Читать книгу Gin - Alles über Spirituosen mit Wacholder - Karsten Sgominsky - Страница 4

Kapitel 2:
Gin

Оглавление

Gin – wie schon im vorangegangenen Kapitel beschrieben, handelt es sich hierbei um eine Spirituose, die mit Wacholderbeeren und einer Auswahl verschiedenster Kräuter, Gewürze und Zitrusfrüchte, zusammengenommen «Botanicals» genannt, aromatisiert ist.

Der Grundstock

In den Anfängen der Gin-Herstellung diente Getreide als Ausgangs­basis. Um 1920 regelte man in England per Gesetz die Herstellung des Gins dahingehend, dass neben Getreide seitdem auch Rohstoffe wie Wein, Rüben, Kartoffeln, Zuckerrohr und Obst für die Alkoholgewinnung zum Einsatz kommen dürfen. Diese Regelung hat noch heute Bestand, obwohl ­primär Getreidealkohole verwendet werden.

Durch das mehrfache Destillieren vergorener Maische oder Melasse aus den oben aufgeführten Rohstoffen werden Neutralalkohole von bis zu 96% Vol Alkohol ausrektifiziert, um sie geschmacklich zu neutra­lisieren; daher auch die Bezeichnung «Neutralalkohol». Nur wenige Gin-Hersteller produzieren ihren Neutralalkohol noch selbst. Stattdessen wird dieser von Firmen zugekauft, die sich darauf spezialisiert haben.

Dieses rektifizierte Destillat wird für den weiteren Verarbeitungsprozess heruntergewässert (verschnitten). Wieso? Derart hochprozentiger Neutral­alkohol würde sich als zu aggressiv erweisen, um ein schonendes Extrahieren der Geschmacksstoffe aus den Botanicals zu ermöglichen.

Gin entsteht

Wie kommen nun die Aromen der Botanicals in den Neutralalkohol? Die gängigsten Vorgehensweisen sind die Mazeration und die Dampf­infusion.

Mazeration: Hier werden die ausgesuchten Botanicals für eine bestimmte Zeit in den Neutralalkohol eingelegt, um dadurch die Aromastoffe zu ­extrahieren. Dieser Vorgang kann über Nacht erfolgen oder ein paar Tage oder auch länger dauern. Die Botanicals werden üblicherweise in Beutel gefüllt und zum Mazerieren eingelegt.

Eine Nebenform ist die Digeration, in der für die Mazeration erwärmter Alkohol verwendet wird. Da jedes Botanical seine Aromastoffe unterschiedlich schnell abgibt, ist die separate Mazeration einzelner Botanicals (oder Botanical-Gruppen) eine zwar aufwendigere, aber zusehends immer populärer werdende Methode.

Nach der Mazeration erfolgt eine abschließende Destillation, an deren Ende ein wichtiger Arbeitsschritt steht: die Abtrennung von Vorlauf* und Nachlauf*. Hier kommt die ganze Erfahrung des Brennmeisters zum Tragen, denn er muss den Mittellauf, der das Herzstück bildet, genau abtrennen.

* siehe www.gin-buch.de


Destillierapparat Bluecoat Destille, USA

Dampfinfusion: Hierfür werden die Botanicals auf Körben im Steigrohr eines Brennapparats platziert. Sobald der Neutralalkohol im Kessel des Brennapparats erwärmt wird, steigen dessen Dämpfe auf und nehmen dabei die Aromen der Botanicals auf. Auch hier werden Vorlauf und Nachlauf vom Brennmeister abgetrennt.

Es gibt mehrere Destillationsverfahren und -apparate, die sich auf ­unterschiedlichste Art miteinander kombinieren lassen. Wir möchten auf dieses eigenständige und sehr weitläufige Gebiet hier nicht näher eingehen, da dies vom eigentlichen Thema wegsteuert. Die Destillier­möglichkeiten sind jedenfalls sehr komplex und vielseitig, was den Herstellern viel Raum für Individualität bis hin zur Extravaganz bietet.


Destillierapparat Greylock Destille, USA

Das Wasser

«Das Prinzip aller Dinge ist Wasser; aus Wasser ist alles, und ins ­Wasser kehrt alles zurück.» Thales von Milet (ca. 624 – 546 v. Chr.)

