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Stigmatisierung der Kinder, Schuldgefühle der Eltern
ОглавлениеEltern werden heute beständig mit Untergangsszenarien konfrontiert, die durch vermeintlich logische, tatsächlich aber haarsträubende Kausalketten hergeleitet werden. Von einem Kind, das sich protestierend auf den Boden wirft, weil es nicht einsehen will, dass seine Mutter ihm den Mund abwischt, ist es – glaubt man diesen Experten – nicht weit bis zu einem jugendlichen Arbeitslosen, der nicht fähig ist, eine Ausbildung anzufangen und zu beenden.
Nicht selten landen dann verunsicherte Eltern bei Kinderärzten, Psychiatern und Psychologen; die Kinder müssen sich Tests unterziehen, man stellt ihnen Diagnosen, sie werden therapiert und häufig medikamentiert. Ihre »Symptome« werden behandelt. Sie werden als auffällige, schwierige Kinder eingeordnet, ausschließlich mit ihren DEFIZITEN gesehen, aber nicht mit ihren Nöten verstanden.
»Glaubt man den Experten, so scheint eine ganze Generation unaufhaltsam auf die große Katastrophe zuzusteuern und eine gute Entwicklung von Kindern kaum noch möglich zu sein.«
So werden sie von einer Institution zur anderen herumgeschoben, ihr Gefühl, dass sie »anders« und »nicht richtig« sind, verstärkt sich, während ihre Eltern neue, klinische Vokabeln lernen wie »Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom«, kurz ADHS. Besorgte, entmutigte oder panische Eltern hocken zuhauf mit ihrem Nachwuchs, der von der Umwelt als »Problemkinder« eingestuft und damit stigmatisiert wird, in den Wartezimmern, lösen Rezepte für Ritalin ein und fühlen sich belastet und schuldig.