Читать книгу Der Sucher - Катя Брандис - Страница 5
Der beste Sucher von ganz Daresh
ОглавлениеIm ersten Monat meiner Wanderschaft durch das Seenland wurde ich dreimal übers Ohr gehauen, zehnmal zum Essen eingeladen, zweimal bei einer Wette besiegt und einmal beinahe von einer jungen Händlerin verführt. Aber nur beinahe. Als sie hörte, dass ich erst fünfzehn war, beließ sie es zu meiner Enttäuschung beim Küssen.
Die Reise erfüllte ihren Zweck. Immer öfter schaffte ich es, den hässlichen Streit mit meinem Vater zu vergessen, dessentwegen ich meine Sachen gepackt hatte und noch in der gleichen Nacht verschwunden war. Aber ich wusste auch, dass Vergessen nichts helfen würde. Mein Vater hatte mit dieser schrecklichen Frau, deren Namen ich nicht mal denken mochte, den Bund geschlossen; er würde mit ihr wegziehen. Es gab kein Zurück mehr. Ich musste meinen eigenen Weg finden.
Fortschritte dabei machte ich, als ich in der Nähe eines Krötenmenschen-Nests unterwegs war. Weil ich wusste, dass in dieser Gegend oft Skagaroks jagten, sichtete ich den Schwarm rechtzeitig. Lautlos glitten die wolfsköpfigen Raubvögel auf ihren dunklen Schwingen über die Wasseroberfläche hinweg. Sieht so aus, als hätten sie schon irgendeine Beute gesichtet, dachte ich und zögerte noch mit dem Abtauchen, um Ausschau zu halten. Zehn Baumlängen weiter entdeckte ich einen einzelnen Reisenden, der in einem Kanu vor sich hinpaddelte, ohne nach rechts oder links zu schauen.
»Achtung – Skas!«, brüllte ich. Der Fremde hörte mich, sah sich um, ließ sich erschrocken aus dem Kanu fallen und verschwand unter der Oberfläche. Hastig tat ich es ihm gleich – gerade noch rechtzeitig. Scharfe Krallen streiften über mich hinweg, konnten mich aber nicht mehr packen.
Der Fremde konnte unfassbar schlecht die Luft anhalten und musste immer wieder hoch, was den Skas noch ein paar Mal Gelegenheit zu Angriffen gab. Ich tauchte auf den Fremden zu, so schnell ich konnte, und zog ihn zur winzigen Schutzkuppel am Boden des Sees. Die Luft darin war verbraucht und stickig, aber für zwei Menschen reichte sie gerade so.
»Bist du verletzt?«, fragte ich. Schade, dass der Fremde sein Gildenamulett unter der Schwimmhaut verborgen trug. Ich hätte gerne gewusst, zu welcher der Gilden Dareshs er gehörte – Erde, Luft oder Feuer. Dass er keiner von uns – den Wasserleuten – war, hatte ich schon gemerkt.
»Nein, es geht mir gut – danke für die Warnung«, keuchte der Fremde, ein junger Mann mit rotblonden Haaren, Sommersprossen und abstehenden Ohren. »Beinahe hätte ich die Biester nicht bemerkt. Das kommt davon, wenn man zu viel nachdenkt.« Er zögerte. »Dabei habe ich mir selbst vorhergesagt, dass heute irgendetwas passieren wird in meinem Leben. Aber eigentlich sollte etwas Gutes geschehen, deshalb war ich unvorsichtig.«
»Du bist ein Vorhersager?« Mein Vater behauptete zwar, dass die wenigsten Vorhersager etwas taugten, aber interessant klang das schon. »Vielleicht war das Gute, dass du keine kostenlose Gesichtsverschönerung von einem Skagarok bekommen hast.«
»Kann schon sein«, sagte der Mann und wurde rot. »Ich bin noch kein Meister, meine Vorhersagen sind noch nicht allzu genau. Aber ich mache dir trotzdem gerne eine Deutung, wenn du willst. Ach, übrigens, ich heiße Janor ... äh, ke Nerada.«
Wahrscheinlich gehörte er zur Luft-Gilde wie die meisten Menschen aus der Provinz Nerada. Das würde einiges erklären. Wahrscheinlich war er erst seit ein paar Wochen bei uns in Vanamee. »Ich heiße Tjeri«, stellte ich mich vor. »Tjeri ke Vanamee aus der Wasser-Gilde. Eigentlich könnte ich eine Deutung gebrauchen. Ich weiß immer noch nicht, was meine Berufung ist. Das hat mir mein Vater oft genug unter die Nase gerieben. Alle meine Freunde, die so alt sind wie ich, sind längst bei einem Meister.«
»Was machen denn deine Eltern?«
»Mein Vater ist Züchter. Als Kind bin ich viel mit ihm auf den Fischfarmen unterwegs gewesen. Aber das reizt mich heute nicht mehr. In der Familie meiner Mutter gibt's einige Künstler, aber ich fürchte, das Talent habe ich nicht geerbt.« Ich zuckte die Schultern und streichelte den Salamander, der auf meinem Arm hockte. Eigentlich hatte ich ihn mir gekauft, um Botschaften zu überbringen, doch inzwischen hatten wir uns so aneinander gewöhnt, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihn wegzuschicken.
