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1.1. Augustus’ Sternzeichen: Warum Steinbock?

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Abbildung 1. Denarius, geprägt in Spanien ca. 17–15 v. Chr., Münzkabinett Berlin.

Augustus wurde am 22. oder 23. September geboren. Sein Sternzeichen war also die Waage. Warum aber erscheint dann auf Münzen, Gemmen (wie der Gemma Augustea, vgl. Kasten 5.8), Schmuckstücken aus Glaspaste und architektonischen Verzierungen ausgerechnet der Steinbock als das Sternzeichen seiner Geburt? Der Steinbock war sein Mondzeichen, aber es gibt kaum Belege dafür, dass die Menschen in der Antike, geschweige denn die Herrscher, dem Mondzeichen Bedeutung beimaßen. Und doch bestätigen alle antiken Quellen, auch Augustus selbst, das Geburtsdatum im September – selbst Sueton (Augustus 94.12), der angibt, der Steinbock sei Augustus’ Geburtszeichen gewesen. Eine Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch ist, dass nach der durch Julius Caesar durchgeführten Kalenderreform Augustus’ Geburt rückwirkend auf die Zeit um die Wintersonnenwende gefallen wäre und somit der Steinbock sein Sternzeichen gewesen wäre. Eine andere Lösung ist, dass der Steinbock die Zeit der Empfängnis des Augustus bezeichnet, die gemäß einem antiken Arzt stets 273 Tage vor dem Geburtsdatum lag. Das könnte passen, selbst wenn wir die Tatsache berücksichtigen, die alle Eltern kennen, dass kaum ein Kind am zuvor berechneten Tag zur Welt kommt; diese Art zu rechnen war dennoch sehr selten, auch wenn sie im Zusammenhang mit Romulus’ Geburt begegnet und mit der Verbindung, die man zwischen dem Gründer Roms und Augustus herstellte.

Des Rätsels Lösung mag aber auch eine ganz andere sein: Tamsyn Barton (1995, S. 44) schreibt, dass das genaue Geburtsdatum den antiken Astrologen gar nicht so wichtig gewesen sei; sie waren durchaus bereit, das Horoskop den Umständen des Kunden anzupassen. Dass das Tierkreiszeichen Steinbock so beliebt war, ist bezeichnend für die augusteische Zeit; es war polyvalent und konnte ganz verschiedene Bedeutungen haben, je nachdem, wen man fragte – so wie der Begriff der „Freiheit“ in der Politik, der in Vergils Dichtung und am Altar des augusteischen Friedens (Ara Pacis) jeweils etwas anderes bedeutete. Außerdem verhieß der Steinbock Glück; tatsächlich ist der Steinbock im Horoskop für den 22. September zwar nicht das maßgebende Sternzeichen, aber er beeinflusst die glückverheißenden Aspekte. Weitere Konnotationen sind die Herrschaft über den Westen und sogar die Rache an den Mördern Julius Caesars (über die Assoziation mit der Ermordung des Osiris, die von Horus gerächt wurde).

Letzten Endes gleicht der augusteische Steinbock dem Logo in einer modernen Werbekampagne. Typisch ist auch, dass seine Darstellungen eher verspielt und nicht allzu ernst daherkommen (wie z.B. auch der pummelige Amor und die gequetschte Schnauze des Delfins zu Füßen der berühmten Augustus-Statue von Primaporta, siehe Kasten 3.4). Die oben dargestellte Münze, geprägt in Spanien zwischen 17 und 15 v. Chr., illustriert dies sehr schön: Der Steinbock hält einen Globus zwischen den dürren Vorderbeinen, und über seinem Rücken schwebt ein Füllhorn.

Hauptquellen T. Barton, „Augustus and Capricorn: Astrological Polyvalency and Imperial Rhetoric“, Journal of Roman Studies 85 (1995), S. 33–51. A. Schmid, Augustus und die Macht der Sterne (Köln 2005).