Dem Wasser und seiner Qualität kommt bei der Gin-Herstellung entscheidende Bedeutung zu. Ob destilliertes Wasser, Schmelzwasser, frisches Quellwasser oder einfach das aus dem Wasserhahn, wird meist von der geografischen Lage der Destille bestimmt, zuweilen aber auch von der Firmenphilosophie. Wichtig und entscheidend sind die Werte des Wassers, die den Normen der Trinkwasserverordnungen entsprechen müssen.

Durch die Zugabe des Wassers wird der Gin auf die gewünschte ­Trinkstärke eingestellt, die mindestens 37,5% Vol betragen muss, oftmals um die 43% Vol liegt, aber durchaus auch über 50% Vol hinaus­gehen kann.

Dieses Verschneiden kann nach dem Destillationsprozess vorgenommen werden oder davor, wenn der Hersteller das Mischungsverhältnis von Neutralalkohol und Wasser so einstellt, dass das fertige Destillat in gewünschter Trinkstärke aus dem Hahn des Destillierapparats tropft.

Resümee

Da es sich um eine klare Spirituose handelt, die keine Reifezeit benötigt, sind längere Lagerzeiten nicht zwingend erforderlich. Dennoch kann der Gin zur weitestgehenden Egalisierung (Gleichverteilung) für gewisse Zeit in Edelstahltanks, Steingutgefäßen oder in seltenen Fällen in Holzfässern gelagert werden.

Die verwendeten Rohstoffe für den Neutralalkohol sowie die Wahl der Botanicals, des Wassers und der angewandten Herstellungsverfahren liegen ganz im Ermessen der Hersteller und bilden gleichzeitig das sprichwörtliche Betriebsgeheimnis.

Rechtliche Grundlagen

Zum Abschluss sei noch der Gesetzestext angefügt, der dem Gin je nach Herstellungsverfahren eine entsprechende Bezeichnung zuordnet, Mindest- und Maximalwerte des Alkoholgehalts vorgibt, Zutatenmengen regelt und Qualitätsmerkmale festlegt. Das Amtsblatt der Europäischen Union hatte im Februar 2008 Richtlinien zum Gin geschaffen und im Februar 2014 Erweiterungen erlassen, die für Gin und destillierten Gin durch die Festlegung von Höchstmengen für den Zusatz von Zucker bzw. anderen süßenden Inhaltsstoffen die bislang eher willkürlich verwendete Namens­ergänzung «dry» einschränken.

Gin (20)

a) Gin ist eine Spirituose mit Wacholdergeschmack, die durch Aromatisieren von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, der entsprechende sensorische Eigenschaften aufweist, mit Wacholderbeeren (Juniperus communis L.) gewonnen wird.

b) Der Mindestalkoholgehalt von Gin beträgt 37,5% Vol.

c) Bei der Herstellung von Gin dürfen nur natürliche und/oder natu­r­identische Aromastoffe gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b ­Ziffern i und ii der Richtlinie 88/388/EWG und/oder Aromaextrakte gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c der genannten Richtlinie verwendet werden, wobei der Wacholdergeschmack vorherrschend bleiben muss.

d) Die Bezeichnung «Gin» kann durch den Begriff «dry» ergänzt werden, wenn der Gehalt der Spirituose an zugesetzten süßenden Erzeugnissen nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses beträgt.

Destillierter Gin (21)

a) Destillierter Gin ist

i) eine Spirituose mit Wacholdergeschmack, die ausschließlich durch erneute Destillation von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs von angemessener Qualität und mit entsprechenden sensorischen Eigenschaften und einem ursprünglichen Alkoholgehalt von mindestens 96% Vol in Destillierapparaten, die herkömmlicherweise für Gin verwendet werden, unter Zusatz von Wacholderbeeren (Juniperus communis L.) und anderen pflanzlichen Stoffen hergestellt wird, wobei der Wacholder­geschmack vorherrschend bleiben muss, oder

ii) eine Mischung der Erzeugnisse aus dieser Destillation mit Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs der gleichen Zusammensetzung, Reinheit und gleichem Alkoholgehalt; zur Aromatisierung von destilliertem Gin können auch natürliche und/oder natur­identische Aromastoffe und/oder Aroma­extrakte gemäß Kategorie 20 Buchstabe c verwendet werden.

b) Der Mindestalkoholgehalt von destilliertem Gin beträgt 37,5% Vol.

c) Gin, der durch den einfachen Zusatz von Essenzen oder Aroma­stoffen zu Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs gewonnen wird, darf nicht die Bezeichnung destillierter Gin tragen.

d) Die Bezeichnung «Destillierter Gin» kann durch den Begriff «dry» ergänzt werden, wenn der Gehalt der Spirituose an zugesetzten süßenden Erzeugnissen nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses beträgt.