»Gib mir deine Hand«, forderte Janor mich mit einem verlegenen Lächeln auf.
Ich pflückte mir den Salamander vom Handgelenk, setzte ihn mir auf die Schulter und gab Janor die Hand. Der Mann aus der Luft-Gilde hatte lange, sensible Finger, und ich spürte, dass er nervös war. Janor schloss die Augen.
Hoffentlich beeilt er sich, dachte ich. Die Luft in der kleinen Kuppel wurde immer schlechter, wir mussten bald wieder nach oben tauchen. Vielleicht waren die Skas inzwischen weitergezogen.
»Ich sehe eine große Stadt«, sagte Janor, und sein Gesicht zuckte. »Die Felsenburg der Regentin. Einen dunklen Raum tief unter der Erde.«
»Guck noch mal hin«, sagte ich und musste grinsen. »Ich mag weder Städte noch geschlossene Räume. Wenn das meine Berufung ist, sollte ich mich vielleicht gleich ertränken.«
»Du bist auf der Suche«, fuhr Janor fort. Er hatte die Augen noch immer geschlossen. »Ein Suchender. Immer und immer wieder.«
Zeitverschwendung, ging es mir durch den Kopf. Dass ich auf einer Suche bin, weiß ich schon seit einem Winter. »Was meinst du damit, immer und immer wieder?«
Janor öffnete die Augen. Er sah verwirrt aus. »Keine Ahnung. Das kam mir einfach so in den Kopf. Man lernt als Vorhersager, das auszusprechen, was einem als Erstes in den Sinn kommt.«
In diesem Moment zündete etwas in mir. Aufgeregt entriss ich die Hand Janors Griff. »He, Moment mal! Sucher. Du meinst Sucher. Ich könnte ein Sucher werden.«
»Du meinst, jemand, der durch die Gegend zieht und Leuten hilft, verlorene Dinge und Menschen wieder zu finden? Der Fremde durch die Provinz begleitet?«
»Ja, genau.« Mein Herz pochte wie nach einer Länge schnellen Schwimmens. »Warum bin ich nicht schon längst darauf gekommen? Ich bin gerne unterwegs, kann tiefer tauchen als die meisten Leute und komme gut mit Menschen zurecht. Mit dem richtigen Meister, der mir ein bisschen was beibringt, wäre ich bestimmt ein brauchbarer Sucher.« Mein Ehrgeiz war geweckt. »Sag mal, wer ist eigentlich der beste Sucher von Daresh?«
Janor dachte nach. »Der Große Udiko, glaube ich. Jedenfalls war er das mal. Inzwischen hat er sich zur Ruhe gesetzt.«
Ja, natürlich. Das war ein Name, den ich auch schon gehört hatte. Als junger Mann hatte Udiko, der so wie ich zur Wasser-Gilde gehörte, die alten Schriften der Daniquaa entdeckt, später hatte er den Dolch des Gibra Jal gefunden, der Generationen lang verschwunden gewesen war. Und natürlich hatte er zahllosen Menschen geholfen, welche die Dienste eines Suchers gebraucht hatten. Jedes Kind kannte die Geschichten, wie Udiko der Witwe Julika unter Lebensgefahr ihre zauberkräftige Muschel zurückgeholt hatte. Wie er den abtrünnigen Kurier aufgehalten hatte, bevor er das Seenland verraten konnte. Und wie er durch sein Geschick und seine Klugheit im berühmten Wettstreit der Sucher gesiegt hatte.
Aber ich wusste auch, was für einen Ruf der Alte sonst noch so hatte. »Stimmt es, dass er kleine Kinder zum Frühstück frisst und nur noch Aufträge annimmt, die andere als hoffnungslos abgelehnt haben?«
»Keine Ahnung.« Janor blickte mich neugierig an. »Willst du's herausfinden? Ich habe gehört, dass er jetzt in der Nähe der Xanthu-Seen lebt.«
»Immerhin: Ich bin kein Kind mehr und zum Fressen zu groß«, sagte ich, bedankte mich bei Janor für die Deutung und machte mich auf den Weg.
Ich fand den Großen Udiko ohne Schwierigkeiten; auf meinen Reisen war ich schon einmal in der Nähe von Xanthu vorbeigekommen. Der berühmte Sucher wohnte, wie ich herausfand, in einem kleinen See, der aus dem nahen Vulkangebiet ständig Nachschub an heißem, leicht schwefelig riechendem Wasser bekam. Ich verzog das Gesicht. Hier drin zu schwimmen, war bestimmt furchtbar gesund – für alte Knochen. Mir waren die tiefen, kalten Seen der Colaris-Region, in denen ich aufgewachsen war, sehr viel lieber.
