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Kapitel 2

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Die Limousine bog in das Rondell vor dem betagten Gebäude ab und verlor dabei an Geschwindigkeit. Highcomb ragte vor ihnen auf und warf seinen düsteren Schatten voraus – oder besser: eine Vorahnung, wie sich dieser Besuch gestalten sollte. Angus runzelte die Stirn und verbat sich die düsteren Gedanken. Zwar war jede Heimkehr mit einem schalen Geschmack begleitet, aber dieses Mal war ihm sogar noch unbehaglicher zumute.

Der Wagen blieb stehen, und Patricks Nervosität nahm Überhand. Sein Griff brach Angus’ Finger beinahe. Er atmete tief durch. „Das ist eine bescheuerte Idee.“

Seine Stimme trug seine Befürchtungen, was Angus einen Schauer über den Körper jagte, der zur Abwechslung mal unangenehm war. Dennoch hob er die Mundwinkel, drehte sich mit einem nicht ehrlichen, aber beruhigenden Lächeln zu seinem Liebsten um und erwiderte den Druck seiner Finger sanft.

„Schatz, es bedeutet mir unendlich viel, dass du mich begleitest.“ Und das war keinesfalls gelogen. „Meine sexuelle Orientierung ist allgemein bekannt, wenn auch nicht akzeptiert. Ich will dir keine falschen Hoffnungen machen, wir werden nicht mit offenen Armen begrüßt werden, aber dies hier ist meine Heimat.“

Die Tür wurde geöffnet. Anders als auf Garbh konnte man in Argyllshire häufiger mit Sonne rechnen, aber die Front von Highcomb lag in bedrohlichem Zwielicht. Angus zog Patrick bestimmend mit sich, als er aus der Limousine kletterte und dem Fahrer einen Dank zu murmelte. Da waren sie also. Er sog den Atem ein, ohne dass sich die Enge in seiner Brust lüftete.

„Das Anwesen ist seit zehn Generationen in Familienbesitz, auch wenn die Rotröcke zwischen 1730 und 1746 Teile davon als Stützpunkt ihrer Armee nutzten.“ Angus deutete auf den linken Flügel des Kartells. „Noch immer wird der Trakt als Gästequartier genutzt.“

Patricks Blick flog Angus’ Finger nach, wobei er grummelte: „Für unliebsame Gäste, will mir scheinen.“

Angus’ Herz machte einen Satz und er konnte ein Kichern nicht verhindern. Die Anspannung, in der er den ganzen Morgen verbracht hatte, schwand und es gelang ihm, mit üblicher Fröhlichkeit zu grinsen. „Aye. Als Amerikaner wird meine Mutter dir sicherlich ebenfalls ein lauschiges Plätzchen irgendwo in den Untiefen des Kellers zugedacht haben.“

Patricks himmlischer Mund verzog sich. Verdruss zerknitterte sein sonst so edles Gesicht. „Es wird ein Verlies sein …“

Wieder lachte Angus. Er legte seinem Freund den Arm um die Schulter und drückte ihn an seine Seite. „Keine Sorge, ich bin hier der Herr im Haus.“

Patrick blieb skeptisch, bemühte sich jedoch, es sich nicht ansehen zu lassen. Natürlich durchschaute Angus ihn mühelos. Dass der Geliebte seine Stimmung nicht halb so gut verbergen konnte, wie er offenbar annahm, war einer der Punkte, die Angus so an ihm liebte.

„Komm, stellen wir uns dem Drachen.“ Er schob Patrick vorwärts. Der Schotter zu seinen Füßen wühlte auf, bevor Patrick seine Steifheit verlor und einen Schritt machte. Seine Brust hob sich unter der unnötig dicken Jacke, schließlich hielt der Frühling Einzug und die Temperaturen schossen in die Höhe. Der Eingang lag ebenerdig, und so standen sie nach wenigen Schritten bereits vor verschlossener Tür. Als die Hausdame öffnete, schwang ihr Blick direkt um zu Patrick. Ihre Augen wurden groß.

„Miss McDuff“, grüßte Angus mit einem knappen Nicken. Sie machte den Weg frei.

„Mylaird, wir haben Sie erwartet. Ihre Gemächer stehen bereit und für Ihren Gast …“

„… der sicherlich neben mir einquartiert wurde …“, unterbrach Angus locker, obwohl er es besser wusste.

