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1. Die Staatsanwaltschaft

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In der Hauptverhandlung tritt mindestens ein Amtsanwalt oder Staatsanwalt als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft auf (§§ 226 I, 227 StPO). Bei einer Hauptverhandlungen wegen Ordnungswidrigkeiten ist in der Regel kein Amts- oder Staatsanwalt anwesend, da eine Verpflichtung zur Teilnahme der Staatsanwaltschaft nicht besteht (§ 75 I OWiG). Den Amtsanwälten werden nur Strafsachen übertragen, in denen der Strafrichter zuständig ist, d. h. ein Privatklagedelikt verfolgt wird oder aber keine höhere Strafe als zwei Jahre zu erwarten ist (§ 25 GVG). Die Wahrnehmung der Aufgaben eines Amtsanwalts kann auch auf einen Rechtsreferendar übertragen werden (§ 142 III GVG). Treten mehrere Staatsanwälte als Sitzungsvertreter auf, so stehen sie dem Gericht als Einheit, nämlich als die Staatsanwaltschaft, gegenüber. Als selbständiges Organ der Rechtspflege57 vertritt der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung die Anklage und übt dabei durch Fragen, Anträge und Erklärungen eine Kontrolle der Justizförmigkeit des gerichtlichen Verfahrens, d. h. der richtigen Handhabung der Prozessordnung, aus. Insbesondere zu nennen sind sein Fragerecht gegenüber Zeugen und Sachverständigen (§ 240 II StPO), das Recht zur Beanstandung von Anordnungen des Vorsitzenden (§ 238 II StPO) und von Fragen, das Beweisantragsrecht (§ 244 III–VI StPO) sowie das Recht zur Rechtsmitteleinlegung (§ 296 StPO). Hierbei ist der Staatsanwalt nicht einseitig Partei, sondern zur Objektivität verpflichtet und muss die Beweislage auch in der Hauptverhandlung unvoreingenommen würdigen.58 Er hat sowohl die den Angeklagten belastenden als auch die entlastenden Tatsachen zu berücksichtigen. Keinesfalls ist er an die Vorgaben der Anklageschrift gebunden, so dass er beispielsweise auch in seinem Plädoyer (§ 258 I StPO) einen Freispruch beantragen oder Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten einlegen kann (§ 296 II StPO).

Dabei ist der Sitzungsvertreter jedoch selten der Sachbearbeiter, d. h. der Anklageverfasser. Insbesondere in Verfahren der Alltagskriminalität kennt der Sitzungsvertreter zumeist den Akteninhalt nicht und kann daher – anders als das Gericht – darauf auch nicht Bezug nehmen, etwa durch Vorhaltungen aus früheren polizeilichen Vernehmungen des Angeklagten oder Zeugen. Für die Sitzungsvertretung erhält er lediglich eine sog. Handakte, da die Akte selbst sich beim Gericht befindet. Die Handakte enthält die Anklageschrift, einen Zentralkarteiausdruck, der Auskunft über die gegen den Angeklagten bei dieser Staatsanwaltschaft geführten Verfahren gibt, sowie einen Bundeszentralregisterauszug. In größeren Verfahren ist jedoch oftmals der Sachbearbeiter auch der Sitzungsvertreter und kennt insoweit den Akteninhalt. Auch wird bei solchen Verfahren zumeist ein sog. Aktendoppel geführt, so dass der Sitzungsvertreter auch dann, wenn er nicht der Sachbearbeiter ist, Kenntnis vom Akteninhalt nehmen kann. Prozesspsychologische Erkenntnisse zeigen jedoch, dass die Kenntnis des zuvor gelesenen Akteninhalts negative Auswirkungen auf die Objektivität des Sitzungsvertreters haben kann. So werden oftmals die in der Hauptverhandlung auftretenden Bestätigungen der Anklage systematisch überschätzt und dagegensprechende neue Erkenntnisse systematisch unterschätzt.59 Insoweit scheint der nur die Handakte kennende Sitzungsvertreter bessere Voraussetzungen für eine möglichst objektive Beurteilung der Beweisaufnahme der Hauptverhandlung zu haben. Gleichwohl ist es aus Praktikabilitätserwägungen heraus oftmals notwendig, bei größeren Verfahren den Sachbearbeiter als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft einzusetzen.

Polizeibeamte als Zeugen im Strafverfahren

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