Eine silbrig schimmernde, altmodisch hohe Luftkuppel war das einzige Gebäude auf dem sandigen Grund des Sees. Ich tauchte hinunter und schlüpfte in den Vorraum der Kuppel. Jetzt bin ich ja mal gespannt, dachte ich gut gelaunt und stieß den traditionellen Begrüßungsruf aus. Seit Tagen hatte ich im Kopf formuliert, was ich sagen würde, wenn ich dem Großen Udiko gegenüberstünde. Natürlich weiß ich, dass Ihr Euch schon zu Ruhe gesetzt habt, aber ich habe schon so viel von Euch gehört und will unbedingt von einem Meister wie Euch lernen ...
Der Vorhang wurde zurückgerissen, und der Große Udiko stand vor mir. Ein Koloss mit buschigem, weißem Haar, durchdringenden eisblauen Augen und wulstigen Lippen, der eine abgewetzte Schwimmhaut trug. Er überragte mich um einen ganzen Kopf – außerdem war er fast so breit wie hoch. Fasziniert fragte ich mich, wie um alles in der Welt dieser Kerl überhaupt noch tauchen konnte – all das Fett musste ihn an der Oberfläche halten wie ein halbes Dutzend Schwimmringe. Oder waren das alles Muskeln?
»Was willst du, Kleiner?«, fragte der Große Udiko. Er klang nicht unfreundlich. »Geht es um etwas, das du verloren hast?«
Ich hatte den eingeübten Spruch schon auf den Lippen. Aber die Frage brachte mich aus dem Gleichgewicht. Verloren. Eine plötzliche Traurigkeit packte mich. Ja, ich habe etwas verloren, dachte ich. Meine Mutter an den Tod. Meinen Vater an die Frau, mit der er jetzt zusammen ist. Lourenca an meinen ehemals besten Freund. Und selbst der beste Sucher von Daresh konnte mir keinen von ihnen zurückbringen.
Der Große Udiko sah mich mit zusammengekniffenen Augen an und wunderte sich wohl, warum er keine Antwort bekam. Jetzt reiß dich zusammen, sagte ich mir verzweifelt und zwang mich, die schwarzen Gedanken wegzuschieben. Es hätte gerade noch gefehlt, dass ich vor dem Großen Udiko zu heulen anfing! Ich atmete einmal tief durch und sagte einfach: »Mein Name ist Tjeri ke Vanamee. Ich will Sucher werden.«
Das wuchtige Gesicht, das auf mich herabblickte, verfinsterte sich schlagartig. »Brackwasser! Schon wieder einer von denen. Hat man dir nicht gesagt, dass ich keine Lehrlinge mehr nehme, schon seit zehn Wintern nicht mehr? Verschwinde!«
Mit einem Rascheln fiel der Vorhang wieder zurück und versperrte mir die Sicht.
Gequirlte Schnepfengalle, das hast du ja ganz schön vermasselt, schalt ich mich und schwamm zur Oberfläche zurück. Doch ich dachte gar nicht daran, aufzugeben. Neuer Tag, neues Glück!
Ich blies die Schwimmhaut, die ich trug, ein Stück auf und machte es mir im Wasser um die Insel bequem. Während ich auf dem See driftete und mich in den leichten Strömungen treiben ließ, fragte ich mich, wieso die Traurigkeit, die ich monatelang erfolgreich unterdrückt hatte, gerade jetzt herausgekommen war. Ich fand keine Antwort darauf.
Erst am nächsten Morgen tauchte der Große Udiko wieder auf. Er beachtete mich nicht und kletterte auf den schmalen Landsaum, der an den nächsten, weit größeren See grenzte – wohl um zu schauen, ob ein paar Honigblüten reif geworden waren.
»Na, geht's zum Frühstücken?«, rief ich ihm fröhlich zu. »Ich komme mit.«
Der Große Udiko blickte mich finster an. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst verschwinden, Junge?« Er stieß sich von dem Fels ab, auf dem er hockte, und verschwand erstaunlich geschmeidig unter der Wasseroberfläche. Ich folgte ihm. Ich merkte, dass der Alte vorhatte, mich abzuschütteln – er schwamm sehr schnell und tauchte fast senkrecht in die Tiefe. Ich schaffte es gerade noch, ihm zu folgen.
Nahe der Oberfläche war das Wasser klar und grün. Doch je tiefer wir kamen, desto dunkler wurde es um uns. Bald ist es so finster, dass er in der Dunkelheit entwischen kann, dachte ich besorgt. Ich hielt mich knapp hinter Udiko, um die Wasserwirbel seiner Bewegungen fühlen zu können – und merkte so noch rechtzeitig, wie der Meister scharf nach rechts abbog.
