zu werden.
„Bei den Bäumen, Kieran, reiß dich zusammen.“, schalt Dakun ihn leise, damit es nicht gleich alle mitbekamen. „Wir sind nicht mal einen Tag unterwegs und du willst am liebsten bereits schon da sein! Was glaubst du eigentlich, wie schnell die Fußtruppen sind? Es dauert halt! Selbst wenn wir nur mit berittenen Truppen unterwegs wären, bräuchten wir bestimmt drei Wochen nach Sa-Lham.“
„Es geht mir trotzdem alles zu langsam!“, maulte Kieran leise zurück. Er hatte das Befürchten, dass sie zu spät kommen könnten. „Immerhin hat Hakkar mehr als einen Tag Vorsprung!“
„Ja, aber nicht mal halb so viele Männer. Er wird es sich gut überlegen müssen, wie und wo er angreift, sonst hat sich sein Überfall allein durch die Gegenwehr durch Hazas Soldaten erledigt!“, versuchte Dakun ihn zu beruhigen.
„Hoffen wir `s!“
„Kieran, was macht dir zu schaffen?“ Dakun zügelte sein Pferd ein klein wenig, um etwas Abstand von den anderen Reitern zu gewinnen.
„Da fragst du noch?“ Kieran sah ihn fast böse an. „Darf ich dich daran erinnern, wer sich in Sa-Lham aufhält?“
„Ich weiß, ich weiß. Aber Haza wird sie in Sicherheit bringen und sie verstecken. Es wird schon alles gut gehen. Außerdem ist sie ja auch nicht gerade wehrlos, wenn ich mich recht zurückerinnere – eigentlich ist sie alleine schon brandgefährlich!“ Dakun gab wieder sein breites Grinsen zum Besten. Aber es verschwand fast augenblicklich wieder, als er Kierans unverhohlenem Blick begegnete.
„Ich kann darüber überhaupt nicht lachen!“, schimpfte Kieran.
„Glaubst du ich etwa? Ich stand mittendrin in eurem Feuersturm!“, sagte Dakun nachdenklich grimmig. „Ich muss gestehen, dass ich euch beide bislang ziemlich unterschätzt habe. Ihr beide zusammen könnt schon echt beängstigend sein.“
„Und ich muss gestehen, dass ich deine Beweggründe immer noch nicht verstehe. Ich meine nachdem wir deine Truppen damit radikal dezimiert haben …!“ Kieran sah ihn aus den Augenwinkeln an. Aber Dakun regte sich nicht. Er saß still auf seinem Pferd und starrte vor sich hin.
„Tja“, begann er dann irgendwann, „ … man kann uns wohl nicht unbedingt als Freunde bezeichnen.“, stellte er fest.
„Rückblickend mit Sicherheit nicht! Aber die Frage ist doch, wo wir jetzt stehen?“ Kieran sah ihn offen an.
Dakun überlegte lange, bevor er antwortete.
„Eigentlich wollte ich nur Aldoin eins auswischen. Du warst mir, um ehrlich zu sein, immer scheißegal. Du hattest für mich keine Bedeutung, mal abgesehen von der Sache mit Gwynaeth. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass aus dir mal was wird. Aber auch darin habe ich mich geirrt. Wie in so vielen Dingen, fürchte ich. Aber denk bloß nicht, dass ich einfach nur ein schlechtes Gewissen hätte. Weißt du, die Zeit mit Emily …, und als dann auch noch dein Sohn geboren wurde …. Das hat mich echt zum Nachdenken gebracht, Kleiner. Du kannst dir nicht vorstellen, wie stolz ich auf meinen eigenen Sohn bin, jetzt da ich ihn endlich kennen gelernt habe. Eigentlich möchte ich genau das, was du in all den Jahren gelebt hast, und was ich nie verstehen konnte: wissen, wo man zuhause ist, und wissen, was der Tag einem bringt. Und eine Familie. Eine eigene Familie!“ Nachdenklich nickte Dakun vor sich hin. „Wenn ich ehrlich sein soll: Silva hat es mir mittlerweile echt angetan.“
Kieran beobachtete ihn von der Seite her und nickte ebenfalls fast unmerklich. „Silva, hm?“
„Ja.“, gab Dakun leise zu.