Das war eine Erfahrung, die er mit den meisten Einwohnern Italiens teilte; wie sich herausstellte, begriff er ihre Gefühle viel besser als die meisten Politiker aus der Stadt, und sein Sieg, wie Ronald Syme mit Recht betont, war ein Sieg der unpolitischen Klassen Italiens – wenigstens zum größten Teil. Natürlich gibt es keine „typisch“ italische Stadt – man neigt vielfach dazu, Pompeji in dieser Hinsicht zu überschätzen –, und die Geschichte von Velitrae verlief nicht isoliert, sondern stand unter dem Einfluss der verschiedenen Wechselfälle, Strömungen und Völker, die das Schicksal der italischen Halbinsel bestimmten. Zuerst einmal bestand Italien nicht aus „Italienern“ bzw. Italikern, geschweige denn aus Römern. Stattdessen lebte dort eine ganze Reihe von Völkern, Stämmen und Ethnien, die alle ihre eigene Kultur und Sprache hatten. Ein solcher Volksstamm waren die Volsker. Sie gründeten Velitrae, auch wenn die Latiner später behaupteten, sie seien die Stadtgründer gewesen. Wie dem auch sei, kurze Zeit nach 500 v. Chr. trat Velitrae dem Latinischen Bund bei, zu dem etwa 30 Städte gehörten, unter anderem Rom; bereits wenige Jahre später eroberte Rom Velitrae. Es gab jedoch immer wieder Unruhen, bis die Römer im Jahr 338 v. Chr. durchgriffen, die Befestigungen von Velitrae niederrissen und die Stadtväter mit ihren Familien zwangsumsiedelten, „auf die andere Seite des Tiber“ – und das war in jenen Tagen mit Sicherheit ziemlich weit. Wie viele andere Orte wurde aus der Stadt ein municipium unter römischer Kontrolle, und die dort lebenden Männer besaßen kein Wahlrecht. Das änderte sich nach dem Bundesgenossenkrieg (90–88 v. Chr.), als sich ganz Italien aufgrund eben dieses Problems von Rom lossagte. Erst ab da wurde Italien wirklich römisch.

Man darf annehmen, dass all dies – das Leben in einer Kleinstadt mit vielfältiger kultureller und politischer Geschichte, von der dort herrschenden Frömmigkeit ganz zu schweigen – die Ansichten des Octavius prägte. Das gilt auch für seine Familie, die nicht der römischen Aristokratie angehörte, weder durch Abstammung noch durch Vermögen. Es gab Mitglieder der Familie der Octavii in Rom, aber in welcher Beziehung sie zu den Octavii von Velitrae standen, wissen wir nicht. Allerdings waren Status und Snobismus keine unumgänglichen Voraussetzungen für ein bequemes Leben, und in ein solches wurde Octavius hineingeboren. Sein Großvater war „Bankier“ und Mitglied der städtischen Aristokratie von Velitrae; er hatte keine weiter gehenden Ambitionen und erreichte ein hohes, glückliches Alter. Sein Sohn, Octavius’ Vater, wollte höher hinaus. Der Reichtum der Familie qualifizierte ihn für den Senatorenstand in Rom. Der Vater begab sich auf den ehrenwerten cursus honorum (Ämterlaufbahn) und erreichte 61 v. Chr. den Rang des Prätors, das Amt direkt unterhalb der zwei höchsten römischen Beamten, der Konsuln. Er hatte den Posten für die traditionelle Frist von einem Jahr inne, dann verlieh man ihm die Würde des Statthalters von Makedonien. Auf dem Weg dorthin schlug er einen Sklavenaufstand in Süditalien nieder; noch größere militärische Erfolge feierte er in seiner Provinz, und sie qualifizierten ihn für einen späteren Triumph in Rom. Auch seine Zivilverwaltung war mustergültig; Cicero betrachtete ihn in dieser Hinsicht als Vorbild, im Gegensatz zu seinem etwas weniger vorbildlichen Bruder Quintus, der zu jener Zeit Statthalter der benachbarten Provinz Asien (in der heutigen Türkei) war.

Vater Octavius war jedoch nicht mehr in der Lage, seinen Triumph zu feiern – er starb ganz plötzlich, nach seiner Rückkehr nach Nola bei Neapel im Jahr 59 v. Chr. Er wurde etwa 42 Jahre alt. Bedenkt man die vorherrschenden Bedingungen hinsichtlich Gesundheit, Hygiene und des medizinischen Wissens – und das ist einer der wichtigsten Unterschiede zwischen der römischen Welt und der unseren –, war die Todesursache wahrscheinlich etwas ganz Banales wie eine Infektion. Im Allgemeinen nimmt man an, dass die durchschnittliche Lebenserwartung im Römischen Reich etwa 35 Jahre betrug; dass Väter und Mütter starben, als ihre Kinder noch im Säuglingsalter waren, war alles andere als ungewöhnlich (siehe Kasten 1.2). Ebenso üblich war, dass verwitwete Mütter schnell wieder heirateten. Octavius hatte nach dem Tod seiner ersten Frau Ancharia, mit der er eine Tochter, Octavia die Ältere, hatte, wieder geheiratet. Dann hatte er Atia geehelicht und zwei Kinder mit ihr gezeugt, Octavia die Jüngere, 69 v. Chr. geboren, und Octavius; Letzterer hatte also zwei ältere Schwestern. Atia heiratete im Jahr 58 v. Chr. Lucius Marcius Philippus, ein Mitglied des römischen Adels, der 56 v. Chr. Konsul wurde.

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