Wir waren mittlerweile so tief, wie ich noch nie zuvor in meinem Leben gewesen war. Ich spürte, wie mir der Atem knapp wurde. Wenn ich nicht bald auftauchte, riskierte ich, beim Aufstieg zu ertrinken. Meine Brust begann zu schmerzen, und mir wurde schwindelig. Zum Glück stellte ich kurz darauf fest, dass wir am Grund angelangt waren. Meine Füße wirbelten Sand auf und streiften glitschig-weiche Algenstränge. Blindlings griff ich mir ein paar davon und schoss nach oben, so schnell ich konnte.
Der Große Udiko warf mir einen kurzen, verblüfften Blick zu, als ich direkt neben ihm auftauchte. Ich versuchte, nicht allzu laut nach Luft zu schnappen, und warf einen Blick auf das, was ich in der Hand hielt. »He, das sind ja Blaue Tarlas! Die konnte ich mir auf dem Markt noch nie leisten!«
»Was meinst du, warum ich meine Kuppel hier gebaut habe?«, brummte der Große Udiko und kaute eine der Algen, die er für sich geholt hatte.
Ich machte es ihm nach. Kaum zu glauben, die Dinger prickelten auf der Zunge. Trotzdem schuldete ich dem Alten noch eine kleine Revanche. »Esst Ihr die Dinger die ganze Zeit? Ich wusste gar nicht, dass man von Algen und Fisch so dick werden kann.«
»Pah!«, knurrte der Große Udiko. »So was kann nur einer sagen, der nichts von gutem Essen versteht!« Er steckte seine restlichen Algen ein und schwamm davon.
Schade – auch einer, der nicht über sich lachen konnte. Ich war zu erschöpft, um dem Alten weiter zu folgen. Morgen, dachte ich und streichelte den Salamander, der sich in meine Halsbeuge schmiegte.
Am nächsten Tag verließ der Große Udiko seine Luftkuppel noch vor Sonnenaufgang. Doch ich hatte mir schon so etwas gedacht und wartete bereits auf ihn.
»Brackwasser, hast du denn nichts Besseres zu tun, als in meinem See herumzupaddeln?!«, schnauzte mich Udiko an.
»Nicht in den nächsten sechs Monaten oder so«, erwiderte ich höflich.
Der Meister stöhnte.
Wenn der Große Udiko dachte, dass mir das Warten vor seiner Kuppel irgendwann langweilig werden würde, täuschte er sich gewaltig. Mir war fast nie langweilig, und in einem fremden, unerforschten Gewässer, das vor Leben wimmelte, erst recht nicht. Ich schwamm eine Weile mit einem Schwarm Grashechten, bis ich in einer Unterwasserhöhle ein Nest von Großen Karo-Nattern fand. Ich beobachtete, wie zwei Dutzend Junge schlüpften, und nahm mir eines davon mit. Am Nachmittag hatte ich Glück und entdeckte im Ufergestrüpp einen Mondreiher, der bewegungslos auf Beute lauerte. Sein durchscheinendes, milchigweißes Gefieder sah tatsächlich aus, als würde es aus Mondlicht bestehen. Ich beobachtete ihn lange und fühlte eine tiefe Freude darüber, dass ich dieses seltene und wunderschöne Tier sehen durfte.
Ich war so vertieft in den Anblick des Reihers, dass ich Udikos Aufbruch fast übersehen hätte. Ich bemerkte gerade noch, dass Udiko um eine der Inseln herumschwamm, die den Übergang zum nächsten See markierten. Brackwasser, gleich würde ich ihn verlieren! So schnell ich konnte, kraulte ich hinter ihm her. Hastig umrundete ich die Landzunge ... und prallte fast gegen die massige Gestalt des Suchers. Udiko stand mit gekreuzten Armen im flachen Wasser und sah aus wie einer, dessen Berufung es war, dreimal täglich gegen Raubquallen zu kämpfen. »So langsam habe ich die Faxen dicke«, donnerte er. »Wieso denkst du eigentlich, dass du ein guter Sucher werden könntest?«
Hoffnung keimte in mir auf. Endlich kam ich voran! Aber eines war klar, ich konnte dem Großen Udiko nicht von der Deutung erzählen. Wenn er auch zu denen gehörte, die Vorhersager für Scharlatane hielten, hätte ich damit meine letzte Chance verspielt. »Ich kenne mich in Vanamee gut aus, ich habe es den ganzen letzten Winter über erforscht«, antwortete ich nicht ohne Stolz. »Besonders die Gegenden von Colaris, Uskali und Yanai sind mir so vertraut wie meine eigene Handfläche.«
Der Große Udiko sah nicht beeindruckt aus. »Ja, und? Das ist nicht so wichtig.«
Ich war verblüfft. Nicht so wichtig? Musste man sich nicht auskennen, um etwas finden zu können? Oder wenn es darum ging, Reisende zu ihrem Ziel zu führen? Na ja, machte nichts. Ich war noch nicht fertig. »Wenn in unserer Siedlung etwas oder jemand verloren gegangen ist, sind die Leute immer zuerst zu mir gekommen und haben mich um Hilfe gebeten. Und es hat mir Spaß gemacht, ihnen zu helfen.«
Der Große Udiko machte sich bereit zum Wegschwimmen.
