Читать книгу Euling & Kamosch - Karsten-Thilo Raab - Страница 12
ОглавлениеWach-Schock
Erst sind mir die Augen zugefallen, dann aufgegangen und schließlich rieb ich sie mir leicht verwundert. Doch der Reihe nach. Irgendwie muss mich der Schlaf übermannt haben, während ich vor dem Schlafengehen noch schnell ein bisschen TV glotzen wollte. Doch das Programm war irgendwie zum Gähnen und mir fehlte offensichtlich die Kraft, mich vom Sofa zu erheben und ins muckelig warme Bett zu schleppen.
Als ich dann mit schmerzendem Nacken aufwachte, sah ich sie, diese leicht bis teilweise unbekleidete Dame, die sich auf meinem Bildschirm räkelte. Es schien ihr nichts auszumachen, dass ich sie mit meinem Schlafzimmerblick ins Visier nahm. Im Gegenteil.
Der Dame schien zu gefallen, was sie sah. Vielleicht fand sie mich wirklich attraktiv, vielleicht war es auch nur die nächtliche Sehnsucht, die diese zugegebenermaßen nicht unattraktive Dame umtrieb.
Auf jeden Fall forderte sie mich auf, sie doch mal anzurufen. Und da der Dame wohl bekannt war, dass ich mir nur schwer Telefonnummer merken kann, ließ sie wie von Geisterhand beflügelt ihre Telefonnummer über den Bildschirmrand flimmern.
Doch ich musste die holde Schönheit enttäuschen. Wer vor lauter Erschöpfung noch nicht einmal die Kraft hat, sich ins eigene Bett zu schleppen, der hat ganz sicher nicht die Kraft, aufzustehen, das Telefon zu suchen und irgendwelche Nummern einzutippen.
Abgesehen davon, wüsste ich gar nicht, was ich so einer wildfremden Dame erzählen sollte. Noch dazu zu so vorgerückter Stunde. Nachher denkt sie noch, ich sei ein ganz schlimmer Finger. Außerdem gibt es Nachttarife nur für die Waschmaschine und nicht fürs Telefon.
Wer dennoch zum Hörer greift, kommt vermutlich wie die Dame am Bildschirm nicht mehr aus dem Stöhnen raus – allerdings mehr wegen der hohen Telefonrechnung. Und alles nur, weil man(n) kurz auf dem Sofa eingenickt war.