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Prolog

1998

Die Sonne hatte ihren Höchststand erreicht und schien mit voller Leuchtkraft über das satte Grün des Sommers hinweg. Es duftete herrlich nach frischem Gras und wohlriechenden Blumen. Ein spielender Junge unterbrach für einen Moment seinen kurzweiligen Zeitvertreib und blickte in das helle, wärmende Rund am Himmel. Es fühlte sich so an, als lächelte ihm die Sonne freundlich ins Gesicht. Der Fünfjährige grinste schelmisch zurück, ließ das angenehme Sonnenlicht unbewusst bis in sein unbekümmertes Kinderherz scheinen.

Im nächsten Augenblick genoss er es wieder, in der weichen Wiese mit seinen Autos zu spielen. Sein roter Flitzer, den er Feuerblitz nannte, machte sich für ein Rennen mit dem blauen Sportwagen namens Eissturm bereit. Beide gingen in Startposition. Die Motoren heulten auf, ehe sie mit quietschenden Reifen in Richtung Ziel davonrasten. Mit unterschiedlichen Autogeräuschen untermalte der Junge das Streckenszenario, ehe Eissturm einen unvorhergesehenen Unfall hatte. Bumm, es krachte! Die Autoteile flogen in alle Richtungen. Damit war Feuerblitz endgültig der Sieger des Duells, die Menge tobte und rief dem Gewinner lautstark ihr Jubelgeschrei zu.

Mitten in dem Sturm des Applauses schaute ein Mann über den Gartenzaun. „Ich liebe Autogeschichten“, sagte er freundlich.

Der Kleine sah ihn mit geweiteten Augen für einen kurzen Moment an und drehte sich dann wieder abrupt um. Seine Mutter hatte ihm gesagt, er sollte nicht mit Fremden sprechen. So wandte er dem Mann ohne schlechtes Gewissen den Rücken zu.

„Oh, Entschuldigung! Ich habe dir gar nicht gesagt, wie ich heiße. Mein Name ist Elias.“

Der Junge wandte sich nach kurzem Zögern erneut erstaunt dem Zaungast zu. Irgendetwas kam ihm in seinem Gesicht bekannt vor. Er hatte schöne dunkle Augen, genauso wie seine eigenen. Aber das Merkwürdigste an der Sache war der Vorname des fremden Mannes.

„Ich heiße auch Elias“, sagte der Kleine zaghaft.

„Ich weiß, ich kenne deine Mama von früher.“

„Echt? Aber sie hat noch nie über einen anderen Elias gesprochen.“

Die Direktheit des Kindes traf den erwachsenen Elias mitten ins Herz, Traurigkeit umfing ihn, aber er konnte nichts an dieser Situation verändern.

„Elias, mit wem sprichst du?“, kam es von der Haustür. Die Mutter des Jungen stand in ermahnender Körperhaltung im Türrahmen, ehe sie den unerwarteten Besucher erkannte. „Elias, was machst du hier?“, rief sie zu ihrer eigenen Überraschung erfreut.

Der Kleine, der sich persönlich angesprochen fühlte, antwortete: „Aber ich war doch die ganze Zeit da, Mama.“

Die Mutter musste lachen. „Nicht du, mein Schatz. Ich meine den anderen Elias.“ Sie eilte zu dem Mann am Zaun. „Ich kann es nicht glauben, ich dachte, wir sehen uns nie wieder.“

„Ich musste dich sehen, ich hielt es nicht mehr aus. Lass uns bitte reden.“

Der kleine Elias blickte fragend zu den beiden auf, wurde aber nicht beachtet. Vor allem die Unsicherheit seiner Mutter machte ihn stutzig.

„Ja, komm, wir trinken einen Kaffee auf der Terrasse“, sagte sie schließlich. Sie öffnete dem Gast die Gartentür und wandte sich an ihren Sohn: „Geh und spiel mit deinen Schwestern.“

„Muss das sein?“, bekundete der Junge sein Unbehagen über die schnelle Beendigung seines Spiels.

„Ja, Elias, ich habe mit dem Herrn etwas zu besprechen. Erwachsenenkram!“

„Na gut.“ Missmutig schnappte er sich seine Autos und zog in Richtung Haus ab.

Insel der verlorenen Träume

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