»He!«, schrie ich. »Wie wär's mit einem Hinweis? Ich meine, gut, Ihr könnt wahrscheinlich durch Gedankenkraft Dinge finden, aber es gibt doch bestimmt auch ganz normale Sucher ... Mehr will ich ja gar nicht werden ...«
Ganz plötzlich wandte sich der Große Udiko mir zu. »Ich sag dir was, Kleiner. So was wie eben – das wäre einem Sucher nicht passiert.«
Eben? Ich wusste nicht mal, wovon die Rede war.
»Du bist eben auf mich geprallt, weil du nicht gemerkt hast, dass ich hinter der Biegung angehalten habe. Ein Sucher hat gelernt zu sehen. Wirklich zu sehen. Und er weiß, wie man durch die Augen von anderen sieht.«
»Verstehe ich nicht.«
»Das war mir klar.« Wieder wandte sich Udiko um, aber er blickte noch einmal über die Schulter zurück. »Ach übrigens: Du hast eine Karo-Natter am Arm. Beweg dich besser nicht zu rasch, sonst beißt sie dich.«
»Sie wird mich nicht beißen«, sagte ich, und diesmal war es an Udiko, verdutzt dreinzublicken.
Am nächsten Tag begannen dicke Wolken, den Himmel zu bedecken. Ich ließ mich an der Oberfläche treiben und genoss den kühlen Wind. Der Regen prasselte auf mein Gesicht, und ich öffnete den Mund und fühlte, wie die Tropfen auf meiner Zunge kitzelten. Regen ist, wie das Wasser der Quellen, ein Geschenk von Erin, dem Gott der Erneuerung; ohne ihn würden die Seen austrocknen.
Doch Erin schien schlechter Laune zu sein. Als ich sah, wie die Wolken sich immer dunkler ballten, wurde mir mulmig zumute. Wenn ein Gewitter kam, wurde es gefährlich in den Seen, dann musste man raus aus dem Wasser oder in eine Wohnkuppel flüchten. Doch die einzige Kuppel in der Gegend gehörte dem Alten. Sollte ich ihn um Gastrecht bitten? Niemals, dachte ich trotzig. Ich mochte hartnäckig sein, aber ich hatte meinen Stolz. Blieb also nur die Insel, die eine schmale Landbrücke zwischen den Seen bildete.
Ich schwamm auf den felsigen Strand zu, kletterte an Land und balancierte mit verzogenem Gesicht über die scharfen Steine des Ufers. Mein linker Fuß blutete schon. »Verdammtes Festland«, murmelte ich und schaute mich nach einer geschützten Stelle um. Inzwischen peitschte der Regen so hart und eiskalt herunter, dass es nicht einmal für jemanden, der zur Wasser-Gilde gehörte, angenehm war. Das laute Rauschen übertönte alle anderen Geräusche.
Es gab keine geschützte Stelle, die Insel bestand nur aus Fels und niedrigem Gestrüpp. Schließlich kauerte ich mich unterhalb einer kleinen Anhöhe auf den Boden, wo die Gefahr, von einem Blitz getroffen zu werden, am geringsten war. Ich zog die Knie an, legte den Kopf darauf und richtete mich auf eine ungemütliche Nacht ein. Zum ersten Mal, seit ich den Großen Udiko belagerte, überlegte ich, ob ich nicht besser aufgeben sollte. Vielleicht war Udiko wirklich ein gemeiner Mistkerl, wie die Leute behaupteten. Es war eine idiotische Idee gewesen, herzukommen ... Immerhin gab es noch viele andere Sucher in Vanamee; einer von ihnen würde mich schon nehmen, und diesen pisswarmen See würde ich sowieso nicht vermissen ...
Ich schrak auf, hob den Kopf. War da nicht eine Stimme gewesen ...? Ja, ich hatte mich nicht getäuscht. Doch über dem Prasseln des Regens und dem Donner verstand ich kein Wort.
Zehn Atemzüge später sah ich ungläubig, dass eine riesige Gestalt, von der das Wasser herunterströmte, aus der Dunkelheit auf mich zukam. Es war der Große Udiko, und er zog ganz ähnliche Grimassen wie ich vorhin, als er sich über die spitzen Steine vorantastete. »Bei allen sieben Göttern der Tiefe, diese Insel ist eine Zumutung! Los, komm mit. Hier ist es zu gefährlich.«
Ich war so erstaunt, dass mir keine Antwort einfiel. Ich hinkte hinter dem Alten her zum Wasser zurück und tauchte mit ihm zu der Behausung am Boden des Sees. Dann stand ich verlegen im Vorraum der Luftkuppel, rieb mir das Wasser aus den Augen und wartete darauf, dass meine Schwimmhaut trocknete. Der Große Udiko schob den Vorhang beiseite und ging in den Wohntrakt, ohne sich noch einmal umzuschauen. Ich folgte ihm.