London Gin (22)

a) London Gin gehört zur Spirituosenart Destillierter Gin:

i) Er wird ausschließlich aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs gewonnen und weist einen Methanolgehalt von höchstens 5 g/hl r. A. auf; sein Aroma wird ausschließlich durch die erneute Destillation von Ethylalkohol in herkömm­lichen Destilliergeräten unter Zusetzung aller verwendeten pflanzlichen Stoffe gewonnen;

ii) der Mindestalkoholgehalt des hieraus gewonnenen Destillats ­beträgt 70% Vol;

iii) jeder weitere zugesetzte Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs muss den in Anhang I Nummer 1 aufgeführten Merkmalen entsprechen, allerdings mit einem Methanol­gehalt von höchstens 5 g/hl r. A.;

iv) sein Gehalt an zugesetzten süßenden Erzeugnissen darf nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses betragen, und er enthält keine zugesetzten Farbstoffe;

v) er enthält keine anderen zugesetzten Zutaten außer Wasser.

b) Der Mindestalkoholgehalt von London Gin beträgt 37,5% Vol.

c) Die Bezeichnung London Gin kann durch den Begriff «dry» ergänzt werden.

Gin-Marken

In diesem Abschnitt können bei Weitem nicht alle Gins vorgestellt werden, die es weltweit gibt. Durch die rasant angestiegene Popularität des Gins waren im Jahr 2010 über 30 neue Marken von europäischen Herstellern herausgebracht worden. Und seit 2012 sind allein auf dem deutschen Markt ca. 30 neue Marken erschienen. Bei dieser starken Dynamik auf dem aktuellen Stand bleiben zu wollen, kann ein Buch nicht leisten, weshalb es durch unsere Website www.gin-buch.de mit fortlaufenden Neuerscheinungen ergänzt wird.

Dennoch umfasst die Kollektion dieses Buches eine repräsentable Anzahl an Marken, die die stark erweiterte Riege an international etablierten Gins, interessante Neuheiten und ein paar «exotische Lokalmatadore» umfasst. Dabei wird größtenteils mit den Angaben des jeweiligen Herstellers gearbeitet. Die einzelnen Artikel enthalten mitunter auch Geschmacksbeschreibungen, die jedoch keine Bewertungen der Autoren repräsentieren. Des Weiteren werden die Gins auch nicht nach Qualität klassifiziert. Jeder Hersteller und Brandmeister hat die Zutaten für seine Produkte sorgfältig ausgewählt und dabei seine Qualitätsstandards selbst definiert. Der Leser sollte das als Ermutigung auffassen, selbst die ­ansprechendsten Sorten auszuprobieren und sich ein eigenes Bild zu machen, denn wie heißt es so schön? Erlaubt ist, was schmeckt! Dazu mehr in einem späteren Kapitel.

Erwähnt sei noch ein Gin-Stil, der sich über das letzte Jahrzehnt unter dem Begriff «New Western Dry Gin» eingebürgert hat. Dieser Stil definiert sich durch eine Verschiebung der Balance der Botanicals. Die üblicherweise weithin regierende Dominanz der Wacholderbeere wird einer Vielfalt von teils extravaganten Geschmacksträgern gleichgestellt.

Zudem sei ein Gin-Stil angeführt, der gelegentlich unter «Coloured Gin» (gefärbter Gin) firmiert. Dem fertigen Gin-Destillat wird in einem abschließenden Herstellungsschritt ein bestimmtes Botanical zum Mazerieren hinzugefügt. Dadurch erhält der Gin eine Färbung und letzte Aromatisierung. Durch diesen zusätzlichen Arbeitsgang mit dem eigentlich schon fertigen Produkt dürfen solche Gins laut Gesetz nicht «London Dry Gin» auf dem Etikett tragen und werden deshalb nur als «Gin» oder «Dry Gin» ausgewiesen.

Gin - Alles über Spirituosen mit Wacholder

Подняться наверх