„Weiß sie es?“
„Nein.“ Dakun schüttelte seinen Kopf.
„Und warum nicht?“
„Weil ich noch keine günstige Gelegenheit hatte.“
„Blödmann! Für so was gib es keine günstigen oder ungünstigen Gelegenheiten. Ich hätte dich für weiser gehalten in deinem Alter!“
„Kannst dir deine dummen Sprüche sparen, Kleiner!“
„Vorsicht!“, warnte Kieran nur.
„Was ist eigentlich mit Markward?“, wollte Dakun plötzlich wissen.
Kieran grinste ihn wieder an. „Ofra.“
„Ofra?“
„Ofra!“
„Dann brauchen wir ja nur noch Damaso unter die Haube zu bringen. Ich seh uns schon alle als alte Tattergreise im Hain vor unseren Häusern sitzen, und unsere Enkel hüpfen um uns herum …!“, lachte Dakun.
„Ich glaube, du warst zu lange in der Sonne!“ Kieran sah ihn komisch an.
Ein hektisches Treiben erfüllte die kleine Stadt kurz vor dem Abend. Die sonst nur abwartenden Truppen, die nur dazu da waren im Zweifelsfalle die Stadtwache Sa-Lhams zu unterstützen, regten sich endlich wieder. Die Männer schienen insgeheim froh darüber zu sein, dass endlich mal etwas passieren würde. Allerdings war ihnen nicht klar woher der Befehl eigentlich kam. Haza hatte keine Anordnungen gegeben sie in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Es waren Jahre vergangen, in denen Fürst Haza alle politischen Dinge stets nur durch geschickte Diplomatie geregelt hatte. Er wollte keinen offenen Krieg. Aber die Männer, die sich nun bereit machten, hatten davon gehört, dass sie mit einem Überfall zu rechnen hätten, und griffen nach ihren Waffen. Schon sehr bald waren einige Hunderte von ihnen in der Stadt versammelt, und begannen, aufgrund des Fehlens eines Befehlshabers, sich selbst zu koordinieren.
Nasim indes ließ sich nicht blicken. Er war bei Emily in ihrem Gemach. Er hatte die Sache ins Rollen gebracht, obwohl Haza auch jetzt wieder auf seine Diplomatie vertrauen wollte. Aber das hatte schon beim letzten Mal nicht gut funktioniert. Nasim hatte es beim letzten Mal durchaus auf den Straßen mitbekommen, dass die Leute redeten, dass sie sich uneins waren, ob Hazas Strategie die richtige war. Nasim zweifelte, dass es dieses Mal besser ausgehen würde, jetzt, da sich die Soldaten tatsächlich sammelten und für eine Schlacht rüsteten. Aber eigentlich rechnete er fest damit, dass sich Hakkar im Hintergrund hielt, und seine Männer ohne weitere Vorwarnung und politisches Geplänkel angreifen ließ. Nein, er wollte hier nicht absolut schutzlos herumsitzen, und auf eine glückliche Fügung hoffen.
Erst als der Tumult der versammelten Männer in der Stadt bis zum Palast herüberreichte, fasste er sich ein Herz. Er nahm Emily bei den Händen.
„Ich muss dich jetzt alleine lassen. Ich kann jetzt nicht mehr länger hier bleiben. Es tut mir leid, aber Damaso muss nun weiterhin auf dich acht geben.“
Emily sah ihn mit großen Augen erschrocken an.
„Was geht denn hier vor?“, fragte sie lauernd.
Nasim druckste noch einen Moment herum, bevor er erklärte:
„Ich habe etwas getan, wofür mich Haza wahrscheinlich hinrichten lässt. Aber es war nur zu deinem Schutz. Der alte Zausel glaubt wirklich er könnte Hakkar einfach dazu überreden, wieder abzuziehen!“
Damaso trat vor.
„Was hast du getan?“, fragte er aufgebracht.
„Hier und da ein vertrauliches Gespräch mit einigen Soldaten geführt.“ Nasim sah ihn fest an.
Das Erschrecken auf Damasos Miene wich langsam einer Erkenntnis.