Hier am Grund des Sees war es so still, dass ich mir einbildete, das Blut in meinen Ohren rauschen zu hören. Es roch nach feuchtem Stoff, Gewürzen und ganz entfernt nach einer appetitlichen Suppe.
Neugierig blickte ich mich im Inneren der Luftkuppel um. Sie wurde durch zwei Leuchttierchen, die genauso alt und rundlich waren wie ihr Herr, mehr schlecht als recht erhellt. Soweit ich erkennen konnte, waren alle Räume voll gestopft mit Gegenständen. Überall standen und lagen achtlos gestapelt wunderschön gestaltete Essschalen, Glasgefäße, Schnitzereien, Kästchen aus wertvollen Metallen, Schriftrollen. Der Teppich war aus Buntalgen gewebt. Alles war bester Qualität, aber nichts passte zusammen. Wahrscheinlich waren es alles Geschenke von Leuten, denen er geholfen hatte.
Der Große Udiko beachtete mich immer noch nicht. Er goss Trinkwasser in eine große Schale, murmelte eine Formel, die es erhitzte, und streute Cayoral hinein. Wir schwiegen beide, während wir darauf warteten, dass der Sud kochte. Dann goss Udiko einen Teil davon in einen Becher und reichte ihn mir.
»Danke«, sagte ich, nahm den Becher mit beiden Händen und beugte kurz den Kopf, wie es Sitte war. »Auch fürs Gastrecht. War nicht so gemütlich da draußen.«
Der Alte brummte etwas, das ich nicht verstand, und warf mir eine Rolle Stoff zu. »Hier, für deinen Fuß. Bevor du auf meinem Teppich noch mehr Blutspuren hinterlässt.«
Ich verband meinen Fuß und schaute mich unauffällig weiter um. Schräg neben mir stand eine kleine silberne Statue, die ein fauchendes echsenähnliches Wesen darstellte. Ich betrachtete sie aus den Augenwinkeln. Schließlich gab ich meiner Neugier nach und ließ die Finger darüber gleiten. »Wo habt Ihr die her? Und was ist das für ein Tier?«
»Hast du noch nie ein Tass gesehen?«, brummte Udiko. »Sie leben in der Provinz der Feuer-Gilde. Die Statue hat mir ein Schmied geschenkt, dessen Sohn ich halb ertrunken aus dem Akjat-Fluss gezogen habe. Der Junge hatte sich beim Versuch, bei einer Gildenfehde mitzumischen, böse verschätzt.«
»Ich wusste gar nicht, dass auch Feuer-Leute nach Vanamee kommen. Ist für die das viele Wasser nicht unerträglich? Was war das denn für eine Gildenfehde? Und was ist eigentlich das da – und das?« Ich deutete auf ein Kästchen mit eigenartiger Form, das aus tiefschwarzem Holz geschnitzt war, und auf eine unterarmlange grüne Klaue, die daneben hing.
Der Große Udiko grunzte. »Du bist ein neugieriger Bursche, was?«
Ich musste lachen. »Geht die Sonne im Osten auf?«
»Zumindest war es heute noch so.« Zu meiner Überraschung sah ich, dass der Große Udiko lächelte. »Das ist gut. Ein Sucher ohne Neugier ist wie ein Fisch ohne Flossen.«
Ein Sucher? Mein Herz begann heftig zu pochen. Hatte ich doch noch eine Chance?
Der Große Udiko schwieg lange. Seine eisblauen Augen ruhten auf mir. Schließlich sagte er: »Was war es, was du sagen wolltest – bei deinem ersten Besuch?«
»Nichts Besonderes«, erwiderte ich, drehte die kleine silberne Statue des Echsenwesens in der Hand und betrachtete sie. Ich wollte nicht darüber sprechen. Vielleicht irgendwann mal. Aber nicht jetzt. Es roch zu sehr nach Selbstmitleid und Jammerei. »Nur, dass ich wirklich etwas verloren habe. Aber hat das nicht jeder?«
»Jedenfalls muss man wissen, wie es ist, um ein guter Sucher werden zu können.« Einen Atemzug lang lag ein Schatten auf Udikos Gesicht, doch dann kehrte die Wärme in seine Augen zurück. »Hm. Du bist frech, du bist aufdringlich und du hast die dumme Angewohnheit, dich mit gefährlichen Tieren abzugeben. Aber ich glaube, ich werde dich trotzdem als Lehrling annehmen. Unter drei Bedingungen.«
Ich konnte nicht anders, ich strahlte über das ganze Gesicht. »Die wären?«
»Erstens – keine dummen Bemerkungen über meine Essgewohnheiten mehr.«
»Geht klar. Und zweitens?«
»Du musst in dieser Zeit alles tun, was ich sage. Wirklich alles. Auch wenn es dir verrückt erscheint oder du Angst davor hast.«
Hm, das klang anstrengend. Aber die Herausforderung reizte mich. Schließlich war ich genau deswegen hier. »So soll es sein.«
Der Große Udiko musterte mich von Kopf bis Fuß. »Und drittens: Ich will hier keinen Ärger mit Mädchen. Du bist ein Bursche, wie er den Frauen gefällt, aber solange du mein Lehrling bist, liebäugelst du nicht mit Frauen, die mit einem Anliegen zu mir kommen. Klar?«
Das war schon schwieriger. Mädchen faszinierten mich. Sie waren so anders. So geheimnisvoll. Ich liebte ihre Bewegungen. Die Art, wie man mit ihnen reden konnte. Und natürlich die Art, wie sie sich anfühlten. Andererseits war diese Ecke von Daresh so abgelegen, dass ich in dieser Zeit sowieso nicht allzu viele von ihnen zu Gesicht bekommen würde – und ganz sicher keine, die es mit Lourenca aufnehmen könnte. Außerdem ging es ja nur um Frauen, die mit einem Anliegen zu Udiko kamen.
