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DIE DREI LIEBHABER

in wunderschönes Mädchen hatte einmal drei Liebhaber, diese wussten aber nichts voneinander, vielmehr meinte jeder, er sei der alleinige, wahre und wirkliche Geliebte und das Mädchen wolle genau ihn heiraten. Zum Glück sind sie sich auch nie begegnet, denn das Mädchen achtete sehr genau darauf, dass jeder von ihnen sie nur zu einer bestimmten Stunde besuchen durfte und auch dazwischen immer noch genug Zeit war, dass sie einander nicht über den Weg liefen. So durfte jeder Bewerber gleich lang bei der Schönen verweilen und ihren edlen Anblick mit liebeshungrigen Augen anschmachten.

Das lief alles gut so, bis zum Neujahrstag. Unabhängig voneinander kam jeder der Anwärter auf denselben Gedanken: »Heute vor Mittag werde ich zu der Angebeteten gehen und ihr alles Gute und viel Glück für das neue Jahr wünschen.«

So nahm das Verhängnis seinen Lauf, denn am Vormittag trafen alle drei gleichzeitig im Haus des Mädchens ein und aufeinander. Der Schönen war das natürlich gottserbärmlich unangenehm, den drei Werbern um ihre Gunst schwoll auch gleich der Kamm, eifersüchtige Wut wallte auf, noch wurde der Streit mit Worten geführt, aber die Situation drohte zu entgleiten.

Da trat das Mädchen notgedrungen als Schiedsrichterin unter sie und sprach: »Streitet bitte nicht lange herum, sondern zieht hinaus in die Welt. Wer mir von euch dann in einem Jahre ein Geschenk bringt, welches mir am besten gefällt, der soll mein Bräutigam werden.«

Mit dieser weiblichen List konnte sie für den Augenblick das Schlimmste verhindern, denn jeder Bewerber sah für sich noch eine Chance, ihr Herz zu gewinnen. Die drei Burschen gingen sogar noch ein Stück weit miteinander aus der Stadt hinaus bis zu einer Stelle, wo sich die Straße in drei Wege teilte. Hier beschlossen sie: Jeder geht einen anderen Weg. Nach Jahr und Tag aber wollten sie genau hier wieder zusammentreffen und sich die in der Fremde gefundenen Geschenke vorab zeigen. Keiner aber dürfe vorher allein zurückkehren: Ehrensache, Handschlag und los!

Der Erste zog lange von einer Stadt zur andern, aber er fand nichts, was ihm für ein so wichtiges Geschenk geeignet erschien. Eines Tages, weit im Süden, es war sehr heiß und er hatte Durst, kam er an einem alten Weiblein vorüber, das an der Straße Äpfel feilbot.

»Was kostet ein Pfund Äpfel hier?«, fragte er. Da lachte das Weiblein und rief: »Was, Ihr wollt ein ganzes Pfund? Wisst Ihr, was meine Äpfel wert sind? Wenn Ihr das Geld habt, mir nur einen einzigen von diesen Äpfeln abzukaufen, dann seid Ihr schon bestens bedient.«

»Du übertreibst ja schamlos, Alte«, gab der Bursch fast beleidigt zurück. »Was soll denn an diesen Äpfeln so besonders sein?«

»Madonna mia, das sind keine gewöhnlichen Äpfel, Herr«, erwiderte die Alte. »Passt auf: Wenn jemand zum Sterben krank ist und die Ärzte ihn schon aufgegeben haben, so braucht er von einem solchen Apfel nur ein klitzekleines Stückchen zu essen und er wird augenblicklich gesund aufstehen.«

Da besann sich der erste Liebhaber nicht lange, sondern kaufte um einen unverschämt hohen Preis einen der Äpfel, um ihn der Geliebten zum Geschenk zu bringen.

Der zweite Bursch war ebenfalls lange auf der Wanderung nach Norden unterwegs, ohne irgendetwas Rechtes zu finden. Da kam er eines Tages in einer aus roten Backsteinen erbauten Stadt an einer Tischlerwerkstatt vorbei, dort waren alle Arten von Tischen, Stühlen und Sesseln ausgestellt. Weil ihm vom Wandern die Füße schmerzten, setzte er sich auf einen bequemen Sessel. Gerade trat auch der Eigentümer aus der Werkstatttür und damit er noch eine Weile ausruhen konnte, fragte der junge Mann nach dem Preis der verschiedenen Möbelstücke. »Der kostet so viel und der andere so viel«, lautete die Antwort.

»Und was kostet der alte Plunder dort drüben?«, fragte er wieder, indem er auf einen alten, seltsam geformten, hölzernen Stuhl hinwies. Der Verkäufer nannte einen komplett überzogenen Preis. »Ihr wollt mich wohl auf den Arm nehmen«, versetzte der Bursch und stand verärgert auf.

