Читать книгу Augustus - Karl Galinsky - Страница 12
1.2. Die Lebenserwartung im alten Rom
ОглавлениеEiner der Aspekte, in denen sich unsere Welt fundamental von der des alten Rom unterscheidet, ist die viel höhere Lebenserwartung, die wir heute in den entwickelten Ländern haben. In der Weltgeschichte ist dieser demografische Wandel eine relativ neue Entwicklung, die erst mit dem Durchbruch zum Tragen kam, den die wissenschaftlichen Entdeckungen von Forschern wie Louis Pasteur und Alexander Fleming mit sich brachten.
Gerade in der letzten Zeit hat man viel zur Lebenserwartung und Sterblichkeit im Römischen Reich geforscht; aufgrund der geringen Zahl an Belegen lassen sich angesichts einer so vielfältigen Bevölkerung, die in die Millionen ging, hierzu natürlich keine genauen Angaben machen. Grabinschriften und auch Skelettanalysen sind nicht der Weisheit letzter Schluss. In Analogie zu anderen vormodernen Bevölkerungen wird die Lebenserwartung bei der Geburt wahrscheinlich zwischen 20 und 40 Jahren gelegen haben, wobei die Mehrheit wohl am unteren Ende der Skala angesiedelt war. Verantwortlich dafür ist vor allem die hohe Kindersterblichkeit in Rom; man hat errechnet, dass von 100 Neugeborenen 30 starben.
Weitere Hinweise bietet uns ein Verzeichnis des römischen Juristen Ulpian (verfasst im frühen 3. Jahrhundert n. Chr.), das man als eine Art „Lebenstafel“ verwenden kann. Es geht aus von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von etwa 21 Jahren ab Geburt; hatte man jedoch erst einmal das zehnte Lebensjahr erreicht, standen die Chancen gut, dass man noch etwa 35 Jahre weiterlebte. Doch galt das sicher nicht für alle Bewohner des Reichs, und es gab andererseits auch viele Menschen, die erheblich länger lebten – wie z.B. Augustus und sein Großvater. Man muss sich klarmachen – und auch dies ist nur eine ganz grobe Schätzung –, dass im Alter von 20 Jahren nur ein Fünftel der römischen Frauen noch einen Vater hatte. Die durchschnittliche Lebenserwartung wird heute meist als grundlegender Maßstab für Lebensqualität angesehen (vgl. Frier 1999, S. 89), und wenn wir vom „Goldenen Zeitalter“ des Augustus reden, sollten wir diesen Aspekt der Lebensbedingungen der Menschen nicht aus den Augen verlieren. Umso besser kann man allerdings auch verstehen, wie froh und erleichtert die Bevölkerung des Imperiums gewesen sein muss, als der jahrzehntelange verheerende Bürgerkrieg endlich beendet war.
Hauptquellen B. Frier, „Roman Demography“, in: D. Potter (Hrsg.), Life, Death and Entertainment in the Roman Empire (Ann Arbor 1999), S. 85–109. T. G. Parkin, Demography and Roman Society (Baltimore 1992).