Читать книгу Du bist ok, so wie du bist - Katharina Saalfrank - Страница 30
Noch kein gesellschaftlicher Konsens
ОглавлениеMir begegnen Eltern, in deren Wertvorstellungen Gewalt fest verankert ist. Ich treffe auch auf Eltern, die ihre Kinder ab und zu schlagen, denen »die Hand ausrutscht«, denen »der Kragen platzt«. Und auch wenn manche hinterher von einem schlechten Gewissen geplagt werden, scheint das Bewusstsein für die Folgen von derartigen erzieherischen Maßnahmen wenig entwickelt. Zwischen »Nein, das sollte man nicht machen« und »Wieso nicht? Ein Klaps hat noch keinem geschadet« gibt es viele verschiedene persönliche Ansichten. Ganz so, als ob es Privatsache von Eltern wäre, ihr Kind zu schlagen.
Dabei ist die JURISTISCHE SACHLAGE klar. Kinder haben längst ein gesetzlich verbrieftes Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. § 1631 Abs. 2 BGB: »Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.« Dieser Paragraf wurde im Jahr 2000 novelliert; vorher hatte es im Gesetzestext weit weniger eindeutig und entschieden geheißen: »Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen, sind unzulässig.« Die Stärkung der Kinderrechte durch diese – wenn auch recht späte – Novellierung ist begrüßenswert. Doch die eigentlich notwendige staatliche und gesellschaftliche Kampagne, die hätte folgen müssen, blieb bis heute aus. Es scheint keine wirkliche Einigung auf einen neuen gesellschaftlichen Konsens zu geben – einer Verhaltensänderung muss immer eine Haltungsänderung vorausgehen. Diese Haltungsänderung hat gesamtgesellschaftlich (noch) nicht stattgefunden.