»Moment mal, Fremder, ich halte niemanden zum Besten«, widersprach der Eigentümer. »Ihr könnt es freilich dem Stuhl nicht ansehen, über welche außerordentlichen Eigenschaften er verfügt, darum verzeih’ ich Euch Euer misstrauisches Wesen.«

»Was sollen das für besondere Qualitäten sein?«, fragte der junge Mann, neugierig geworden.

»Die besondere Fähigkeit«, der Verkäufer näherte sich geheimnisvoll flüsternd seinem Ohr, »die besondere Fähigkeit ist die, es handelt sich um einen Reisestuhl, ja um einen wirklichen Reisestuhl, der diesen Namen auch einlöst. Wenn man sich daraufsetzt und sich da oder dort hin wünscht, so befindet man sich einen Wimpernschlag später an genau diesem verlangten Ort.«

Das überzeugte den zweiten Liebhaber, er legte die geforderte Summe auf den Tisch, obwohl damit fast sein gesamtes Geld weg war. »Das ist das rechte Geschenk für meine Braut!«, jubelte er innerlich und rieb sich die Hände.

Der dritte machte auch lange Kreuz- und Querzüge, von Westen nach Osten und wieder zurück. Ob Glück oder Zufall: Der Weg führte ihn eines Tages zu einem schönen Laden, in dem eine Menge großer und kleiner Spiegel zum Verkauf ausgestellt war. Er erkundigte sich unverbindlich nach den Preisen, blieb auch unschlüssig und entdeckte letztendlich in einem Winkel einen kleinen, unscheinbaren Spiegel. Mehr im Scherz als im Ernst fragte er nach dessen Preis. Man nannte ihm eine so hohe Summe, dass ihm die Spucke wegblieb, jedoch hatte er genau noch so viel Geld übrig. Er hielt es trotzdem für einen schlechten Scherz, allein der Inhaber des Ladens erklärte ihm: »Das ist der Spiegel eines Venedigermännleins. Darin kann man an jedem gewünschten Ort, auf und unter der Erde, alles sehen, was dort geschieht.«

Der junge Bursch wollte das natürlich sofort überprüfen. Er wünschte sich, seine Angebetete zu sehen, und augenblicklich erschien ihr Spiegelbild, wie sie sich gerade kämmte und ihr üppiges goldenes Haar in Zöpfe flocht. Sofort zog er den Beutel, ließ alle Münzen auf den Tisch rollen und kaufte den Spiegel. »Ein schöneres Geschenk als dieses«, dachte er, »können die beiden anderen gewiss nicht herbeibringen!«

Der Herbst ging in den Winter über, der kürzeste Tag und die längste Nacht waren schon vorbei, Silvester sollte die Türe zum neuen Jahr öffnen. Die drei fanden sich wie vereinbart am Scheideweg wieder ein und jeder erzählte, welch wunderbares Geschenk er gekauft hatte. Nun überkam sie die Lust, nachzuschauen, was ihre gemeinsame Geliebte jetzt im Augenblick gerade anstellt. So nahmen sie den Spiegel des Ost-West-Wanderers, blickten hinein und erschraken zutiefst: Sie sahen ihre gemeinsame Geliebte sterbenskrank im Bett liegen, ringsherum standen weinend und verzweifelt die Eltern und ratlos die Ärzte.

Da rief der nach Süden gereiste: »Oh, wenn ich nur mit meinem Apfel dort wäre!« Und der aus dem Norden zurückgekehrte fiel ein: »Setzen wir uns doch alle drei auf meinen Sessel!«

Gesagt, getan, nur einen Augenblick später tauchten die drei Liebhaber am Sterbebett der Kranken auf. Umgehend schnitt der erste ein Stück von seinem Apfel ab und gab es der Kranken zu essen. Alsogleich schlug sie die Augen auf, rührte Kopf und Arme, das Blut strömte in ihre Adern, die Backen färbten sich, das Fieber war gesunken und der Blick wurde wieder klar und lebensfroh. Sie stand auf und verließ frisch und gesund das Bett. Glücklich, wenn auch mit ein wenig schlechtem Gewissen, bedankte sie sich von Herzen bei jedem ihrer drei Liebhaber für die Rettung.

Wen von den Dreien aber das Mädchen später geheiratet hat, den Apfelkäufer mit der wirksamen Arznei, den Stuhlkäufer, dem sie die schnelle Rettung zu verdanken hatte, oder dem Spiegelkäufer, der als erster Einblick in den lebensbedrohlichen Zustand der Geliebten erfahren hatte, oder ob sie doch einen ganz anderen oder sogar alle drei miteinander genommen hat, davon weiß die Sage nichts zu berichten.

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