Читать книгу Beste Freunde und ein Leben im Chaos - Karla Voß - Страница 12

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Die Wahrheit

Warum waren manche Worte so schwer auszusprechen? Warum konnten sie nicht von selbst und ohne Probleme über die Lippen kommen? Toni hatte ihre Freundinnen zu sich eingeladen und übte gerade vor dem Spiegel, wie sie es Jette sagen konnte. Aber leider klappte es nicht so.

Da klingelte es an der Tür. Toni hörte Schritte und ein freudiges Schreien. Die Mädels kannten Ronja und fanden sie ziemlich cool. Sie beneideten Toni sogar ein bisschen um sie. „Toni ist oben!“, sagte Ronja und wedelte mit dem Finger Richtung Treppe. „Wollt ihr zu ihr hinauf?“

„Klar, aber eigentlich wollten wir noch auf Nele warten“, sagte Hannah und warf einen Blick durch das große Fenster. Keiner zu sehen.

„Ich lass sie zu euch rein, wenn sie kommt“, versprach Ronja und die Mädels gingen nach oben. Toni atmete tief ein und lächelte sich tapfer zu.

„Du schaffst das, Antonia! Schließlich ist Jette deine Freundin und du bist kein Schisser!“ Ihr Spiegelbild streckte ihr die Zunge entgegen und lachte. Da wurde die Tür aufgerissen.

„Hey, Toni!“, begrüßte Hannah sie und schlang ihre Arme um sie. Auch Jette umarmte sie und Toni spürte einen großen Stein im Magen. Umarmte sie so auch Henrie?

„Was gibt es denn, oder wollen wir heute ein Picknick machen?“, fragte Jette. Sie machten dauernd Picknicks am See. Dort war ihr Geheimplatz.

Hannah nickte begeistert. „Aber wir müssen noch auf Nele warten! Keine Ahnung, wo die abgeblieben ist!“ Sie schüttelte den Kopf und schaute in Tonis Portemonnaie. „Das ist ja ganz schön leer!“, grinste Hannah und Jette schnappte sich einen Fünfeuroschein.

„Davon kaufen wir Eis!“, stellte sie fest.

„Da darf ich ja wohl auch noch ein Wörtchen mitreden! Und da ist nichts drin, weil ich für eine neue Stereoanlage spare!“, knurrte Toni und riss den beiden die Sachen aus der Hand.

Jette schüttelte den Kopf und murmelte etwas Unverständliches. Hannah machte ein Schmollgesicht und setzte sich wortlos auf den Boden. Auch Toni hatte keine Lust auf den bevorstehenden Nachmittag. Wie sollte sie nur Spaß haben, wenn ihr der Hals wie zugeschnürt war? Toni holte Luft und setzte sich ebenfalls auf den Boden.

„Es tut mir leid! Ich muss euch noch etwas erzählen“, sagte Toni und Jette setzte sich neben sie.

„Was denn? Ist es schlimm? Ist dir was passiert?“, fragte sie.

„Also, mir nicht direkt, aber meiner Freundin.“ Tonis Stimme wurde von Wort zu Wort dünner und am Ende konnte man fast nichts mehr verstehen.

„Etwa mir?“, quietschte Hannah.

„Nein ... Jette!“ Toni ließ die Schultern hängen. Jette riss den Mund auf. „Ich will es dir nicht sagen müssen, aber ich muss es. Besser, du erfährst es jetzt, als später von jemand anderem!“

Jette schluckte und schaute sie durch glasige Augen an. „Geht es um Henrie? Hat er dir gesagt, dass du mit mir Schluss machen sollst?“

Toni schüttelte leicht den Kopf. Dann nickte sie wieder und Jette schlug sich die Hände vor den Kopf. Eine Träne landete auf Tonis Teppich.

„Also, zu mir hat er nichts gesagt, aber ich habe ihn beobachtet, wie er sich mit ...“ Toni konnte ihren Satz nicht zu Ende bringen, denn Nele platzte rein.

„Ihr werdet es nicht glauben! Ich kam eben von Fanny, fragt nicht warum, und als ich noch ein Eis essen wollte, habe ich die beiden gesehen! Henrie mit Fanny! Sie haben geknutscht, so richtig mit ...“

„Henrie und Fanny haben sich geküsst? So richtig?“ Jette schluchzte. Ihr Gesicht war bleich wie das eines Gespenstes und Tonis Teppich verwandelte sich in ein Salzmeer.