„Du hast die Männer gegen Hazas Befehl aufgewiegelt!“
Nasim legte nur den Kopf ein wenig auf die Seite und zuckte leicht mit den Achseln, sah ihn aber weiterhin an.
„Ich sagte doch, dass ich nichts riskieren wollte. Und nun ist Hakkar tatsächlich da!“
Damaso nickte träge. Er verstand.
„Wahrscheinlich das Einzige, was wir von hier aus tun konnten. Ich werde ihm sagen, dass ich dich losgeschickt hätte, wenn es deswegen zu einer Anhörung kommen sollte.“
Nasim schüttelte den Kopf.
„Darauf wird er sich nicht einlassen. Er weiß genau, dass du - nimm es mir nicht übel - keine Ahnung von Kriegsführung hast. Außerdem kennt er mich wohl mittlerweile!“
„Aber was hast du vor?“, wollte Emily wissen.
„Ich werde mich draußen zu den anderen Soldaten gesellen. Da falle ich am wenigsten auf!“
Er küsste ihre Hand zum Abschied und wandte sich dann eilig zum Gehen um.
Betreten blieben Emily und Damaso zurück.
Der Tumult draußen schwoll immer weiter an. Die von Haza alarmierte Stadtwache hatte die Männer nicht unter Kontrolle bringen können, und als jetzt die ersten Reiter am Horizont deutlich zu erkennen waren, nahmen die Männer gut formiert Stellung ein und warteten.
Tatsächlich hielt sich Hakkar nicht mit irgendwelchen Forderungen auf. Der Überfall kam für den Fürsten der kleinen Hafenstadt so überraschend, dass er es fast nicht glauben wollte. Nur Nasim nickte in den Reihen der Männer grimmig. Genau damit hatte er gerechnet!
Das Kampfgeschehen breitete sich schnell aus. Immer mehr Männer stürmten herbei, um die Angreifer an einem Übergriff auf die Stadt zu hindern. Die einsetzende Dunkelheit machte es ihnen nicht gerade einfacher. Aber die Truppen unter Hakkars Kommando hatten nicht mit einer Gegenwehr gerechnet. Das machte es den Leuten aus Sa-Lham einfacher, sich zu verteidigen. Nur Nasim geriet langsam ins Zweifeln. Er hatte damit gerechnet, dass Hakkar in Hal-Abun schwer geschlagen worden war. Woher aber kamen dann all die Soldaten, die er nun wieder führte? Es waren einfach zu viele!
Bis spät in die Nacht hinein kämpften sie tapfer und mit grimmiger Entschlossenheit weiter.
Dann gewahrte Nasim das Ankommen weiterer Truppen, und seine Gegenangriffe wurden vor Verzweiflung noch einmal heftiger.
Ein letztes Aufbäumen, … schoss es ihm bitter durch den Kopf.
Kieran hatte es irgendwann nicht mehr ausgehalten. Kurzerhand hatte er die berittenen Truppen neu zusammengestellt und war mit ihnen voraus geritten. Er wollte den Vorsprung, den Hakkar hatte, unbedingt wieder wettmachen. Als er schon von weitem die hell erleuchtete Stadt sah, dämmerte eine böse Vorahnung in ihm, und er ging in einen schnellen Galopp über. Gerade rechtzeitig erreichten sie die Stadt, um sich in die Schlacht zu stürzen, die schon im vollen Gange war. Mit Erstaunen stellte er nach einigen wilden Schwertgefechten fest, dass die Männer, die die Stadt beschützten, nicht unter dem Banner Hazas kämpften. Die wenigsten von ihnen trugen überhaupt eine Uniform. Die meisten waren tatsächlich in ihrem privaten Aufzug zur Schlacht geeilt. Also hatte Haza mal wieder auf seine Diplomatie vertraut und war gescheitert! Er musste sich Gewissheit über seinen Verbleib verschaffen. Aber sein kurzes Zögern hatte einem Angreifer genügt, um ihn mit einem mächtigen Schlag von seinem Pferd zu holen, was dieser allerdings daraufhin mit seinem Tod bezahlte.
„Wo ist Fürst Haza?“, rief er einem Soldaten zu, der mit ihm Rücken an Rücken kämpfte.
