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Anfänge römischer Literatur und Kunst

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Dies zeigt sich vornehmlich im Bereich der römischen Literatur. Am Beginn steht hier die Theaterdichtung in der Form von Übertragungen, wie sie 240 v. Chr. Livius Andronicus, ein ehemaliger griechischer Kriegsgefangener aus Tarent, ein erstes Mal realisierte. Dabei fanden die Theateraufführungen in Rom, im Zusammenhang religiöser Feste, auf sehr einfachen, anfangs improvisierten Bühnen statt. Wie wenig religiös die Vorführungen auch gelegentlich waren, der vollen Autonomie des Theaters wurde entschieden Widerstand geleistet, der sich vor allem in der Verhinderung eines Theaterbaus aus Stein dokumentiert. Noch im Jahre 154 v. Chr. ließ Scipio Nasica ein bereits begonnenes Steintheater wieder abreißen, und noch der erste, dann 55 v. Chr. von Pompeius tatsächlich vollendete steinerne Theaterbau betonte schon in seiner Baustruktur die religiöse Anlehnung und Unterordnung, führten doch seine Sitzstufenreihen zugleich zum Venus-Victrix-Tempel empor.

Livius Andronicus übertrug nicht nur Tragödien, vor allem von Euripides, und Komödien ins Lateinische, sondern auch die Odyssee in das archaische Versmaß des Saturniers, daneben verfaßte er die Kultlieder der Jahre 249 und 207 v. Chr. Der frei geborene Osker Naevius trat durch ein Epos über den 1. Punischen Krieg hervor und durch 35 Komödien, aber er leistete es sich auch, das vornehme Geschlecht der Metelli durch seine Verse zu provozieren. Ennius (ca. 239—169 v. Chr.) war hier vorsichtiger und bestrebt, es seinen Gönnern recht zu machen, zum Beispiel in dem zwischen Epos und Lyrik stehenden ›Scipio‹. Der Vielseitigkeit seines Werks, das Epos, Tragödien wie Satiren umfaßte, entspricht ein nicht geringes Selbstbewußtsein, der Stolz darauf, auch nach dem Tode im Munde der Nachwelt lebendig zu bleiben.

In der folgenden Literatengeneration, bei dem Kelten Caecilius, bei Ennius’ Neffen Pacuvius und bei L. Accius, überwog bereits die Spezialisierung. Einen hohen geistigen oder schöpferischen Rang weist diese ganze Übertragungsliteratur ohnehin nicht auf. Das änderte sich erst mit Plautus und Terenz.

Plautus’ Leben tritt ganz hinter seinen Werken zurück, deren Aufführungsjahre zwischen 204 und 184 v. Chr. liegen. In ihnen wurde die Welt der hellenistischen Komödie auf die römische Bühne versetzt, eine bürgerliche Gesellschaft mit ihren Kaufleuten und Handwerkern, Söldnern und Sklaven, Kupplern und Hetären an römische Bedingungen angeglichen. Besser als alle Deskriptionen mag eine kleine Kostprobe aus dem Eingang der ›Mostellaria‹ in der Übersetzung von Friedrich Leo die ungewöhnliche Sprachgewalt des Plautus zeigen. Es ist eine Szene, in der sich zwei Sklaven unterhalten, wobei der biedere Verwalter Grumio den Haussklaven Tranio so attackiert:

Du städtischer Witzbold, ja, du Gassenheld,

mich schimpfst du Bauer? Freilich, Tranio,

Du magst die Mühle nicht, in die du bald

mußt wandern. Kurze Zeit nur, Tranio,

dann stehst du draußen unterm Kettenvolk.

Jetzt, denn noch magst und darfst du’s, sauf, schlampampe,

verdirb den jungen Herrn, das brave Blut,

die Tag’ und Nächte zecht und ludert durch,

kauft Mädchen, gebt sie frei, füttert Schmarotzer,

kauft ein zum Frühstück wie zum Opferschmaus!

Ist dies das Amt, das dir der Herr vertraut?

Soll dies des Hauses Stand sein, wenn er heimkehrt?

Ist dies des treuen Dieners Sache, sprich,

daß er dem Herrn so Gut und Kind verdirbt?

Denn ist er nicht verdorben, wie er’s treibt?

Er, dem die ganze Jugend von Athen

im Ruf der Sparsamkeit und Sittsamkeit

nachstand, trägt jetzt des Gegenteiles Palme,

durch dein Verdienst und deine Lehrerschaft.

In solcher Sprache sind die plautinischen Komödien abgefaßt, sind unvergängliche Figuren entstanden wie der miles gloriosus und reizvolle Stücke wie die große Juppiterparodie des Amphytrio, die zu immer neuen Variationen angeregt hat.