»In Ordnung«, sagte ich.
Am nächsten Tag, als sich das Gewitter verzogen hatte, holten wir gemeinsam eine handtellergroße Andreasmuschel aus dem See, aus der tiefsten Stelle. Udiko schickte einen Salamander in die nächste Siedlung und bat eine Frau, die er kannte, als Zeugin herzukommen. Schon einen halben Sonnenumlauf später war sie da, eine stille, bescheidene Meisterin in mittleren Jahren. Ich bemerkte ihre neugierigen Blicke. Wahrscheinlich fragte sie sich, wer dieser fremde Junge war, der den Großen Udiko dazu gebracht hatte, ihn als seinen letzten Lehrling anzunehmen. Die Neuigkeit würde sich schnell herumsprechen.
Die Zeremonie war kurz. Mit meinem Messer schnitzte ich mein Namenszeichen in die flache schwarze Schale der Muschel. Der Große Udiko schnitt sein Zeichen daneben und verband die beiden Symbole mit den traditionellen Ornamenten für Meister/Lehrling. Wir sprachen beide den Eid und waren einander damit verbunden, bis ich nach drei Wintern ausgelernt hätte oder einer von uns sich entschiede, die Muschel zu zerbrechen.
Am nächsten Morgen streichelte ich meinen zahmen Salamander zum vorerst letzten Mal und befestigte eine silberne Hülse mit einer Botschaft an seinem Hals. Es war Zeit, ihn auszuschicken.
Und Tad ke Vanamee mitzuteilen, dass sein Sohn seinen Weg gefunden hatte.
* * *
Manche riefen sie einfach »He, du, Katze!«, andere nannten sie »Staubflocke«, weil ihr Fell hellgrau war wie die Stäubchen, die sich in ungeputzten Ecken sammeln. Nach ihrem wirklichen Namen hatte in den zwanzig Wintern, die sie mittlerweile in der Burg diente, noch kein einziger Mensch gefragt. Vielleicht wissen sie nicht, dass Halbmenschen überhaupt Namen haben, dachte Mi'raela.
Sie hörte das Signal, das sie rief, und erhob sich lautlos. Mit ihren vierzig Wintern war sie für einen Katzenmenschen schon alt, und sie bewegte sich längst nicht mehr so geschmeidig wie in ihrer Jugend. Das unterirdische Leben ließ sie und ihre Brüder früh altern.
»He, Katze, wo bleibst ...«
Doch da stand Mi'raela schon in den Gemächern des Herrn, den sie Spinnenfinger getauft hatte, und wartete auf Anweisungen. Die schwarze Kutte, die er sonst immer trug und die seine Gestalt und sein Gesicht verdeckte, hing über der Rückenlehne seines Stuhls. Auch wenn er sie übergestreift hatte und mit seinen eigenartig gleitenden Schritten durch die Gänge eilte, hatte Mi'raela keine Probleme, ihn zu erkennen – er roch immer etwas schimmelig, wie Wäsche, die man zu lange nicht gelüftet hat, und nach den bitteren Kräutern, die er kaute, damit seine Zähne nicht ausfielen.
»Bring Polliak für zwei!«, befahl der Mann kurz, ohne sie anzusehen.
Mi'raela huschte davon. Sie sprach nicht viel, und es wurde nicht von ihr erwartet. Als sie in die Burg gekommen war, hatte sie kein Daresi beherrscht, und man hatte ihr nur die einfachsten Befehle beigebracht. Mehr brauchte sie in ihrer Stellung als Sklavin nicht zu wissen, und mehr konnten Halbmenschen nach Meinung vieler ohnehin nicht erlernen. Doch Mi'raela hörte gut zu, und schon nach wenigen Jahren in der Burg verstand sie die Sprache der Vollmenschen perfekt. Aber das brauchte niemand zu wissen.
