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Kapitel 3

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Wie jeden Morgen befand sich eine genau abgewogene Menge an selbst gemischten Müsli in einer Schale. Lorenz Berringer schüttete Milch dazu und ließ die Schüssel zunächst unberührt stehen. Das Müsli musste erst etwas einweichen. Zu Musik machte er sein tägliches Workout. Danach nahm er aus dem, immer reichlich gefüllten Obstkorb, eine Banane und einen Apfel und schnitt diese in Stücke. Das Obst warf er zu dem Müsli in die Schale.

Er wohnte ganz oben in einem Penthouse mit Dachterrasse in einem modernen Mehrfamilienhaus. Da es für Ende März ungewöhnlich warm war, setzte er sich mit seinem Frühstück auf die große geflieste Dachterrasse. Von hier aus sah Lorenz Berringer auf die Häuser von Aachen, die Kirchturmspitze von Sankt Jakob und eine bewaldete Anhöhe mit einem Drehturmcafé.

Nach dem Frühstück ging er unter die Dusche und zog sich im Schlafzimmer an. Sein Blick fiel auf eine schwarzweiß Porträtaufnahme von ihm selbst, die über dem Bett hing. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wann sie aufgenommen wurde. Es war eines der ersten Fotos, die für seine Sedcard entstanden war. Lorenz Berringer war zwar kein Supermodel, wie Sean O´Pry, der eine Millionen Euro im Jahr verdiente, doch mit einer Größe von 1,84 Meter, der athletischen Figur, der geraden Nase und dem stets gepflegten Dreitagebart war er doch ein international gefragtes Männermodel.

Wie üblich stand samstagvormittags Sport in seinem Terminkalender. Da er kein Auto besaß, war er viel mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. So radelte er zum Fitnessstudio am Europaplatz, dabei kam er auch an der Buchhandlung Weyhe vorbei. Im Schaufenster hing ein großes Plakat. Darauf stand, dass am morgigen Sonntag um 11 Uhr eine Matinée mit der bekannten Krimiautorin Elin Steinhausen geben würde. Lorenz kannte die Romane um Kommissar Krassek, denn er las oft und gerne spannende Romane. Gelegenheiten zum Lesen gab es für ihn viele, in der Bahn, im Flugzeug und in der Wartezeit bei den Castings.

Spontan hielt das Männermodel an und betrat die Buchhandlung.

„Ich habe zwei Eintrittskarten für eine Lesung gekauft. Sie findet morgen in der Buchhandlung Weyhe statt. Magst du mitkommen?“, fragte Lorenz seinen Freund Cornelius Ackermann im Fitnessstudio. Der Mann mit dem blonden Bürstenhaarschnitt und dem breiten Rücken, der von allen nur Conny genannt wurde, wiederholte skeptisch: „Eine Lesung? Am Sonntag?“

Die Männer standen auf zwei nebeneinander stehenden Crosstrainern und wärmten sich auf.

„Ja, die Autorin ist wirklich gut. Sie liest aus ihrem neusten Krimi.“

„Nee. Ich bin morgen im Stadion.“

„Schade“, murmelte Lorenz. Wem sollte er jetzt die zweite Karte geben?

Als die Männer zu den Rudermaschinen wechselten, fiel Lorenz eine blonde Mittzwanzigerin ins Auge, die sich gerade auf den Hocker der Schulterpresse setzte. Sie hieß Mandy, erinnerte er sich. Sie bemerkte seinen Blick, lächelte. Lorenz ruderte noch einige Male, stand dann auf und ging zu ihr hinüber. Conny sah ihm interessiert hinterher und beobachtete ihr Gespräch aus der Ferne.

„Warum bist du zu der Blonden gegangen? Was willst du von ihr?“, fragte Conny neugierig als Lorenz wieder zu der Rudermaschine zurückkehrte.

„Ich habe sie gefragt, ob sie morgen mit mir zu der Lesung möchte.“

„Und?“

Lorenz zeigte mit dem Daumen nach oben.

„Mensch! So auf Literatur zu machen, ist eine echt gute Masche von dir“, meinte Conny bewundernd.

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Gib doch zu, dass du die Blonde ins Bett haben willst.“

Lorenz verdrehte die Augen. „Du denkst wohl immer nur an das eine, oder?“

Conny grinste breit. „Kann schon sein.“

Ihr Training beendeten die Männer nach einer Stunde mit fünfzehn Minuten Cardio, um anschließend in die Sauna zu gehen. Nur mit einem Handtuch bekleidet, betraten sie die Sauna, legten das Handtuch ab und setzten sich auf die Holzbank.

Die Wärme tat gut. Lorenz fuhr sich gedankenverloren mit der flachen Hand über seinen muskulösen Oberkörper, spannte ihn dabei gerade so stark an, dass sich die Rillen zwischen den Muskelpacks so vertieften, dass die Finger leicht darin hängen blieben. Conny beobachtete ihn dabei und kommentierte verächtlich: „Wir wissen alle wie schön du bist.“

Lorenz lächelte etwas gequält, nahm sein Handtuch und sagte: „Ich gehe schon duschen. Wir treffen uns draußen.“

Das Wasser war nach der Wärme in der Sauna erfrischend. Lorenz cremte sich in der Umkleidekabine sorgfältig mit Bodylotion ein, dabei entdeckte er an seinem Unterarm einen blauen Fleck. Woher habe ich den denn?, fragte er sich verärgert. Er konnte sich als Model keine blauen Flecken leisten.

Wie jeden Samstag ging Lorenz nach dem Fitnessstudio noch mit seinem Freund in ein italienisches Self-Service-Restaurant. Dort aßen sie Salat mit Blattspinat und Ziegenkäse und eine Pizza mit Fleischbällchen und Peperoni. Die Pizza war so groß wie ein Wagenrad. Conny machte sich gleich mit großem Appetit über sie her.

„Conny, du kannst noch so viel trainieren, deine Figur ändert sich nicht, wenn du danach so eine riesige Pizza isst“, urteilte das Männermodel. Er befürchtete nämlich, dass ihm jeden Moment die Hemdknöpfe seines Freundes entgegenspringen würden.

Mit vollem Mund erwiderte Conny: „Ich gönne mir eben was! Du isst ja immer nur Salat. Bald wirst du ein Kaninchen sein.“ Er musste so sehr über seinen eigenen Witz lachen, dass er sich dabei verschluckte. Lorenz klopfte seinem Freund auf den Rücken. Lachen konnte er über den Witz allerdings nicht.

Lass uns verloren gehen

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