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Alte Pfade verlassen, neue Wege gehen

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Für dieses neue Verhältnis braucht es bestimmt kein Studium oder einen »Elternführerschein«, um auf die Bedürfnisse von Kindern eingehen zu können. Erforderlich wäre zunächst ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass Kinder nicht im herkömmlichen Sinne erzogen werden müssen. Dass Respekt und Gehorsam keine kindgerechten Kategorien sind. Dass Kinder stören dürfen. Genauso wie es auch einer GESELLSCHAFTLICHEN AKZEPTANZ bedurfte, dass Mann und Frau gleichberechtigt sind oder dass die sexuelle Orientierung kein Werturteil über Menschen bedingen darf.

Zwar haben sich gerade im Lauf der Zeit neue Tendenzen herausgebildet, haben sich die Formen und Modelle der Erziehung immer wieder gewandelt. Letztendlich jedoch ist es immer das eine geblieben: Erziehung. Die Modelle haben sich verändert, die grundsätzliche Haltung zu Kindern nur wenig.

Viel Input, wenig Handlungskonsequenz

Denker wie Jean-Jacques Rousseau, der sich bereits Mitte des 18. Jahrhunderts des Themas Erziehung angenommen hat, haben unser Wissen über »Kindheit« entscheidend erweitert. Johann Heinrich Pestalozzi an der Schwelle zum 19. Jahrhundert oder Maria Montessori in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts haben wesentliche Beiträge zu einer den Kindern zugewandten Pädagogik geleistet. Inspiriert unter anderem von Sigmund Freud haben Pädagogen, Psychologen und Psychoanalytiker die Fragen nach frühkindlichen Erfahrungen, Traumata und Prägungen zu ihrem Anliegen gemacht. Alice Miller, eine Gewährsfrau auch meiner Arbeit, beschrieb eindrucksvoll die vielen Hemmnisse und Hindernisse der Erwachsenen beim Verstehen von Kindern. Entwicklungspsychologen begreifen und beschreiben heute gut, was Kinder in welchen Stadien ihrer Entwicklung brauchen, wie ihre Bedürfnisse erkannt und beantwortet werden können. Viel angekommen in den Familien und in der allgemeinen gesellschaftlichen Diskussion darüber ist davon jedoch nicht.

Wenn wir uns also auf ein neues Ziel verständigen und Kindern ein gesundes Aufwachsen ermöglichen sowie eine KINDGERECHTE ENTWICKLUNG zugestehen wollen, dann, so bin ich überzeugt, müssen wir ganz neue Wege finden, um das zu gewährleisten. Ich weiß, dass eine solche Situation, ein scheinbares Vakuum, vorübergehend unsicher macht. Noch unsicherer, als wir ohnehin schon sind. Diese Situation bietet andererseits auch Chancen. Denn sie gibt Raum zum Nachdenken. In einer so beschleunigten Welt wie der heutigen, in der jedermann jederzeit auf neueste Informationen zurückgreifen kann, in der jedermann jederzeit möglichst schnelle, richtige und effiziente Entscheidungen treffen soll, können und dürfen wir uns an dieser Stelle Entschleunigung erlauben.

Ich erlebe Eltern immer wieder als sehr offen für Neues und glaube mit ihnen an die Möglichkeit einer grundlegenden Veränderung. Allerdings gibt es wenig, an dem wir uns orientieren können. Nur in einem scheinen wir uns sicher: Das Autoritäre, das uns geprägt hat, haben wir überwunden. Ob das tatsächlich so ist? Ich bin mir da nicht so sicher.

In meiner Arbeit mit Familien begegnen mir viele verschiedene Einstellungen und Erziehungsansätze – zwei unterschiedliche möchte ich näher beschreiben.

Du bist ok, so wie du bist

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