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Eine neue Überraschung

Toni schwang sich auf ihr Fahrrad und düste los. Sie war spät dran, denn ihre Mutter hatte verschlafen. Heute kam doch ein neues Mädchen zu ihr in die Klasse. Da musste man pünktlich sein. „Hoffentlich ist sie nett“, dachte Toni und legte noch einen Zahn zu.

Toni hieß eigentlich Antonia. Antonia Behnke, um genau zu sein. Sie lebte mit ihrem 18-jährigen Bruder Theo, ihrer Mutter und ihrem Vater in einem großen, schönen Haus. Außerdem konnte sie sehr gut tanzen. Aber am liebsten traf sie sich mit ihren drei besten Freundinnen: Nele Rosenau, Hannah Jakobsen und Jette Albrecht. Die vier kannten sich seit Kindertagen und waren unzertrennlich. Auf der neuen Schule hatten sie schon viel Spannendes erlebt und durchgemacht, doch nach den Sommerferien waren sie in die siebte Klasse gekommen und wer sagt, dass alles einfacher wird, wenn man in der Siebten ist?

Außer Atem kam Toni an. Sie schloss ihr Fahrrad an einen kleinen Baum auf dem Schulhof, da die ganzen Fahrradbügel mit anderen Bikes voll waren. „Warum die Neue wohl erst eine Woche nach Schulbeginn kommt?“, dachte sie und flitzte die Treppen zur Schule hoch.

Es war eine schöne Schule mit vielen Bäumen, einem Fußballfeld, Basketballkörben und einigen Tischtennisplatten. In dem Gebäude schlängelten sich unzählige Gänge und Flure.

Endlich erreichte sie ihr Klassenzimmer im zweiten Stock. Dort sah man eine bunte Tür mit vielen Bildern und Buchstaben. Das war das Klassenzimmer der 7c. Toni riss die Tür auf und drei Mädchen fielen ihr in die Arme.

„Endlich bist du da“, schnaufte Jette.

„Wir haben ganze zehn Minuten auf dich gewartet“, trompetete Hannah.

„Sorry“, sagte Toni und reckte ihren Hals. „Ist die Neue schon da?“, wollte sie wissen.

„Ja, und die ist echt total arrogant und zickig.“ Nele zog eine Augenbraue in die Höhe. Das tat sie immer, wenn ihr etwas nicht gefiel.

Toni drängte sich zwischen ihren Klassenkameraden hindurch, die sich in einem Kreis aufgestellt hatten, bis sie endlich etwas sehen konnte. Dort stand ein Mädchen mit blonden offenen Haaren, einem eng anliegenden weißen Kleid und goldenen Ballerinas.

„Hallo, ich heiße Antonia. Nenn mich einfach Toni! Ist viel einfacher. Du musst die Neue sein, oder?“, fragte Toni und lächelte das Mädchen an.

„Ich heiße Fanny“, knurrte sie und starrte auf ihre blau lackierten Fingernägel. Toni schnitt eine Grimasse. Warum war sie denn so zickig?

„Ist alles okay bei dir?“, fragte Toni deshalb. Fanny schaute auf und verengte ihre Augen.

„War das eine ernsthafte Frage?“, fragte sie spitz.

„Ja, also nein, na ja, doch.“ Toni rettete sich mit einem verlegenen Grinsen.

„Hör auf, Toni hier so anzumachen!“, mischte sich Hannah ein und legte schützend einen Arm um ihre Freundin.

„Boah Hannah. Hör auf, hier reinzureden! Kümmere dich um deine Angelegenheiten!“, motzte Fanny in einem Ton, der Toni den Atem raubte.

„Kannst du mal deinen Mund halten? Ich finde, dass das genauso unsere wie auch deine Angelegenheit ist!“, kam nun auch Jette zu Hilfe.

