Читать книгу Und über uns das Licht - Katharina Groth, Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 11

Corvin

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»Du möchtest mich umbringen!«

»Da rein!« Cas stieß mich so heftig an, dass ich grob gegen die Wand prallte und dann in den schmalen Durchgang zu einem der Versorgungsdecks taumelte. Keine Sekunde zu früh. Im nächsten Moment sprintete eines der Sicherheitsteams in der roten Sicherheitsbeleuchtung an unserem Versteck vorbei, das im Halbdunkeln lag. Schwer atmend stützte ich mich auf den Oberschenkeln ab, wobei meinem Mund ein Auflachen entkam. Mein Körper kribbelte.

»Findest du das lustig, Mann?«, fragte Cas und spähte gehetzt um die Ecke auf den Gang. Auch wenn er versuchte, ernst zu schauen, erkannte ich dennoch das begeisterte Funkeln in seinen Augen, als er mich wieder ansah. Er stand genauso darauf wie ich, das konnte er, so oft er wollte abstreiten.

»Ist doch alles gut gegangen«, sagte ich und lehnte mich rücklings gegen die Wand.

»Gut gegangen«, wiederholte Cas genervt. »Sicher. Alles bestens. Du hast nur wieder einmal dafür gesorgt, dass der Computer sich neu bootet, sämtliche Sicherheitseinheiten alarmiert und ... ach scheiße.«

Ich grinste und spürte, wie Adrenalin durch meinen Körper pumpte. Als wäre ich nach der Offenbarung meines Vaters zum ersten Mal wieder lebendig und nicht bloß eine agierende Hülle. »Es hat uns keiner erwischt.«

»Ja, aber das ist nicht deiner ...« Er verstummte, als abermals die Geräusche von schweren Stiefeln erklangen und eine weitere Gruppe Sicherheitsleute an uns vorbeieilte. Cas fuhr sich durch das Haar und atmete angestrengt aus. »Ich wollte sagen, dass das nicht dir zu verdanken ist. Sie haben uns getaggt.«

»Ab diesem Zeitpunkt vergehen meistens noch fünf Minuten. Fünf Minuten, die ich nutzen musste, wenn ich denn schon mal im System bin.«

Cas stieß einen fiepsenden Laut aus, der ein wenig so klang wie Elizabeth, wenn man ihr sagte, dass eine wichtige Veranstaltung anstand. »Ich werd zu alt für den Dreck.«

»Du bist zwanzig«, gab ich kopfschüttelnd zurück.

Im gleichen Moment teilte Atlantis monoton mit: »Normalzustand wiederhergestellt.«

»Na also.« Ich grinste. »Alles halb so schlimm.«

»Du möchtest mich umbringen. Ich bin der festen Überzeugung, dass das dein Wunsch ist.« Cas verzog das Gesicht. »Auf meiner Entsorgungskapsel wird stehen: gestorben aufgrund der Leichtsinnigkeit seines besten Freundes.«

Ich klopfte ihm feixend auf die Schulter. »Besser als: gestorben an Langeweile.«

Ich trat hinaus auf den Gang und fühlte mich beschwingt wie schon lange nicht mehr. Wir hatten uns auf Etage 4 geflüchtet, in der sich ausschließlich kleine Forschungslabore befanden. Eine graue Tür reihte sich an die nächste, waren lediglich durch die Nummer, die digital darauf angezeigt wurde, voneinander zu unterscheiden. Am Ende des Ganges gelangte man zu einem Fahrstuhl, der einen in die oberen Stockwerke führte. Ich legte meine Hand auf das glatte Material, bis die Tür sich öffnete. »Fahrstuhltür offen«, teilte Atlantis mir mit, nur um kurz darauf verlauten zu lassen: »Fahrstuhltür geschlossen.«

»Atlantis, Erdgeschoss bitte«, sagte ich und grinste Cas breit an, der noch immer unglücklich und gehetzt aussah.

Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.

»Will ich eigentlich wissen, was genau du da versucht hast?«, fragte er.

»Vermutlich besser nicht.«

»Komm schon, im Fahrstuhl gibt es keine Überwachung.« Cas hob eine Augenbraue. »Du warst in Elizabeth Krankenakte.«

»Japp.« Ich schmunzelte.