Miss McDuff stockte, wobei sich Horror in ihr bleiches Gesicht schlich. Sie musste mehrfach schlucken, bevor sie etwas hervorbrachte.

„Gewiss, Mr McLean.“

„Mr Harris’ Wünschen ist Folge zu leisten.“ Angus schlüpfte aus seiner sommerlichen Jacke. „Dass mir keine Klagen kommen.“

Wieder nickte die Mittvierzigerin.

„Was lässt Mrs McLean ausrichten?“ Angus bedeutete Patrick die Treppe zu nehmen und schob ihn, da er zögerte, erneut weiter. Es war zu spät für Zweifel. Die er ihm ohnehin ausgeredet hätte. Angus wollte diesen Schritt. Es war ein weiteres Bekenntnis zu ihnen, eines, das ebenso bedeutsam und schwierig wie Patricks coming out war.

„Mrs McLean wünscht Sie unverzüglich zu sehen.“

„Tatsächlich?“ Angus grinste für sich, schließlich hatte er genau das erwartet. „Richten Sie Mrs McLean aus, dass ich für die geschäftlichen Belange nach dem Lunch zur Verfügung stehe.“

Miss McDuff hastete ihnen nach. „Jawohl, Mylaird. Soll ich Ihnen das Lunch in Ihrem privaten …“

Angus nahm die Hand aus Patricks Rücken, als er stehenblieb und sich umdrehte, um Miss McDuff anzusehen. „Wir werden selbstverständlich am familiären Mittagessen teilnehmen.“

Die Hausdame wisperte einen gälischen Fluch, den Angus natürlich verstand. Er hob die Brauen.

„Gibt es ein Problem, Miss McDuff?“

„Nein, Mylaird!“ Sie nickte hastig. „Ich werde alles Nötige in die Wege leiten. Kann ich Ihnen sonst noch dienlich sein?“

Angus schüttelte den Kopf, schließlich wollte er nicht für den Herzinfarkt der Frau verantwortlich sein, die seine Mutter erst kürzlich hatte einstellen lassen – ohne seine Zustimmung. Dinge mussten sich in Highcomb ändern, und genau deswegen hatte er so auf Patricks Gesellschaft gedrängt. Angus hatte Pläne, die sich um seinen Geliebten rankten wie Efeu um alte Gemäuer …

Angus spürte Patricks Anspannung, als sie vor der zweiflügligen Tür zum Speisezimmer stehen blieben. Die Muskeln an seinen Wangen traten hervor, was deutlich auf die Verfassung hinwies, in der sich der jüngere Mann befand. Sicher übte er so viel Druck auf seine Kauleisten aus, dass sie zu Staub zu zerfallen drohten. Angus wünschte sich, ihn beruhigen zu können, aber er wusste, welcher Sturm auf sie wartete. Er war mindestens so schwer wie jener, der das erste Fotoshooting vor fast einem Jahr ins Wasser hatte fallen lassen.

„Versuch gelassen zu bleiben“, riet Angus leise. Patricks Blick streifte ihn. „Können wir?“

Obwohl das unwiderstehliche Model nickte, griff Angus nicht nach der Türklinke, sondern nach dessen Händen. Er zog ihn zu sich und drückte ihm einen sanften Kuss auf den Mund.

„Ich liebe dich.“

Patricks dunkle Augen verloren etwas an Starre und auch sein Kiefer entspannte sich. Das war alles, was Angus wollte. Mit einem schiefen Grinsen wandte er sich ab und zog sich das Jackett gerade. Er hatte sein Erscheinungsbild sorgsam geprüft und wusste, dass es nichts an ihm auszusetzen gab, auch wenn seine Mutter ihm sicherlich das gegenteilige Gefühl geben würde, sobald er durch die Tür trat. Angus streckte die Schultern und packte den Stier bei den Hörnern, indem er die Flügeltüren mit mehr Kraft aufstieß, als nötig gewesen wäre. Es sicherte ihm den theatralischen Auftritt, auf den er abzielte. Wie erwartet saßen seine Mutter und Großmutter bereits bei Tisch und hatten den durchaus erwarteten Beisitzer: Cornish. Der bullige Cousin verzog bei seinem Anblick die Lippen.

