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V.Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte (§ 18c)

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Fall 16: Der Inder I, der einen BA in IT an einer staatlichen Universität in Dehli besitzt, und seit zwei Jahren im Besitz einer Blauen Karte als Softwarentwickler bei einer kleinen Firma in Deutschland ist, möchte eine ihm angebotene Stelle als IT-Spezialist mit einem höheren Gehalt von 6.000. Euro monatlich in einem international tätigen Konzern annehmen und beantragt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Die Ausländerbehörde lehnt den Antrag des I ab mit der Begründung, dass I zwar ausgezeichnete Englischkenntnisse besitze und Berufserfahrung als software Entwickler gesammelt habe, sich aber nur auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen könne und daher keine ausreichende Integration in die deutschen Lebensverhältnnisse gegeben sei.

Fall 17: Der türkische Staatsangehörige T, der ein Studium der Biologie in Deutschland erfolgreich abgeschlossen hat, bewirbt sich im Anschluss an eine zweijährige Tätigkeit als Mitarbeiter eines privaten biologischen Forschungsinstituts für eine Stelle als Vertriebsleiter/Türkei bei einem kleinen deutschen Unternehmen, das sich auf die Lieferung gentechnisch veränderter Pflanzen mit Absatzmärkten im Ausland und insbes. der Türkei spezialisiert hat. Ausgewiesen ist ein Anfangsgehalt von 55.000 Euro jährlich. Das Unternehmen möchte T die Stelle anbieten. Die Ausländerbehörde lehnt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis mit der Begründung ab, die Stellung als Vertriebsleiter qualifiziere ihn nicht als hoch qualifizierte Fachkraft. Auch habe er keinen Integrationskurs absolviert. Außerdem erfülle er schon im Hinblick auf die Höhe des angebotenen Gehalts die Voraussetzungen einer Niederlassungserlaubnis nach § 18c AufenthG nicht. Zu Recht?

303Fachkräfte nach § 18a, 18b oder 18d (Forscher) haben nach 4-jährigem Aufenthalt, mindestens 48 Monaten Beiträge zur gesetzlichen oder freiwilligen Rentenversicherung oder vergleichbaren Altersicherungssystemen, ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache, Sicherung des Lebensunterhalts, keinen entgegenstehenden Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Wohnung und Integrationskurs einen Anspruch auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis, ohne dass es der Zustimmung der Bundesagentur bedürfte. Weitere Voraussetzung ist ein Arbeitsplatz nach §§ 18a, 18b oder 18d. Es muss eine der Qualifikation angemessene Beschäftigung vorliegen. Eine Beschäftigung oder die Tätigkeit als Praktikant in einem Unternehmen entspricht nicht dem Typus des Arbeitsplatzes, der die Erteilung eines unbefristeten und unbeschränkten Aufenthaltstitels rechtfertigt. Vielmehr muss ein qualifiziertes Aufgabengebiet mit der Anstellung verbunden sein.

304Für Inhaber der Blauen Karte gilt eine herabgesetzte Zahl von 33 Beschäftigungsmonaten und der Leistung von Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung oder Aufwendungen für vergleichbare Leistungen einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung. Für die deutschen Sprachkenntnisse sind hier „einfache Kenntnisse der deutschen Sprache“ ausreichend, möglicherweise dadurch veranlasst, dass in manchen technischen Branchen die Fachsprache Englisch ist. Hat der Inhaber der Blauen Karte mit „ausreichenden“ Kenntnissen einen höheren Level an deutschen Sprachkenntnissen erreicht, verkürzt sich die erforderliche Beschäftigungsdauer auf 21 Monate. Zeiten einer vorübergehenden Arbeitslosigkeit sind nicht anrechenbar auf die Gesamtdauer der Beschäftigung. Dadurch wird die Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten, die durch eine Arbeitslosigkeit unterbrochen worden sind, nicht ausgeschlossen.

