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3 Morgens

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‚Ich sprüh 's auf jede Wand. Neue Männer braucht das Land.‘ Der Song erfasste das Haus und der Hausherr ließ sich am Montag punkt fünf Uhr dreißig von der Musik zum Aufstehen motivieren. Zielstrebig und mit einer gewissen Vorfreude auf den Tag stieg Stephan Brückner die Stufen vom Schlafzimmer in den Loungebereich der Küche hinab. Ein eisgrauer Weimaranerrüde wartete schwanzwedelnd am Ende der Treppe seitdem das Lied den Tagesbeginn angekündigt hatte. Der Hund verließ sich längst darauf, gleich gestreichelt, gefüttert und ausgeführt zu werden.

„Na mein Guter.“ Stephan Brückner war schon da. Er war schon neu! Er kraulte das winselnde Tier und öffnete den gut sortierten Hundeschrank, um einen Knochen herauszulegen. Nachdem er den Hund versorgt hatte, ging Brückner ins Schlafzimmer zurück und schaltete eine Lampe an. Für die erste Etappe des Tages nahm er wie immer eine Cordhose und den Jägerpullover aus der Ankleide. Wenn mich Yvonne jetzt sehen könnte! Schade, dass sie immer so lange schlafen muss. Noch nicht einmal die Musik weckt sie auf.

Er verließ das Schlafzimmer wieder, diesmal zur anderen Tür auf die Galerie hinaus. Über eine ausladende Treppe gelangte er in die Eingangshalle, wo ihm sein Hund Lotus sogleich um die Beine schwänzelte. Brückner nahm die groben Lederstiefel und die braune Jacke aus der Garderobe, per Fernbedienung schaltete er die Musik aus, öffnete die Haustür und ließ den Hund vorpreschen. Einen Augenblick noch blieb er selbst zwischen den Säulen vor dem Hauseingang stehen. Ihm allein gehörten der Morgen, der Park vor seinem Haus und der Wald. Dafür muss man schon früh aufstehen! Brückner hauchte in die Hände und stiefelte zu seinem Hund.

Nur ein schmaler Kiesweg markierte vor seinem Grundstück die Grenze zum Wald. Lotus rannte voraus, sah nach seinem Herrchen, war verschwunden und kam erneut aus dem Wald gerannt. Irgendwann würde der Hund bei Fuß folgen. Doch erst einmal durfte er sich austoben. Der Waldboden war hart gefroren, die kalte Morgenluft kratzte an seinem Gesicht.

„Platz“, sagte Brückner punkt 7:30 Uhr auf den Stufen der Eingangsveranda. Er holte eine Schale Hundefutter aus der Küche. Lotus erhielt sein Frühstück stets hier draußen hinter den Säulen. Während der Hund fraß, stellte Brückner drinnen die Espressomaschine an, schnitt zwei Orangen auf, jagte sie durch die Saftpresse und ging nach oben. Er ließ seine Waldsachen zu Boden fallen und betrat das Badezimmer, einen Raum aus Marmor, Holz und Glas. Vor dem wandhohen Spiegel posierte er kurz. Von wegen Baumstamm, Herkules! Gut gelaunt stellte er sich unter die Dusche. Das Wasser prasselte aus einem tellergroßen Duschkopf, das Shampoo roch nach Moschus. Die Termine für den heutigen Tag? Zu allererst ein spaßiges Treffen bei der EnVer. Der Energieriese hatte zu seiner alljährlichen Lieferantenkonferenz eingeladen. In Gedanken entschied er sich für das neue rosafarbene Hemd und seinen braunen Anzug. Maßgefertigt. Das hatte Yvonne irgendwann einmal empfohlen. Davon verstand sie was. Seitdem jemand die Dinger für ihn anfertigte, saßen die Jacken perfekt. Er überlegte, ob eine Krawatte heute sein musste. Doch damit fühlte er sich nie richtig wohl. Ich, der Kumpel Putzmann! Damit arrangierten sich alle immer gerne. Rasieren, Zähneputzen, Aftershave. Abschließend kämmte er seine Haare und strich dabei mit der Hand den Kammspuren nach, um kleine Defizite zu kaschieren. Am Ende war er wie stets zufrieden.

Yvonne war nicht mehr im Bett, sondern auf der Kinderseite der Galerie. Brückner zog sich an. Seinen Orangensaft trank er in einem Zug und kippte den Espresso hinterher. Ein letzter Blick in den Spiegel der Halle, er liebte dieses Wort, dann rief er nach oben: „Einen schönen Tag wünsche ich meinen Prinzessinnen.“ Er ließ die schwere Eingangstür hinter sich zuschlagen. Draußen kraulte er noch einmal Lotus, während sich das Tor des Grundstückes öffnete. Die Zeitschaltuhr war auf 8:15 eingestellt. Am Auto besah er sich kurz im Lack. Heute werde ich den F&E-Mann der EnVer kennenlernen. Frisches Blut im Vorstand seines alten Kunden. Das riesige Forschungszentrum stand nicht mehr zur Disposition. Auch das werde ich putzen. Zu einem sauberen Preis! Er schmunzelte über seinen kleinen Witz und die schwarze G-Klasse passierte die Lichtschranke, bevor sich das Tor der Taunusvilla wieder schloss.

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