„Angus!“ Seine Mutter klang wie ein gereizter Pitbull. „Habe ich dir denn gar nichts beigebracht?“

Angus nickte ihr und der Großmutter zu, die ihn geflissentlich zu übersehen versuchte. „Mutter, Großmutter …“ Er begegnete sogar den verächtlichen Augen des Cousins. „Cornish. Guten Tag.“ Dann drehte er sich leicht, um Patrick in den Kreis der Aufmerksamkeit zu ziehen. „Bevor wir uns an den Tisch setzen, möchte ich euch meinen Partner vorstellen: Patrick.“ Den Nachnamen sparte er sich absichtlich.

„Meine Mutter Ailis, meine Großmutter Isla und Cornish, mein Cousin.“

Patrick lächelte während der Vorstellung gezwungen und nickte jeder Person zu. „Guten Tag.“ Sein unsicherer Blick driftete zu Angus, der ihm bedeutete, an den Tisch zu treten.

Es blieb still, unangenehm still, wenn man bedachte, dass zumindest ein Hallo angebracht gewesen wäre. Angus überging es einstweilen.

„Du wirst heute Abend noch Tante Kendra kennenlernen. Sie ist Cornish’ Mutter und die Schwester meines Großvaters.“ Angus zog Patrick einen Stuhl hervor, beließ es dann aber dabei. Er wollte den Geliebten nicht brüskieren, indem er ihn wie eine Frau behandelte, so gerne er ihn auch verwöhnte. Galanterie musste seinen Platz und seine Grenzen haben, besonders bei einem, der ganz gerne selbst das Heft in der Hand hielt.

„Mein Cousin lebt ganzjährig in London, wie er gerne behauptet, ist aber stets hier anzutreffen, wenn ich Highcomb besuche. Ebenso wie die Damen wohlgemerkt.“ Angus unterbrach seine Erklärung mit einem betont rätselnden Blick auf die drei Angesprochenen. „Wie steht es um deine Eheschließung, Cornish? Ich habe das Aufgebot eigentlich noch im letzten Jahr erwartet.“

Der Großcousin kaute auf seiner Zunge herum und es war Ailis, die an seiner statt antwortete: „Angus, ich verlange, dass du dich bei Tisch benimmst wie ein erwachsener Mann und nicht wie ein trotziges Kind!“

Angus setzte ein lockeres Grinsen auf. „Entschuldige, Mutter, war ich zu provokativ? Vermutlich hat mich der eklatante Mangel an guten Manieren etwas aus der Bahn geworfen.“

Seine Mutter verengte die Augen.

„Möchte wirklich niemand meinen Gast angemessen begrüßen?“

Neben ihm sog Patrick den Atem ein. Der Blick mit der deutlichen Bitte, es dabei bewenden zu lassen, traf Angus. „Mutter? Wäre ein warmes Willkommen nicht angebracht, immerhin ist Patrick mein Lebenspartner.“

Ein kalter Blick sollte ihn zum Schweigen bringen, aber Angus hatte nicht vor, sich weiterhin wie ein Kind behandeln zu lassen. Und Patrick sollte sich auch nicht unerwünscht vorkommen. „Nicht einmal ein Nicken? Das dulde ich nicht!“

Ailis presste die welken Lippen aufeinander und maß ihn mit einem ärgerlichen Blick. „Angus, ich werde mich nicht auf dein Niveau hinabbegeben.“

Miss McDuff nutzte den Moment, um das Essen aufzutragen, und stoppte, als sie die Anspannung bemerkte. Schließlich starrte Angus seine Mutter immer noch über den Tisch hinweg an.

„Ich verlange, dass jeder hier Patrick anständig behandelt. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?“

„Du vergisst deinen Platz“, zischte Ailis. Ihre starren Lippen machten die Worte undeutlich, aber Angus hatte jahrzehntelange Erfahrung darin, die Mutter zu dechiffrieren.

„Oh nein!“, widersprach er belustigt und verärgert zugleich. „Ich kenne meinen Platz, aber sonst offenbar niemand!“

„Tischen Sie auf, Miss McDuff“, orderte seine Mutter und überging ihn damit. Die Haushälterin beeilte sich sogleich, dem Wunsch nachzukommen und ließ die Suppenkelle fallen, als Angus harsch rief: „Stopp!“

„Angus“, sprach Patrick ihn an. „Wir sind seit dem Morgen unterwegs und mein Magen knurrt.“

Zwar war nichts dergleichen zu hören, aber Angus wollte seinem Freund zuliebe einlenken. Also seufzte er auf. „Ah! Dann hast du Glück. An der Küche hier ist nichts auszusetzen.“

Heiße Küsse & eine neue Kulisse

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