»Und hast darin rumgespielt.«

»Nope.«

»Sondern?«

»Ich habe es versucht.«

Nun schien Cas vollkommen verwirrt zu sein. »Du hast es versucht, es hat nicht geklappt und du grinst mich an, als hättest du sämtliche Nahrungsmittelsondereinheiten aus Atlantis gebunkert?«

»Japp.«

»Erdgeschoss. Ich wünsche einen angenehmen Tag.«

»Fahrstuhltüren offen.«

»Fahrstuhltüren geschlossen.«

Über die weiß geflieste Lobby gelangten wir nach draußen. Zwischen den Gebäuden gab es Wege, die mit weißen Bodenplatten belegt waren. Alles wirkte so sauber und perfekt wie beinahe überall in der Station. Jede Kuppel beherbergte eine kleine Stadt, die sich rein äußerlich wie ein Ei dem anderen ähnelten. Mehrstöckige Häuser ragten weit bis unter die Kuppeldecke und die künstliche Beleuchtung über uns spiegelte sich in den glänzenden Fassaden der Häuser. Ich hatte gelesen, dass sich die Priomerglasplatten, mit denen die Gebäude verkleidet worden waren, zur Zeit der Erschaffung von Atlantis besonders leicht an den Meeresgrund hatten transportieren lassen. Das Material war widerstandsfähig, ließ keinen Schall durch und man konnte es sehr leicht verarbeiten.

Wir steuerten den Bereich am Rand der Kuppel an, der zu den Häfen führte. Dort herrschte reges Treiben. Grün gekleidete Forscher und Med-Ops, so weit das Auge reichte. Vermutlich stand gerade ein Schichtwechsel kurz bevor. Kreuz und quer durch die Halle eilten zahlreiche Arbeiter, bepackt mit allerlei Kram, die sie in den Transportschiffen verstauen würden. Ein Wartungsteam tauschte eine beschädigte Bodenplatte aus und zahlreiche Sicherheitsleute liefen Patrouille, was bestimmt meinem kleinen Eingriff zu verdanken war.

Während wir an zwei Mädchen vorbeigingen, die vielleicht etwas jünger als wir waren, blieben ihre Blicke auf mir haften. Ich hasste dieses Gestarre. Als würden sie jemanden in mir sehen, der ich eigentlich gar nicht war. Dennoch setzte ich ein Lächeln auf, nickte ihnen zu und erntete ein nervöses Kichern.

»Mann, manchmal hätte ich echt gern deinen Status. Nur für einen Tag«, sagte Cas und verrenkte sich den Hals, während er die beiden musterte.

»Gern. Am liebsten auch mehrere Tage. Oder wie wärs für immer?«

Cas grinste. »Nicht übermütig werden.«

Ich verdrehte die Augen. »Ob die beiden mir noch so hinterherstarren würden, wenn sie wüssten, dass ich für den Stromausfall letzte Woche verantwortlich war?«

»Vermutlich nicht.« Cas lachte auf. »Oder erst recht. Der widerspenstige Anführer, der gezähmt werden will. Das ist doch mal Stoff für die Atlantis-Stories. Zumindest welcher, der auch der Wahrheit entspricht.«

Ich knirschte mit den Zähnen. Die Atlantis-Stories waren die Groschenromane und zeitgleich Klatschzeitungen unserer Zeit. Eine Gruppe Autoren saß irgendwo zusammen und vermengte die Realität von Atlantis mit einer ordentlichen Prise Fantasie. In ihrer Vorstellung war ich ein Musterbürger, der nach den Wünschen seines Vaters lebte, charmant und zuvorkommend war. Mir stieg schon Galle den Hals hinauf, wenn ich nur daran dachte. Doch die Stories fanden reißenden Absatz und wurden von beinahe achtzig Prozent der Bewohner konsumiert wie die Weihnachtsmenüs an Heilig Abend.

»Sorry, falsches Thema«, stieß Cas hervor. »Konzentrieren wir uns lieber darauf, dass wir zurück in Kuppel 1 kommen.«

Wir verließen den Vorplatz vom Haupthafen und gelangten in einen abgesperrten Bereich, der der Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Nur die wenigsten Bewohner von Atlantis besaßen ein eigenes U-Boot und somit war der Privathafen auch die meiste Zeit ziemlich ausgestorben. Auch wenn ich es verabscheute, einen Sonderstatus zu genießen, war es dennoch praktisch, dass dies keine Wartezeiten für mich bedeutete.