Terenz, der freigelassene ehemalige libysche Sklave, schlug einen wesentlich gedämpfteren Ton an. Er hat vor allem Stücke von Menander bearbeitet und es hinnehmen müssen, daß ihm die Zuschauer gelegentlich zu den attraktiveren Veranstaltungen der Seiltänzer wegliefen. Die Problematik seiner Arbeitsweise, die Angriffe auf ihn und sein Selbstverständnis gehen aus dem Prolog der ›Brüder‹ hervor, der für ihn sprechen soll:

Der Dichter weiß, daß allem was er schreiben mag

böswillige Blicke folgen, daß der Gegner Neid

auch dieses Stück verlästert, das zu schaun ihr kamt.

Drum will er selbst sein Kläger, ihr sollt Richter sein,

ob was er tat, Verdammung oder Lob verdient.

Es gibt ein Stück des Diphilos, dem Plautus nach

sein eignes schrieb, das todgeweihte Liebespaar.

Beim Griechen raubt ein Jüngling in des Stücks Beginn

ein Mädchen aus des Kupplers Haus. Die Szene fehlt

bei Plautus ganz, doch unser Dichter nahm sie auf

in seine ‘Brüder’, nachgebildet Wort um Wort.

Dies Stück erscheint als neues heut. Erkennt ihr,

ob dies ein Diebstahl heißen soll, ob nachgeholt

die Szene, die ein andrer sorglos liegen ließ.

Was jene sonst in übler Absicht ausgesprengt,

daß große Herren beim Dichten ihm behilflich sein,

Anfänge römischer Literatur und Kunst

das halten jene für gewalt'gen Schimpf, doch er

für höchstes Lob, wenn er der Männer Beifall hat,

die euren Beifall haben und des ganzen Volks,

von deren Hilf’ in Krieg und Fried’ und Friedenswerk

zur Zeit sein Teil zu nehmen keiner sich geschämt.

(Übertragung Fr. Leo.)

Auch bei Terenz ist ein fortschreitender Zug zur Individualisierung zu fassen, obwohl auch er die eigene Produktion nur in der Auseinandersetzung mit den griechischen Vorbildern aufnehmen konnte. Bildung, Literatur und Kunst Roms blieben auch künftig auf den Dialog mit den griechischen exempla angewiesen. Die alten italischenKräfte und Formen, die Feste, Tänze, Umzüge und Stegreifdichtung mancherlei Art gestaltet hatten, wurden mehr und mehr überlagert von der römischen Spielart der hellenistischen Zivilisation. In dem „Ich bin ein Mensch, drum gilt nichts Menschliches mir fremd“ (homo sum, humani nil a me alienum puto) war von Terenz eine Überzeugung formuliert, die eine betont humanistische Haltung im besten Sinne des Wortes begründen konnte.

Im Bereich der römischen Kunst dominierten in dieser Epoche die Nutzbauten. Jetzt erst wurden im Mörtelbau, dem Gebrauch von Gußmauerwerk und der Verwendung von Bogengewölben jene technischen Voraussetzungen geschaffen, welche dann die Blütezeit der römischen Architektur begründeten. In Rom selbst entstand erst nach der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. der erste Marmortempel, in einer Reihe von Basiliken und anderen Nutzbauten zeichneten sich bescheidene Ansätze der späteren imperialen Architektur der großen Metropole ab. Charakteristisch für die römischen Prioritäten ist dagegen die planmäßige Anlage von Fernstraßen, Brücken und Aquaedukten. Auch in Malerei, Plastik und anderen Kunstgattungen liegen erst vereinzelte, wenngleich teilweise historisch bedeutsame Werke vor, wie in den Reliefs jenes Frieses, mit dem Aemilius Paullus nach der Schlacht bei Pydna den Pfeiler einer Reiterstatue in Delphi verzieren ließ. Die Blütezeit der römischen Porträtkunst sollte erst im 1. Jahrhundert v. Chr. anbrechen.

Ihren Bedarf an Kunstwerken deckten die römischen Aristokraten damals auf andere Weise. Schon im 2. Punischen Krieg waren, insbesondere aus Syrakus, zahlreiche griechische Meisterwerke nach Rom geschleppt worden, und dieser Kunstraub großen Ausmaßes wurde dann auch im folgenden Jahrhundert fortgesetzt. M. Fulvius Nobilior, Aemilius Paullus und L. Mummius wetteiferten darin, Hunderte von Bronze- und Marmorstatuen wie Gemälde aus Griechenland nach Italien zu transportieren und damit nicht nur Rom selbst, sondern auch italische Städte auszuschmücken. Skrupel kannte man bei diesen Plünderungen nicht, die bei den Transporten eingetretenen Verluste lassen sich nicht einmal abschätzen.

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