„Er wird wohl noch im Palast sein!“, bekam er zur Antwort. „Er wartet noch immer auf irgendwas!“
Kieran runzelte die Stirn. Was meinte er denn damit?
„Und wo ist euer Befehlshaber?“, fragte er weiter nach.
Einige Schwerthiebe lang musste Kieran auf seine Antwort warten. Dann wandte sich der Soldat an einen anderen.
„Weißt du wo Abhir ist?“
„Drüben am Tor!“, schrie er zurück und deutete mit dem Kinn in die besagte Richtung. Kieran sah auf.
„Nasim? Nasim Abhir?“, fragte er ungläubig, aber der Soldat verstand ihn bereits nicht mehr. Er wurde von einigen Angreifern immer weiter weg gedrängt.
Kieran kämpfte sich wild entschlossen weiter auf das Stadttor zu. Irgendwann fand er im Getümmel auch den Mann, den er suchte. Aus den Augenwinkeln besah er sich den jungen Soldaten, wie er sich mit geschmeidigen und wirbelnden Bewegungen immer wieder unter Schlägen wegduckte, um gleich darauf selber eine günstigere Position gegenüber seinem Widersacher zu haben, um ihm arg zuzusetzen.
„Wo hast du so kämpfen gelernt?“, rief Kieran ihn an. Nasim reagierte nicht sofort.
„Was meint Ihr?“, gab Nasim zurück, als er ihn erkannte.
„Deinen Kampfstil!“ Kieran wirbelte mit dem Schwert herum und war dicht bei ihm.
„Der verzweifelte Wunsch eines armen Vaters auf eine bessere Zukunft seines Sohnes!“, sagte Nasim nur kurz. „Sayyid, Eure Frau befindet sich in Damasos Obhut im Palast!“, fügte er dann noch hinzu, bevor auch er wieder abgedrängt wurde. Eine Weile kämpften sie noch in Sichtweite zueinander, dann verlor Kieran ihn wieder aus den Augen.
Der Morgen dämmerte schon wieder, und überzog das Land mit einem goldenen Schimmer, als Kieran in die Wüste hinaus blickte. Undeutlich konnte er in der Ferne einen Reiter erkennen, der sich im Gefecht mit einem Fußsoldaten befand. Aber anhand des Wappens, das der Reiter trug, und an seiner Kleidung erkannte Kieran, dass es Hakkar war! Endlich. Endlich konnte er ihn stellen!
Mit wieder zunehmend stärkeren Bewegungen und Schwerthieben focht er sich den Weg zu ihm frei. Doch er kam gar nicht so weit. Als er das nächste Mal wieder zu ihm hinüberblicken konnte, sah er gerade noch wie Hakkar getroffen vom Pferd stürzte. Ein erster Jubel kam in Kieran hoch. Dann hörte er den ersten Soldaten tatsächlich laut jubeln.
„Hakkar ist gefallen!“, brüllte jemand, und immer wieder „Hakkar ist gefallen!“, und „Ein Hoch auf Abhir!“. Die Meldung machte sehr schnell die Runde. Die angreifenden Soldaten setzten sich noch verzweifelt, aber deutlich verunsichert zur Wehr, aber insgesamt war es kaum mehr noch ein Kampf. Sie gaben nach und nach auf, bis die Kämpfe überall zum Erliegen kamen.
Aber es dauerte noch Stunden, bis Kieran endlich erschöpft im Palast ankam.
Haza nahm ihn eilig in Empfang.
„Sayyid Az-Hchal!“, begrüßte er ihn aufgeregt. „Mit Euch hatte hier niemand gerechnet. Welch glückliche Fügung!“ Mit einer Handbewegung bat er ihn in die Empfangshalle. „Ich werde unverzüglich nach Eurer Frau schicken lassen. Nehmt Platz, nehmt Platz. Es wird sofort auch für Euch gesorgt.“ Haza wuselte aufgeregt hinter einigen Dienern her, die sich sofort davon machten.
Es dauerte auch gar nicht lange, bis die Tür wieder geöffnet wurde und ein vertrautes, freudestrahlendes Gesicht darin erschien, und regelrecht auf ihn zugeflogen kam. Stürmisch umarmte Emily ihn. Kieran schlang seine Arme um sie und küsste sie gierig.