„Habt ihr nicht andere Probleme? Müsst ihr euch hier so aufführen?“ Fanny beugte sich zu Toni und rümpfte ihre Nase. „Waschen oder so?“, quiekte sie und lachte leise.

„Ich hab mich gestern Abend erst gewaschen“, beschwerte sich Toni und roch an ihrem Schal. Vielleicht stank sie ja wirklich so.

„Ist ja auch egal. Macht Platz, ich möchte hier durch! Mit euch Stinkis möchte ich lieber nichts zu tun haben! Sonst wird gleich der gute Ruf ruiniert! Kommt, Melissa und Nicke, wir gehen!“, kommandierte Fanny. Die beiden hakten sich bei ihr ein und zusammen gingen sie hinaus.

Toni kochte vor Wut und ballte ihre Faust. „So eine blöde Zicke!“, flüsterte sie Nele ins Ohr.

Ein Räuspern ließ die vier hochschrecken. Herr Schülzer stand in der Tür und runzelte leicht die Stirn.

„Was schaut ihr denn so? Auf eure Plätze, aber ein bisschen dalli!“, sagte er und ließ seine schwere Aktentasche auf das Pult krachen. „Wir haben eine Neue! Ihr Name ist Fanny. Seid nett zu ihr und so weiter.“

Stöhnend ließ sich Toni auf ihren Stuhl fallen. Was hatte diese Fanny bloß? War sie vielleicht doch nicht so nett zu ihr gewesen? Seufzend holte sie ihre Mathesachen aus der Tasche und schlug ihre Hausaufgaben auf. Eine Woche hatten sie erst Schule, aber es kam ihr vor wie drei Jahre. Außerdem sollten sie nächste Woche bereits eine Arbeit in Mathe schreiben. Schlimmer konnte es wohl kaum werden. Auch die anderen schienen sich nicht gerade über die Neue zu freuen, was Toni mit einem Seitenblick auf ihre Freundinnen bemerkte. Nele ballte die Faust und grinste Toni fies an. Hannah war mal wieder ganz woanders, nämlich bei Mathe, wo Toni eigentlich auch hätte sein sollen. Nur Jette wiegte sich hin und her und grinste selig.

„Kommst du mal bitte an die Tafel, Jette?“, meinte da gerade Herr Schülzer.

„Äh, was?“ Jette schaute auf.

„Du sollst die Aufgabe lösen, Kind, und nicht träumen!“, sagte Herr Schülzer streng. Jette wurde rot und stand auf. Sie straffte ihre Schultern und atmete tief durch.

„Die Lösung ist 165 Zentimeter“, zischte Hannah, als Jette an ihr vorbei zur Tafel lief.

Jette kritzelte das Ergebnis an die Tafel.

„Falsch!“, grinste Herr Schülzer.

„Nein, das kann nicht sein!“ Sie schüttelte den Kopf und schaute fragend zu Hannah.

„Doch, es ist aber falsch“, grunzte Herr Schülzer.

„Aber Hannah hat doch gesagt ...“

„Hannah hat nichts gesagt!“ Herr Schülzer war am Ende und bat Jette, auf ihren Platz zu gehen.

Im Vorbeigehen funkelte sie Hannah giftig an. „Blöde!“, zischte sie.

Da fing Fanny laut zu lachen an. „Das ist doch das Einfachste der Welt“, sagte sie triumphierend.

„Dann mach du das doch besser!“, rief Hannah und grinste Jette an.

„Super Idee, Hannah. Fanny, komm doch nach vorne und löse gleich die nächste Aufgabe, wenn du das so einfach findest!“, sagte Herr Schülzer und klatschte in die Hände.

„Aber, aber ich kann nicht ...“, stotterte Fanny.

„Gut, dass du das mal betonst!“, lachte Nele. Gelächter brandete in der Klasse auf und sogar der strenge Herr Schülzer konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die Mädchen klatschten sich ab und grinsten.