Mi'raela kannte alle Geheimgänge und Abkürzungen; sie brauchte nicht lange bis zu einer der Küchen. Weil sie als schnell, zuverlässig und ziemlich dumm galt – als jemand, der keine Geheimnisse weitertratschen konnte –, diente sie inzwischen weit oben in der Burg, dort, wo man wenigstens ab und zu den Himmel sah. Die Küchen dort, hohe, aus dem dunklen Fels gemeißelte Räume, in denen es immer brütend heiß war, bedienten die wichtigen Dörflinge und die Regentin – Großfrau – selbst. Es roch meistens gut nach Braten oder frischem Brot, und alles war blitzblank. Man kannte Mi'raela natürlich längst – sie brauchte nur »Polliak« zu sagen, dann drückte ihr irgendein Küchenjunge das Gewünschte in die Pfotenhände.
Mi'raela huschte über Treppen und schräge Ebenen, bis sie wieder bei Spinnenfingers Gemächern eintraf. Spinnenfinger nahm ihr die Krüge ab und versuchte, ihr einen Fußtritt zu versetzen. Mi'raela wich geschickt aus. Liebend gerne hätte sie ihre spitzen Eckzähne in diesen knochigen Fuß gegraben, aber das ging nicht. Die gleiche Kraft, die sie dazu zwang, jeden Befehl zu befolgen, hinderte sie daran und ließ ihr nur hilflose Wut. Schon oft hatte Mi'raela daran gedacht, ihrem elenden Dasein ein Ende zu bereiten und sich aus Spinnenfingers Fenster zu stürzen, hinter dem es sieben Baumlängen in die Tiefe ging. Aber auch das ließ die unsichtbare Macht nicht zu.
Inzwischen war ein weiterer Mann eingetroffen; für ihn war der zweite Krug bestimmt. Noch bevor er die Kapuze seines schwarzen Umhangs zurückwarf, hatte Mi'raela ihn an seinem Geruch nach Steinstaub und Haaröl erkannt. Er war einer der Berater von Großfrau; die Halbmenschen nannten ihn Steinherz.
Heute wirkte er vielgroß wütend; wäre er ein Katzenmensch gewesen, hätte sich sein Fell gesträubt wie eine Bürste. »Ich war gerade bei ihr, Cyprio«, hörte Mi'raela ihn gerade noch sagen, bevor Spinnenfinger sie hinausscheuchte. Sie setzte sich in den Flur, obwohl sie die kalten Steine unter sich hasste, und spitzte aus reiner Gewohnheit die Ohren. Ihr Gehör war so scharf, dass sie das Gespräch mühelos durch die Tür hindurch verfolgen konnte – auch etwas, das Spinnenfinger nicht ahnte.
»Ich habe ihr gesagt, dass es höchste Zeit ist, ihre Nachfolge zu regeln. Aber sie ist seit neustem stur wie ein Hirschmensch. Meint, sie sei noch jung und das alles habe noch Zeit.«
»Jung! Das ist lächerlich, ihr Haar ist längst grauer als ein Herbstnebel. Wir müssen aufpassen, Nemur, dass sie uns nicht wegstirbt, bevor sie Hetta offiziell als Nachfolgerin bestätigt hat. Du hast es ihr doch vorgeschlagen?«
»Früher hätte ich ihr einfach gesagt, dass sie es tun soll, und damit wäre die Sache erledigt gewesen. Aber in letzter Zeit bildet sie sich ein, dass sie alleine entscheiden kann. Also habe ich dafür gesorgt, dass Hetta oft in ihrer Nähe ist und sich als Liebenswürdigkeit in Person zeigt. Sie ist in der Burg aufgezogen worden, kennt die Wege der Macht. Die Alte muss blind sein, wenn ihr nicht klar wird, dass sie die beste Anwärterin ist. Natürlich haben auch die Hohen Räte der Gilden ihre Mädchen geschickt, aber bisher ist keine ernsthafte Konkurrenz in Sicht.«
»Weiß die Alte, dass Hetta deine Tochter ist?«
»Ja, natürlich. Sie kennt mich schon zu lange. Aber ich sehe nicht, dass es einen Unterschied macht. Sie hat keine weiblichen Verwandten, bis auf diese Nichte, die wir früh genug aus dem Weg geschafft haben. Sie wird Hetta wählen, dafür werden wir schon sorgen.«
Mi'raela ließ den Kopf auf die Pfotenhände sinken und döste ein. Das Gespräch langweilte sie. Was interessierte sie es, wer die nächste Regentin wurde? Was ging es sie an, was die Menschen untereinander ausheckten? Auch die nächste Regentin würde Halbmenschen versklaven wie alle Regentinnen vor ihr, und sich zu wehren, war unmöglich. Es gab keine Hoffnung. Nirgendwo.