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Viertes Kapitel

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Drei Monate lang jeden Mittwochabend lerne ich also jetzt die Basis. Mein Mann findet das „eine gute Idee“. Und für gute Ideen entbehrt er mich auch schon mal einen Abend in der Woche und verzichtet auf eine warme hausgemachte Mahlzeit. Kleiner Scherz.

Eigentlich kocht Peter viel besser als ich.

Wenn er sich von der Arbeit erholen will, schaut er am liebsten Kochsendungen. Da sitzt er dann davor, wie andere vor dem Tatort.

Sonntagsmorgens, wenn wir noch ein wenig länger gemütlich im Bett liegen bleiben, liest er Kochbücher, während ich in Romanen schmökere. Er wirkt dabei total gefesselt. Als sei ein Kochbuch der bessere Krimi. Er schaut allerdings auch versonnen und glücklich. Das Kochen ist seine Leidenschaft.

Ich muss auch kein Kind um Erlaubnis fragen, wenn ich Mittwochabends kein Schlaflied singe oder keine Gutenachtgeschichte vorlese. Denn wir sind gewollt kinderlos.

Und bevor jetzt in den Köpfen traurige Fragen und Bilder aufpoppen, wie Werbung im Internet – wir sind wirklich gewollt kinderlos! Also ich zumindest.

Mein Mann hatte bereits drei Kinder mit einer anderen Frau, als wir uns kennenlernten.

Und für mich stand unsere Beziehung von Anfang an, an erster Stelle. Auch wenn manche Mutter das jetzt vielleicht nicht verstehen kann.

Mein Mann baut Raketen. Keine Feuerwerksraketen oder solche, mit denen Kriege geführt werden, sondern solche, die ins All fliegen. Das ist schon etwas komplexer. Ich finde das jedenfalls ziemlich beeindruckend. So eine Rakete baut sich schließlich nicht in einem Tag. Es sind viele Menschen beteiligt an so einem Raketenbau. Sie arbeiten Hand in Hand. Ein großes Team hat mein Mann. Er ist Ingenieur und hat echt was auf dem Kasten.

Leider sehen wir uns nicht so oft, wie schön wäre, denn es macht ihm großen Spaß, Raketen zu bauen. Mehr darf ich darüber aber auch nicht erzählen. Denn das ist natürlich alles Top Secret. Und nicht einmal ich quäle ihn mit Fragen, obwohl ich das von Berufs wegen gerne und ständig tue. Aber privat versuche ich, es mir zu verkneifen, auch wenn das nicht immer so klappt, weil ich generell eher ein neugieriger Mensch bin. Neugierig auf Menschen.

Mein Mann und ich wir genügen uns.

Und daher gibt es darüber ansonsten auch nicht wirklich etwas zu sagen.

Da halte ich es mit Tolstoi und seiner tragischen Anna Karenina:

Glückliche Paare ähneln einander. Unglückliche sind jedes auf seine Weise unglücklich.

Der gute alte Tolstoi hat das Prinzip zwar auf Familien angewendet, aber für Paare gilt das meiner Meinung nach ebenso.

Da mein Mann Peter und ich glücklich sind, gibt es über uns also nichts weiter zu erzählen. Es sind schließlich die Dramen, die unterhalten und das menschliche Mitgefühl kitzeln. Wer will schon hören, dass jemand glücklich ist? Dass Zwei sich gefunden haben und gut miteinander zurechtkommen?

Zu allem Überfluss ist auch meine Kindheit glücklich verlaufen. Ich war ein einzelnes Wunschkind. Meine Eltern haben sich neun Monate lang auf mich gefreut, mich mit Liebe ummantelt und trotzdem war noch genug Liebe übrig füreinander. Für mich waren die ersten Jahre meines Lebens die perfekte Mischung aus Geborgenheit und Freiheit.

Und so gibt es auch über meine Familie nichts weiter zu erzählen. Also ist auch diese Geschichte hier zu Ende.

Meine Geschichte beginnt an jener Stelle, an der romantische Filme enden, mit „Und-sie-lebten-glücklich-bis-an-ihr-Lebensende “.

Das Meet Cute – die erste Begegnung zwischen Boy und Girl, liegt in der fernen Vergangenheit. Sie haben sich bekommen. Na und?

Ich, Carla, bekomme Beklemmungen, wenn in der Schlange vor der Supermarkt-Kasse jemand nicht den Mindestabstand zu mir einhält – etwa drei Meter.

Wenn ich beim An- oder Ausziehen in der Dunkelheit eines Kleides oder Pullovers hängen bleibe. Ich eine Tür nicht finde, die mich hinausführt. In engen, fensterlosen Räumen, in der überfüllten U-Bahn/Tube/Metro, im dunklen Keller oder bei IKEA.

Das ließe sich endlos fortführen. Aber ich will hier selbstverständlich niemanden langweilen.

Außerdem sind mir einige Menschen zu laut und daher zu viel.

Ganz grundsätzlich habe ich das Problem, dass meine Grenzen nicht respektiert werden. Meine Körpergrenzen. Ich bin nicht gerade klein geraten und doch werde ich ständig übersehen.

Diese ganze Dünnhäutigkeit macht den Umstand, dass ich Journalistin bin, auch nicht gerade einfacher. Jemandem wie mir ist es in der Redaktion eindeutig zu eng, zu laut, zu unhöflich, zu ungehobelt.

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