„Eins zu null für uns!“, freute sich Jette. Sie stand an dem Stammplatz der Mädchen, einem großen Baum, der den Schulhof von der Straße trennte, und freute sich. Natürlich hatte Fanny bei der Matheaufgabe versagt. Den Rest der Stunde hatten sie mit schwierigen Aufgaben verbracht. Als es zur Pause geklingelt hatte, stöhnten die meisten Schüler erleichtert auf. Im Klassenraum war es stickig geworden, da die Sonne direkt in die Fenster schien und die Köpfe der Schüler von der ganzen Rechnerei angefangen hatten zu rauchen.

„Ja, das war super“, schmatzte Toni, die gerade ihr Sandwich aß.

„Aber warum hast du mir die falsche Lösung gesagt?“, fragte Jette Hannah.

„Die war richtig, ich schwöre es. Ich habe sie sogar mit dem Handy nachgerechnet!“, verteidigte sich Hannah.

„Dann sind dein Handy und dein Gehirn Schrott! Herr Schülzer weiß ja wohl, was er für Aufgaben stellt und welche nicht. Er hat sein Mathestudium mit 1,0 geschafft!“, meckerte Jette und schaute grimmig.

„Es tut mir leid. Ich machʼs auch wieder gut!“, sagte Hannah und nahm Jette in den Arm.

„Entschuldigung angenommen!“, lachte Jette.

„Och Mann. Könnt ihr euch nicht länger streiten?“, fragte Nele und schaute sie traurig an.

„Du bist so süß!“, neckte Jette sie. Nele hasste es, süß zu sein und alles, was damit zusammenhing. Hannah strubbelte Nele durchs Haar, die sich dagegen mit einer Faust wehrte.

„Hallo!“, erklang eine Stimme hinter ihnen.

„Was willst du denn hier, Fanny?“, fragte Jette mit zusammengekniffenen Augen. Fanny stand zwischen den zwei Möchtegernzicken Melissa und Nicke.

„Das war echt dumm von euch“, keifte Nicke mit einem Seitenblick auf Fanny. Die nickte.

„Also passt auf! Die Rache ist mein. Der Krieg hat begonnen!“ Mit diesen Worten drehte sie sich auf dem Absatz um und marschierte zur Mädchentoilette, gefolgt von Melissa und Nicke, die bei Fannys großen Schritten fast nicht hinterherkamen.

„Was habe ich für eine Angst!“, kreischte Hannah und zog die Augenbrauen hoch.

„So was von kindisch“, bemerkte Nele.

„Vor dir hat noch nicht mal eine Fliege Angst. Was sollst du denn schon ausrichten können, hä?“, schrie Jette ihr hinterher.

Nur Toni hatte die ganze Zeit nichts gesagt. Irgendwas war komisch an Fanny. Auch wenn sie ziemlich blöd und selbstverliebt war, irgendwie machte sie ihr Angst. Toni glaubte ihr. „Sie meint das ernst. Ich spüre es. Wir müssen uns in Acht nehmen!“, erklärte sie mit gedämpfter Stimme.

„So ein Quatsch. Die will uns doch nur Angst machen“, meinte Hannah.

„Und bei dir schafft sie es auch noch! Ach Toni, und wenn schon. Will die uns nachts einen Schrecken einjagen oder vielleicht ein Pupskissen auf unsere Stühle legen?“, zählte Nele auf und grinste schief.

Es gongte und Jette, Nele und Hannah hakten sich beieinander ein und marschierten zum Eingang. Toni blieb zurück und dachte angestrengt nach. Ja, vielleicht hatten die Mädchen recht. Fanny konnte ja nichts Schlimmes anrichten. Da winkte ihr Schwarm Paul ihr zu und die beiden gingen zusammen ins Schulgebäude zurück. Wie er sie anstrahlte. Oh Mann, war Toni verliebt! Schon war Fanny vergessen.

Beste Freunde und ein Leben im Chaos

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