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Ich habe kein Wahlrecht

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Es gibt Kinder, die können selbst bestimmen, wann sie zur Welt kommen. Habe ich von denen da draußen gehört. Sie haben sich laut darüber unterhalten. Und da ist es nur natürlich, dass ich das auch will. Die Frage erübrigt sich also.

Und doch läuft bei mir mal wieder nichts reibungslos. Sie wollen es mir verbieten und mir offensichtlich das Recht auf Mitsprache verweigern. Warum? Das ist mir noch nicht ganz klar. Allerdings habe ich da eine Vermutung. Sie haben keine Hobbys und ihr einziges Vergnügen besteht aus reiner Schikane. Vielleicht ist auch die Schikane deren Hobby. So oder so. Jedes Mal, wenn ich auf die treffe, wollen sie mich bespitzeln oder aus meiner Wohnung rauswerfen. So etwas ist doch nicht normal.

In letzter Zeit attackieren sie mich sogar mit Stinkbomben, aber dazu komme ich gleich.

Ich nehme an, die treffen ihre Auswahl rein zufällig, nur dummerweise fiel sie dabei diesmal auf mich. Anders kann ich mir diesen Zirkus nicht erklären.

»Das ist Mobbing. Nicht mit mir«, brülle ich und kann es kaum fassen. »Dafür habt ihr euch den Falschen ausgesucht. Verpisst euch oder ich nehme mir ’nen Anwalt. Dann verklage ich euch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.« Doch mein Mund ist voll mit Fruchtwasser und so blubbere ich nur.

Ich glaube ganz fest daran. Denn ich bin der Meinung, auch ich habe Rechte. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, alles zu tun, damit sie mich nicht zwischen ihre Finger bekommen. Wie ich jedoch weiterhin feststellen muss, ist das nicht so einfach.

Die Mama geht ziemlich oft in so ein Haus. Sie nennt es Geburtshaus und findet es da gemütlich. Das sagt sie zumindest andauernd. Sie trifft sich dort immer mit einer anderen Frau. Der Name von ihr ist Hebamme und manchmal heißt sie Hanni. Mama hat aber auch schon Hebamme-Hanni zu ihr gesagt. Keine Ahnung, wie die nun tatsächlich heißt. Jedenfalls finde ich sie sympathisch. Und das liegt nicht nur an ihrer Stimme, sondern sie steht auf meiner Seite – als Einzige!

Bei meiner Mama war das nur in den vergangenen neun Monaten so gewesen. Sie hat gemacht, was sie wollte, und sich von niemandem reinreden lassen. Da war sie noch schwer in Ordnung. Jetzt ist das nicht mehr so. Sie hat sich verändert und macht nur noch das, was andere ihr sagen. Manchmal denke ich, sie ist ein Feigling.

Die Hebamme, Hanni oder Hebamme-Hanni ist da ganz anders. Sie hat eine feste Meinung und bleibt auch dabei. Wenn es nach ihr ginge, dürfte ich sogar das Wahlrecht für mich beanspruchen. So wie es sich gehört. Sie will, dass ich meine Wohnung erst verlasse, wenn ich so weit bin. Zwar gibt sie meiner Mama ’ne Menge Ratschläge, wie sie mich eher herauslocken kann, doch ich denke, das ist lediglich eine Art Ablenkungsmanöver.

Seither befolgt meine Mama die Tipps von der Hebamme, Hanni, Hebamme-Hanni oder wie auch immer die heißt. Logisch. Doch was sie dabei veranstaltet, ist alles andere als angenehm, bis auf das warme Badewasser. Ich liebe Wasser.

Mama schluckt nun ständig so ein Zeug. Das sind voll die Stinkbomben. Wenn die in meine Wohnung knallen, müffelt und schmeckt einfach alles nur eklig.

Mist. Wenn man vom Teufel spricht … Und zack, gerade rutscht der nächste stinkende Haufen von oben in meine Hütte.

»Himmel, nein!«, gurgele ich und schlucke davon versehentlich eine ordentliche Ladung.

Pfui Spinne. Mir wird schlecht. Schon wieder dieses abscheuliche Gesöff. Mein schönes fruchtiges Wasser schmeckt jetzt komplett nach diesem Zeug. Gleich muss ich würgen. Nichts wie raus aus der Bude, und zwar schnell. Das halte ich keine Sekunde länger aus. Was ich mir hier gefallen lassen muss, ist echt filmreif, und das bei den heutigen Mietpreisen.

Nee, stopp mal, ich zahle ja gar keine Miete. Egal, solange die das nicht merken, ihr Pech. Ist eh zu spät, ich hau ab. Bloß weg hier. Und Tschüss.

Ha, der Ausgang, da ist er ja. Da unten bei der Riesenrutsche. So, ab geht er, auf Nimmerwiedersehen. Und los.

Halt, Moment. Nicht so schnell, Baby-Schatz. Denk erst mal nach. Das ist doch genau das, was die wollen. Ich soll raus aus meinem Apartment. Ich glaube, die versuchen mich eiskalt auszutricksen. Bestimmt lauern die am Ausgang der Riesenrutsche auf mich. Oje, was wenn die mich verhaften wollen? Vielleicht soll ich gar nicht ausziehen, weil ich nicht mehr trainiere, sondern weil ich bis jetzt noch keine Miete bezahlt habe.

Ach du heiliger Furz, schießt es mir durch Kopf und Gedärm und zischt am hinteren Ende meines zarten Körpers mit leisem Pfiff und dezenter Duftnote wieder heraus.

Na denen werde ich einen schönen Strich durch die Rechnung machen. Damit kommen die nicht durch. Mit ihren radikalen Methoden werden sie keinen Erfolg haben, dafür sorge ich. Ab sofort reiße ich mich zusammen und bleibe, wo ich bin. Egal, wie viele Stinkbomben sie nach mir werfen. Wir werden ja sehen, wer länger durchhält.

Ich glaube, meine Mama ist ein Fakir. Vielleicht gehört sie auch einer Sekte an, aber das finde ich noch heraus. Sie ist zusammen mit Papa gerade bei einem Treffen. Die sitzen dort alle im Kreis auf dem Boden. Frauen und Männer, Mama neben Papa. Die haben jede Menge echte Nadeln im Körper stecken. Mann, ist das krank. Aber nur die Frauen, die Männer sind wahrscheinlich zu feige. Wird Zeit, dass ein richtiger Kerl wie ich herzukommt. Seitdem sitzen sie steif da und meditieren, sieht zumindest so aus, eben wie bei ’ner Sekte.

Verrückte Welt. Möchte mal wissen, warum meine Mama das mitmacht. Ha, ich hab’s. Die steht womöglich drauf.

Sollte ich mich irgendwann doch entschließen, meine Wohnung zu verlassen, das kann allerdings noch eine Weile dauern, werde ich das mal ausprobieren und sie ordentlich kneifen. Vielleicht bringt mir das ein paar Pluspunkte.


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