„Als wir zum Tanzen gefahren sind, habe ich die beiden auch beobachtet!“, gab Toni kleinlaut zu. Jetzt fing Jette richtig an zu weinen und drei Mädchen stürzten auf sie.

„Ich wollte es dir nicht sagen, aber ich konnte nicht anders!“

„Es war so schrecklich! Wie konnte ER mit Fanny?“

„Es tut mir so leid, Jette! Vielleicht gibt sich das?“

„Du bist viel hübscher als diese blöde Fanny.“

„Und netter.“

„Cooler, besser, intelligenter, lustiger!“

„Jette, wir kriegen das wieder hin, glaub mir.“

„Schließlich sind wir Supergirls und gemeinsam schaffen wir alles!“

„Henrie wird sich bald ärgern, dass er Fanny geknutscht hat!“

„Erst mal machen wir jetzt ein schönes Picknick! Zum Runterkommen. Mit ganz viel Schokolade und Erdbeeren“, beschloss Toni und holte ihre riesige Tasche aus dem Schrank.

Jette schaute auf und lachte matt. „Erdbeeren!“, grinste sie und schnappte nach Luft. Die Mädchen fingen an zu lachen. War doch eigentlich klar, dass man Jette mit Erdbeeren locken konnte.

„Genau! Richtig so, Jette!“, brüllte Nele und knuffte sie in die Seite. Davon bekam Jette Schluckauf und den ganzen Weg bis zur Geheimstelle wurde gehickt und gelacht.

Jette stopfte sich schon die hundertdreißigste Erdbeere in den Mund. Sie lachte und schien sich nicht mehr an Henrie zu erinnern, bis ihr Handy klingelte.

„Jette, warum gehst du nicht dran?“, fragte Hannah und griff nach Jettes Telefon. Das Display leuchtete auf und man sah einen grinsenden blonden Kopf. Darüber stand Schatziii ruft an <3.

„Geh ran!“, rief Toni und drückte auf grün. Die Mädchen hielten die Luft an.

„Hey Schatz, ich binʼs, Henrie. Kennst du mich noch?“ Er lachte und nannte sie „Schatz“. Als wäre nichts gewesen.

„Hi, i...ich biiinnnnnns, Jä...t...t...t...eeeeeeeeee.“

Im Hörer erklang ein Lachen. „Ich muss mit dir reden, Jette. Bist du alleine?“

„Hmmmmm.“

„Also, du weißt ja, dass wir schon seit fast einem halben Jahr zusammen sind und ich finde ...“

„Was findest du? Dass wir uns trennen sollten? Das seh ich genauso!“, brüllte Jette in den Hörer.

„Was ist denn mit dir passiert? Aber du hast recht. Wir sollten uns trennen. Ich habe ...“

„Eine scheiß Knutschtussi! Meinst du, ich bin blöd, wenn du mit deiner Tussi beim Eisladen stehst? Meinst du, ich krieg das nicht mit, wenn ihr euch vor der Tanzschule das Ja-Wort gebt? Ich bin nicht bescheuert, und weißt du was? Du bist mir so was von egal. Genauso wie Fanny, diese blöde Kuh. Geh nur zu ihr und schlabber sie weiter ab! Aber weißt du, was mich ärgert? Nein? Ich erklärʼs dir. Erstens: Du knutschst rum, bevor du Schluss machst! Total bescheuert. Zweitens: Mich hast du noch NIE geküsst! Und kaum, dass Fanny einen Tag auf der Schule ist, hängst du an ihren Lippen wie eine Zecke! Du bist so widerwärtig! Bähhh“, beendete Jette ihre Rede.

Toni wollte jetzt nicht in Henries Haut stecken. Wer so eine Ansage von seiner Freundin kriegte ... uhhh!

„Und soll ich dir mal was sagen? DU wolltest mich nie küssen. Ich hab es immer versucht, aber du meintest immer wieder, dass wir noch zu jung sind. Außerdem ist Fanny nicht blöd, sondern außerordentlich attraktiv! Ganz im Gegenteil zu dir. Ich versteh mich nicht. Wie konnte ich dich jemals lieben?“, brüllte Henrie zurück.

Die Mädchen zuckten zusammen. Wie konnte man so kaltherzig sein?

„DU BIST DER GRÖSSTE IDIOT, DER MIR JEMALS BEGEGNET IST!“, schrie Jette und legte auf. Sie lächelte und klatschte in die Hände. „So, das Thema wäre wohl beendet!“

Beste Freunde und ein Leben im Chaos

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