Читать книгу Euling & Kamosch - Karsten-Thilo Raab - Страница 21
ОглавлениеRapunzel-Mangel
Wo sind denn all diese Rapunzels? Eigentlich müsste aus den nicht vorhandenen Türmen aller Häuser eine holde Schönheit ihr langes, wallendes Haar herabhängen lassen. Doch ein Blick durch Deutschland Straßen zeigt, hier mangelt es nicht nur an Türmchen, sondern auch an der herunterhängenden Haarpracht. Von den holden Schönheiten ganz zu schweigen. Aber dies ist ein ganz anderes Thema und vor allem auch Geschmackssache.
Doch zurück zur Haarpracht. Eigentlich müssten allerorten Zeitgenossen mit langer Löwenmähne anzutreffen sein. Während man vereinzelt Frauen mit Haaren, die zumindest bis in die Gesäßgegend reichen, antrifft, ist bei den Vertretern der männlichen Zunft eher eine größer werdende Freifläche zwischen Stirn und Nackenfalte zu beobachten. Dabei wächst dem Menschen gemäß Berechnungen von Statistikern im Laufe seines Lebens durchschnittlich 950 Kilometer Haar. Das ist mehr als die Luftlinie zwischen Flensburg und Passau.
Vermutlich weil 950 Kilometer Haar auch ein riesiges Gewicht hätte und sicherlich alles andere als pflegeleicht wäre, gebieten viele dem Wildwuchs mit der Schere Einhalt. Würde man die Haarmenge übereinanderlegen, entstünde ein kleiner Berg, der dann wohl den Namen Haarstrang erhalten würde. Was zugegeben, etwas an den Haaren herbeigezogen ist, zumal der gleichnamige Höhenzug am südlichen Rand der Westfälischen Bucht dicht bewaldet ist und bis zu 391 Meter hoch aufragt.
In früheren Zeiten hätte man aus dem 950 Kilo-meter langen Haar prima in der Seilerei ein dickes Tau hergestellt. Ob dieses sonderlich stabil gewesen wäre, darüber lässt sich allenfalls spekulieren. Fakt ist, wenn dieses aus irgendeinem Grund zerfetzt wäre, müsste man wohl von einem Haarriss sprechen.
Andererseits, wenn es gelingen würde, mit dem Schopfe Dinge von A nach B zu bewegen, wären diese im wahrsten Sinne des Wortes an den Haaren herbeigezogen.
Und dies ist etwas, was die wachsende Zahl an Kojaks unter der männlichen Bevölkerung, also die Herren mit weniger Haaren als Ohren, partout nicht nachvollziehen kann. Ebenso wie die Frage, wann und wo sie ihre 950 Kilometer eingebüßt haben?