Die Sicherheitsleute, die den Durchgangsbereich bewachten, nickten uns nur knapp zu und ließen uns passieren, als Cas sein Tablet mit der Sondergenehmigung hochhielt. Genau das ersparte uns den Retinascan oder das Vorzeigen eines Sicherheitsarmbandes, bei dem man sicherlich festgestellt hätte, dass ich eigentlich gar nicht hier sein durfte. Dass meine Aufenthaltserlaubnis erneut eingeschränkt worden und das Ding längst abgelaufen war, schien bis hierhin noch nicht durchgedrungen zu sein. Auch nicht, dass ich derjenige war, nach dem gesucht wurde.

Wir verharrten einen kurzen Moment in der Druckluftkammer, ehe wir das Signal bekamen, den privaten Hafen betreten zu können.

»Und auch hier habe ich gesagt, dass das klappen wird«, erinnerte ich, nachdem wir den Hauptsteg erreichten und auf mein Schiff zusteuerten. Es war tiefschwarz und mit goldenen Verzierungen versehen. Etwas kitschig, aber darüber konnte ich bei der Leistung des Schiffs hinwegsehen.

Cas stieß einen grummelnden Laut aus. »Weil du einfach ein Scheiß-Glück hast. Nichts weiter.«

Ich kramte die Start-Card für mein Schiff aus der Tasche, während wir über den Steg aus hellem Kunststoff liefen, der auf dem Wasser zu schweben schien. Wie immer schallte aus versteckten Lautsprechern leise Musik und die matte Beleuchtung gab dem Hafen eben jenen edlen Eindruck, den er vermitteln sollte.

»Verrätst du mir jetzt, was du gemacht hast?«, fragte Cas, als wir in mein Schiff eingestiegen waren und ich mich auf den Fahrersitz fallen ließ.

»Ich habe nur Informationen gesammelt«, erwiderte ich.

»Welche Informationen?«

»Sie ist noch für keine Schwangerschaft vorgesehen«, erwiderte ich.

»Elizabeth?«

»Wer sonst?«

»Ihr seid ja auch noch nicht verheiratet«, gab Cas zu bedenken.

»Darum geht es nicht. Mein Vater hat gesagt, dass er bereits im nächsten Jahr die Nachwuchsplanung angehen möchte. Das ist so gar nicht möglich, dafür müssen ihre Eltern sie eintragen, schon bevor wir liiert sind.«

»Und das macht dir jetzt so gute Laune?«

Das tat es. Denn das wiederum bedeutete vor allem eins: Zeit. Ich bekäme Zeit, in der ich eine Lösung für das Problem suchen könnte. Denn darin war ich gut, wenn auch nicht immer unbedingt erfolgreich. Statt zu antworten, startete ich den Motor meines Schiffs, der ein erwartungsvolles Blubbern ausstieß.

»Bekomme ich eine Antwort?«

Ich tat konzentriert, während ich das U-Boot wendete und in die richtige Position brachte. Wir glitten auf die Plasmawand zu, die sich perfekt in die Plastikoberfläche der Kuppel fügte. Man erkannte das Energiefeld, das das Wasser draußen hielt, nicht als solches. Ich hatte von Theorien gehört, sämtliche Kuppeln aus dem Plasma bilden zu lassen. Bisher fehlte es an einer Möglichkeit, die Energie für die großflächigen Plasmafelder aufzuwenden, aber die wissenschaftliche Abteilung war dran und ein Großteil von ihnen sah die Zukunft in den Plasmaabschottungen.

»Erbitte Freigabe für Shuttle-Reise, Atlantis«, gab ich dem Computer durch, als wir kurz vor dem Durchgang verharrten.