„Das ist ja mal eine Begrüßung …!“, sagte er atemlos. „Ich habe dich vermisst. Ist es dir gut ergangen?“ Ehrlich besorgt sah er sie an. Emily lächelte amüsiert.
„Ja, natürlich. Ich hatte die besten Begleiter, die du nur aussuchen konntest. Oder die besten Streithähne.“ Sie lachte ihn an, aber wurde sofort wieder erst, als sie seine Verletzungen sah, die er im Kampf davon getragen hatte.
„Das ist nichts!“, tat Kieran schnell ab, der ihren besorgten Blick sah. „Mach dir keine Gedanken darum. Nur ein paar Kratzer.“
„Die aber ziemlich bluten!“, fuhr Emily fort. Sie legte ihre Hand auf eine der Wunden auf seiner Brust, und schloss mit einem verschwörerischen Lächeln die Augen und konzentrierte sich. Als Kieran die heilende Energie spürte, die sie aussandte, um seine Wunde zu heilen, schloss auch er die Augen und ließ seinen Kopf auf ihre Schulter sinken und gab sich ganz ihrem Tun hin. Irgendwann wich dieses seltsame, warme Gefühl, das sie in ihm hervorrief, einem Kribbeln, und er spürte nur noch ihre warme Hand auf seiner Haut.
„Vielleicht sollten wir unsere Gabe nicht ganz so offen zur Schau stellen.“, flüsterte er ihr leise ins Ohr und küsste sie wieder. „Trotzdem: Danke! Der Schnitt hatte echt wehgetan.“ Er grinste sie heimlich an. Dann fuhr er plötzlich wieder herum, als er Haza näher kommen hörte.
„Sayyid, es ist ein Gemach für Euch vorbereitet. Ihr werdet erst einmal eine Stärkung und einen Heiler brauchen. Danach haben wir immer noch Zeit für ein Gespräch.“ Er führte ihn eilig quer durch die Halle zu einer der hinteren Türen, und hinaus auf einen breiten Flur, den er entlang ging, um ihn mit einem Handzeig durch eine Doppeltür zu bitten. Emily trat hinter Kieran in das riesige Zimmer ein. Noch bevor Haza wieder verschwunden war, entgegnete Kieran ihm seinen Dank.
„Aber ich werde keinen Heiler brauchen. Meine Frau hat diesbezüglich eine hervorragende Ausbildung genossen.“
„Gut, dann werde ich Euch heute Abend zum Essen erwarten.“ Haza verabschiedete sich mit einem leichten Kopfnicken.
„Endlich.“, stieß Kieran erleichtert hervor, als sie alleine waren. Stürmisch umfasste er mit beiden Händen ihr Gesicht und küsste sie leidenschaftlich. „Ich hatte solche Angst um dich!“, gestand er ihr und küsste sie immer wieder.
„Du hast deinen besten Freund geschickt, um mich zu beschützen. Traust du ihm etwa nicht?“, fragte sie und sah ihm lachend ins Gesicht.
„Ihm schon, aber nicht unbedingt diesem Nasim.“
„Ach, hör auf. Ich musste ihn ziemlich lange dazu überreden mich nicht mehr so geschwollen anzureden!“, erzählte sie ihm küssend.
„Du bist nun mal meine Frau, und er nur ein einfacher Soldat! Gewöhn dich daran!“ Langsam zog er sie in Richtung Bett. „Auch wenn es dir schwer fällt. Bis vor kurzem war auch ich nicht mehr, als der Hüter der Herden von Aldomark. Aber seit du uns Asrar geboren hast, ist es vorbei mit dem einfachen Leben.“
„Als ob ich daran alleine beteiligt gewesen wäre!“, lachte sie.
„Nein, oh, nein, ganz bestimmt nicht! Und ich bin so stolz darauf!“ Er drängte sie noch weiter und zog sie dann mit sich in die Kissen hinunter.
Noch bevor es ihm nach dem wohlverdienten Schlaf, den er in der letzten Nacht nicht bekommen hatte, verlangt, stieg noch ein anderes, drängenderes Verlangen in ihm auf und er ließ sich glückselig in die Arme seiner Frau sinken …