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Mein Ich will verschwinden

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Frage: Warum bin ich geboren?

Karl: Warum nicht? Das Sein ist vollkommen damit einverstanden, dass du bist. So wie du bist. Vollkommen. Es braucht keinen Sinn. Die Frage nach dem Sinn stellt sich nur mit der Idee des Ichs.

F: Gut, aber ich stelle sie.

K: Das Ich ist ein Konzept. Es braucht Relevanz. Es stellt eine Frage, die durch eine Antwort befriedigt werden und sich auflösen will. Dann aber taucht sofort die nächste Frage auf. Es ist eigentlich immer nur die eine Frage: Warum bin ich? Daran hängt das Ich sich auf. Damit es eine Daseinsberechtigung hat. Es muss zeigen, dass es zu Recht am Leben ist. Es ist immer im Beweisnotstand. Es muss sich ständig beweisen, dass es existiert. Deshalb hat es immer eine neue Frage. Und deshalb wird keine Antwort je reichen. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob die Frage beantwortet wird oder nicht. Es gibt nur eine einzige Antwort auf die Frage Warum, und die lautet: Warum nicht?

F: Hat das Ich denn gar keinen Wert?

K: Wert oder nicht – es beweist sich auch, indem es minderwertig ist. Ich Armes, ich Kleines, ich bin! Hauptsache, es kann an seine Existenz glauben. Wenn Unwertigkeit als Beweis taugt, dann ist es gern auch arm und klein und minderwertig. Das Ich kennt alle Tricks der Welt, sich am Leben zu erhalten. Es ist ein Stehaufmännchen. Du kannst es tausendmal niederschlagen, es steht immer wieder auf. Ja, selbst wenn es liegen bleibt, besteht es. Die Illusion vom Ich, die immer wieder in einer Frage auftaucht, ist unschlagbar.

F: Das Leben muss schön sein, wenn diese Frage sich ein für allemal erledigt hat!

K: Meinst du, das Sein bräuchte Fraglosigkeit, um glücklicher zu sein? Oder ist es vielleicht in der Frage genauso glücklich wie in der Nicht-Frage? Wenn dies oder das weg wäre, wenn ich endlich dies oder jenes losgeworden bin – das alles sind nur Ich-Ideen. Das Sein kann nicht gestört werden. Es braucht nichts loszuwerden. Aber die Ich-Idee, die empfindet sich irgendwann selbst als störend und versucht dann, alle Störungen auszuschalten einschließlich ihrer selbst.

F: Ja, so geht es mir.

K: Das Ich gaukelt dir vor, dass es verschwinden müsse.

F: Genau!

K: Denn wenn du das glaubst, kann es desto ungestörter weiterleben.

Das Buch Karl

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