»Welches Ziel?«

»Kuppel 1.«

»Genehmigt. Bitte fahren sie durch das Plasmafeld, Corvin.«

Ich ließ den Motor erneut blubbernd aufheulen und steuerte auf die Kuppelwand zu. Das U-Boot schob sich durch die Plasmagrenze und tauchte in die Dunkelheit der Tiefsee ein. Trotz des Druckausgleichs gab es immer noch ein leichtes Ploppen in den Ohren und das druckschutzsichere Heroniumplastik der U-Boot-Außenhülle knirschte leicht. Vollkommen ungefährlich und dennoch jedes Mal ein Zeichen dafür, was für Druckverhältnisse hier unten herrschten. Das Licht des Shuttles schaltete sich rundum ein und erhellte den Bereich um das U-Boot. Rechts von uns erhob sich die Schluchtwand, in dessen dunkles Gestein die Kuppeln von Atlantis gesetzt worden waren. Im Inneren leuchteten die Teile der Station zu uns herüber. Die Strahler, die in den schwarzen Fels gesetzt worden waren, erhellten die Umgebung und schufen ein wenig Helligkeit an einem Ort, an dem es sonst nur absolute Finsternis gab. Hier und da war ein Shuttle unterwegs, das von einer Kuppel zur anderen glitt. Der Motor rauschte hier draußen nur noch kaum hörbar, saugte Meerwasser an und verarbeitete es zu Antriebsenergie.

Der Weg bis zu Kuppel 1 war nicht weit und so steuerte ich bereits nach zehn Minuten den Hafen an. Cas schwieg die gesamte Zeit. Vielleicht war er beleidigt, weil ich ihm nicht geantwortet hatte.

»Wir sollten ...«, begann ich, als wir das Schiff in der Haltebucht am Steg abgestellt hatten und ausstiegen, kam jedoch nicht weiter.

»Corvin.«

Insgesamt sechs Sicherheitsleute erwarteten uns. Sie standen unmittelbar vor dem Ausgang des Hafens und versperrten uns den Weg.

»Wir sollen dich zu deinem Vater bringen.«

Kurz warf ich einen Blick zurück über die Schulter, doch Cas schüttelte langsam den Kopf. Man musste sich eingestehen, wenn man verloren hatte.

Die Gestalt meines Vaters wirkte trotz allem beeindruckend auf mich. Er trug wie immer seine weiße Kluft, die seinen trainierten Körper einhüllte und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Mit seiner beachtlichen Größe von beinahe zwei Metern wirkte er immer, als würde er über den Dingen schweben. Er war schon immer eine Erscheinung für sich gewesen. Und seitdem meine Mutter nicht mehr bei uns war und sich nicht einmal an den guten Tagen ein Lächeln in sein Gesicht schlich, machte er sogar einen noch einschüchternden Eindruck. Das änderte sich auch nicht durch die Tatsache, dass seine Koteletten sich langsam gräulich verfärbten und Sorgenfalten sein Gesicht furchten.

»Ich weiß mir langsam nicht mehr zu helfen. Was soll ich tun, damit du mich nicht ständig in solche Situationen bringst?«, fragte er leise und ließ sich mir gegenüber auf der Couch nieder. Wir befanden uns in unserem Wohntrakt, der geräumig war und dennoch mein ganz persönliches Gefängnis. Die Einrichtung war vollständig in Schwarz und Weiß gehalten. Einzig die Bilder von Mom brachten ein paar Nuancen in die Tristesse. Niemand hatte es wie sie geschafft, die Farben der Leuchtfische so perfekt einzufangen und auf eine Leinwand zu bannen. Sechs dieser Stücke zierten die Wohnzimmerwand und waren wie Erinnerungen an eine Zeit, die nicht mehr zurückkommen würde. Wie ein letzter Gruß meiner Mutter, der es immer gelungen war, Worte in Farbe zu verwandeln.

»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, beharrte ich stur und versuchte, den Blick meines Vaters zu erwidern.

»Reicht dir das hier nicht? Ist es nicht ausreichend, dass wir so leben dürfen?« Er vollführte eine allumfassende Geste. Unser Apartment war das größte in ganz Atlantis und reichte über eine ganze Etage im höchsten Gebäude von Kuppel 1. Wir besaßen vier Zimmer; ein Büro, das Schlafzimmer meiner Eltern, mein Zimmer und das geräumige Wohn- und Esszimmer. Niemand in der Station beanspruchte so viel Lebensraum für sich. Etwas, worauf ich ohne Umschweife verzichten würde, wenn ich stattdessen ein normales Leben führen dürfte. Doch das sagte ich ihm nicht, denn ich wusste, er würde es ohnehin nicht verstehen. Für ihn war das hier die Erfüllung, für mich ein nicht enden wollender Albtraum.

