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4.

DAS ROM
des Verkehrsgewühls

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Wer die Innenstadtstraßen des modernen Roms für chronisch verstopft hält und sich über Staus, Parken in zweiter oder dritter Reihe und Slalom-Fahrten wendiger motorini ärgert, der wäre auch im antiken Rom oft genug aus der Haut gefahren. Um ein Verkehrschaos zu generieren, bedarf es keiner motorisierten Fahrzeuge; dazu reichen auch Fuhrwerke, Ochsenkarren und Massen von Fußgängern aus – und fliegende Händler, Friseure, Lehrer und Ladenbesitzer, die öffentlichen Verkehrsraum ohne große Skrupel für eigene Geschäfte in Beschlag nehmen. Schon im 1. Jahrhundert v. Chr. zog Caesar die Notbremse, indem er ein weitreichendes Fahrverbot vom frühen Morgen bis zum späten Nachmittag verfügte. Ausnahmen gab es nur wenige. Der Nachteil dieser erzwungenen Verkehrsberuhigung war die Verlagerung zahlreicher Lastenfahrten auf die Abend- und Nachtstunden – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Nachtruhe vieler Römer.

Trotz dieser Restriktion war auf den Straßen der Hauptstadt oft kein Durchkommen. Selbst wenn man die genus-spezifischen Übertreibungen satirischer Quellen in Abzug bringt, teilt sich doch der Eindruck mit, dass Fußgängerstaus zur Normalität des römischen Straßenverkehrs gehörten und dass man im Menschengewühl nur sehr langsam vorankam – zumal ja auch durchaus noch zahlreiche Lastfuhrwerke in öffentlichem Auftrag unterwegs waren, die vom Tagesfahrverbot ausgenommen waren. Angesichts der regen Bautätigkeit der öffentlichen Hand im Rom der Kaiserzeit (↗ Das Rom der Bautenpracht) dürfte das entsprechende Verkehrsaufkommen gar nicht so gering gewesen sein – von den vielen Baustellen, die den „reißenden Strom“ der Fußgänger abrupt abbremsten, ganz zu schweigen.

Rom war eine laute und chaotische Metropole, wie sie von vielen modernen Rekonstruktionen überhaupt nicht erfasst wird, in denen allenfalls ein paar vornehme Togaträger breite Straßen fast ganz allein für sich haben. Solche menschenleeren Straßen und Plätze gab es nicht. Es konnte sie nicht geben, weil alles in die City drängte. Dort kaufte man ein (↗ Das Rom der Kaufleute), dort tagten die Gerichte, dort lagen einige Stätten der Massenunterhaltung. Und vor allem: Dort wohnten die Menschen. Da es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab, war das Gros der Einwohner Roms gezwungen, in fußläufiger Entfernung zum Zentrum zu wohnen. Vororte oder gar Trabantenstädte zur Entlastung der angespannten Wohnraumsituation konnten sich nicht herausbilden.

Zudem war Rom eine historisch gewachsene, nicht auf dem Reißbrett konstruierte Stadt, die von engen Gassen und verwinkelten Straßenzügen geprägt war. Breite Alleen, mit Weitblick geplante Verkehrsachsen gab es nicht. Und was passierte, wenn sich an Renntagen bis zu einer Viertelmillion Menschen zum Circus Maximus aufmachte? Dann setzte sich ein ununterbrochener Strom von Menschen schon im Morgengrauen in Bewegung – und die City war an diesen Tagen zwar nicht leer, aber wenigstens nicht ganz so voll wie sonst. Die Anwohner der Straßen freilich, auf denen die unzähligen Circus-Fans unterwegs waren, wurden vom Gedränge und Geschrei der ausgelassenen Massen brutal aus dem Schlaf gerissen. Selbst bis zum Kaiserpalast auf dem Palatin stieg der infernalische Lärm empor. Caligula war einst so wütend darüber, dass er die Menge von Sicherheitskräften mit Stöcken auseinandertreiben ließ – und damit eine Panik auslöste, die etlichen Menschen das Leben gekostet haben soll (Suet. Cal. 26, 4).

(56) Quae viae in u(rbem) R(omam) sunt erunt intra ea loca, ubi continenti habitabitur, ne quis in ieis vieis post k(alendas) Ianuar(ias) primas plostrum interdiu post solem ortum, neve ante horam X diei ducito agito, nisi quod aedium sacrarum deorum inmortalium caussa aedificandarum, operisve publice faciumdei causa, advehei portari oportebit, aut quod ex urbe exve ieis loceis earum rerum, quae publice demolienda loca erunt, publice exportarei oportebit, et quarum rerum caussa plostra h(ac) l(ege) certeis hominibus certeis de causeis agere ducere licebit.

(62) Quibus diebus virgines Vestales, regem sacrorum, flamines plostreis in urbe sacrorum publicorum p(opuli) R(omani) caussa vehi oportebit, quaeque plostra triumphi caussa, quo die quisque triumphabit, ducei oportebit, quaeque plostra ludorum, quei Romae p(ropius) p(assus) M publice feient, inve pompam ludeis circensibus ducei agei opus erit, quo minus earum rerum caussa eisque diebus plostra interdiu in urbe ducantur agantur, e(ius) h(ac) l(ege) n(ihil) r(ogatur).

(66) Quae plostra noctu in urbem inducta erunt, quominus ea plostra inania aut stercoris exportandei caussa, post solem ortum h(oris) X diei bubus iumenteisve iuncta in u(rbe) R(oma) et ab u(rbe) R(oma) p(assus) M esse liceat, e(ius) h(ac) l(ege) n(ihil) r(ogatur).

(56) Auf den Straßen, die in der Stadt Rom innerhalb der geschlossenen Bebauung angelegt sind bzw. sein werden, soll niemand nach dem 1. Januar bei Tage nach Sonnenaufgang bis zur 10. Stunde des Tages einen Wagen führen oder fahren mit folgenden Ausnahmen: für den Bau heiliger Tempel der unsterblichen Götter, wenn für Bauarbeiten in öffentlichem Auftrag etwas heran- oder abgefahren werden muss, wenn aus der Stadt oder von Stellen, wo im öffentlichen Auftrag Abbrucharbeiten stattfinden werden, etwas weggeschafft werden muss, sowie wenn es bestimmten Personen aus bestimmten Gründen erlaubt sein wird, Lastwagen zu führen oder zu fahren.

(62) Über die Tage, an denen die Vestalischen Jungfrauen, der Opferkönig und die Priester in Wagen in der Stadt fahren müssen, um die öffentlichen Opfer des römischen Volkes durchzuführen, wird durch dieses Gesetz keine Bestimmung getroffen, durch die dieser Anlässe wegen an diesen Tagen Wagen tagsüber nicht in der Stadt geführt oder gefahren werden dürfen. Das Gleiche gilt für Fahrzeuge, die am Tage eines Triumphzuges aus Anlass dieses Triumphes geführt werden müssen, und für die Fahrzeuge, die der Spiele wegen, die in öffentlichem Auftrag in Rom im Umkreis von einer Meile um die Stadt stattfinden, und für eine Prozession an Circustagen geführt oder gefahren werden müssen.

(66) Was Fahrzeuge angeht, die nachts in die Stadt gefahren werden, so dürfen sie leer oder zur Müllabfuhr nach Sonnenaufgang während der ersten zehn Tagesstunden, wenn sie mit Ochsen oder Mauleseln bespannt sind, in Rom und von Rom aus im Umkreis von einer Meile von der Stadt entfernt sich aufhalten. Eine Restriktion für diese Fahrzeuge wird durch dieses Gesetz nicht beschlossen.

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