»Ich habe dich gebeten. Ich habe dir Regeln auferlegt. Ich habe dir gedroht«, zählte er auf, während er mich ernst anblickte. »Was kann ich noch tun, was nicht gegen die Regeln von Atlantis verstößt?« Er hatte eine ruhige Stimme, das war schon immer so gewesen. Mein Vater war kein Mann, der laut werden musste, um zu zeigen, dass er überlegen war.

Er sah mich abwartend an und ich schwieg. So verliefen unsere Gespräche zumeist. Bis mein Vater entweder keine Lust oder keine Zeit mehr hatte, dass ich ihn schweigend ansah und seine Fragen unbeantwortet ließ. Oder knapp und ausweichend reagierte. Es war die beste Taktik, da streiten schon lange keinen Sinn mehr machte.

»Du hast versucht, die Gesundheitsdateien zu manipulieren?«, fragte er, griff nach seinem Tablet und runzelte die Stirn. »Die deiner zukünftigen Frau? Was wolltest du tun?«

Nichts. Ich sagte gar nichts.

Sein blasses Gesicht färbte sich leicht rötlich, die Lippen wurden schmal. »Antworte.« Das Wort klang wie eine Beleidigung, so voller Abscheu spuckte er es aus.

»Ich habe nichts gemacht«, log ich.

Mein Vater sprang auf und kurz fürchtete ich, dass er mir eine verpassen würde, doch stattdessen feuerte er das Tablet vor mir auf den Glastisch.

»Atlantis, Video auf meinem Haus-Tablet abspielen«, forderte er und es klang mehr wie ein Grollen. Sein Gesicht hatte eine ungesunde rote Farbe angenommen.

»Video wird abgespielt.«

Ich beugte mich leicht nach vorn und entdeckte mich selbst. Mich an dem Gesundheitsterminal, irgendwo hinter mir Cas, der sich verunsichert umblickte. Ich war mir hundert Prozent sicher, dass ich die Kamera abgestellt hatte. Das war sogar eines der ersten Dinge gewesen, die ich getan hatte.

Ich lehnte mich mit verschränkten Armen zurück und funkelte meinen Vater gereizt an. »Ich habe keine Ahnung, was das soll.«

Worte, die meinen Vater sichtlich an den Rand der Selbstbeherrschung trieben. Doch das war mir egal. Nein, eigentlich war es das nicht. Es war eine Genugtuung. Die einzige Möglichkeit, nur eine Gefühlsregung bei ihm auszulösen, selbst wenn es Wut war, besser als gar nichts.

»Gestern das Manipulieren der Sicherheitsdienstdateien, letzte Woche der Stromausfall, vor drei Wochen die Ausgabe der Festessen an einem gewöhnlichen Wochentag. Von deinen übrigen Verfehlungen mal vollkommen abgesehen, scheinst du es sehr witzig zu finden, mich an meine Grenzen zu bringen.«

Mit Spaß hatte das wenig zu tun, doch nicht einmal das brachte ich über die Lippen. Die wenigen Momente, in denen ich mir erlaubte das zu tun, wonach mir der Sinn stand, waren wie Freiheit. Etwas, das mir nicht von ihm diktiert wurde. Der Beweis, dass mein Hirn zum Denken da war. Es mochte ihm albern vorkommen, doch für mich waren diese kurzen Momente überlebenswichtig geworden.

Er atmete aus und zitterte dabei leicht. »Ich werde deinen Unterricht in dein Zimmer verlegen lassen. Du verlierst alle Rechte, das Apartment zu verlassen.«

»Eingesperrt bin ich ohnehin schon«, gab ich genervt zurück.

»Außerdem werde ich Cas für eine Woche von seinem Dienst suspendieren.«

Damit hatte er mich kalt erwischt. »Was?«

Zufriedenheit funkelte in seinen Augen. »Du hast mich schon verstanden. Der einzige Moment, an dem du dein Apartment verlassen darfst, ist während der offiziellen Veranstaltungen, in Begleitung von mir oder Elizabeth. Nur, damit du nicht denkst, dass du aus allem jetzt fein raus bist.«

Ich starrte ihn an. »Du kannst Cas nicht dafür bestrafen, dass ich Mist baue.«

»Das mache ich auch nicht«, erwiderte er kühl, während sein Tablet mit einem Signalton eine ankommende Nachricht ankündete. »Ich bestrafe dich.«

Und über uns das Licht

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