305Mit § 18c Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird wie bisher (§ 19 AufenthG a. F.) die Möglichkeit geschaffen, Absolventen inländischer Hochschulen oder Berufsschulen (berufliche Qualifikation) eine Niederlassungserlaubnis abweichend von § 9 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG bereits nach zwei Jahren zu gewähren, sofern sie über einen Aufenthaltstitel als Fachkraft verfügen. Die Vorschrift soll einen Anreiz geben, sich nach Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung oder Studium in Deutschland niederzulassen. Der Begriff des inländischen Studiums bestimmt sich nach den Hochschulgesetzen der Länder. Eine einer Hochschule vergleichbare Ausbildungseinrichtung liegt nur vor, wenn die Anforderungen an Dauer und Qualität der Ausbildung mit staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen vergleichbar sind. Vergleichbarkeit setzt voraus, dass die Ausbildung ein Qualifikationsniveau erreicht, das demjenigen staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen gleichsteht.

306Als Studium im Sinne des § 18c AufenthG gilt jeder Ausbildungsgang, der vergleichbar ist mit einem akademischen Studium an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen, das zugleich eine Berufsqualifikation begründet. Der berufsqualifzierende Charakter ergibt sich mittelbar daraus, dass für die Qualifikation als „Fachkraft“ ein der Ausbildung entsprechender Arbeitsplatz erforderlich ist. Ausreichend für ein inländisches Studium im Sinne des § 18c AufenthG sind auch neue Ausbildungsgänge, die nicht den herkömmlichen akademischen Ausbildungen entsprechen, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Das Studium oder die Berufsausbildung müssen erfolgreich abgeschlossen worden sein, was in der Regel das Bestehen einer Abschlussprüfung oder den Erwerb eines akademischen Grades voraussetzt, bei dem überprüft wird, ob die für eine berufliche Betätigung, zu der der Studiengang oder die berufliche Qualifikation vorbereiten soll, erforderlichen Kenntnisse und Qualifikationen erworben worden sind. Der erfolgreiche Abschluss setzt ferner voraus, dass zumindest ein wesentlicher Teil des inländischen Studiums in Deutschland absolviert worden ist. Die Absolvierung eines reinen Fernstudiums reicht zur Erfüllung der Anforderungen des Abschlusses eines inländischen Studiums im Allgemeinen nicht aus.

307Weitere Voraussetzung ist der Besitz eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b oder 18d AufenthG seit zwei Jahren. Aufenthaltszeiten, die aufgrund anderer Aufenthaltstitel zurückgelegt worden sind, sind nicht berücksichtigungsfähig. Privilegiert werden sollen nur Ausländer, die sich beruflich in Deutschland qualifiziert haben und anschließend in Deutschland eine entsprechende berufliche Position erlangt haben. Nicht ausreichend ist daher der Aufenthalt aufgrund eines Aufenthaltstitels, der zu humanitären Zwecken oder zum Zweck des Familiennachzugs erlangt worden ist, auch wenn er zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit kraft Gesetzes berechtigt. Die Aufenthaltsdauer muss ununterbrochen seit mindestens zwei Jahren angedauert haben.

308Der Ausländer muss in einem ungekündigten qualifizierten Beschäftigungsverhältnis stehen. Der Arbeitsplatz muss dem Abschluss angemessen sein. Kriterien sind die Anforderungen an die berufliche Tätigkeit, die Höhe der Bezahlung, die für die Ausübung der betreffenden Beschäftigung allgemein geltenden Qualitätsanforderungen, d. h. die Absolvierung eines Studiums oder qualifizierte Berufausbildung. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 18c AufenthG soll nach dem Zweck der Vorschrift die Dauerniederlassung erfolgreicher Absolventen begünstigen. Daher muss auch die Beschäftigung mit dem in Deutschland absolvierten Studium in einem sachlichen Zusammenhang stehen.

309Für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis hat das Gesetz die ansonsten erforderlichen Beiträge für eine Rentenversicherung oder Vorsorgeeinrichtung auf 48 oder 33/21 (Blaue Karte) bzw. 24 Monate Pflichtbeiträge verkürzt. Nicht unbedingt erforderlich ist, dass die Beiträge oder Leistungen während der Zeit des erforderlichen Aufenthalts erbracht worden sind. Entscheidend ist, ob ein erforderliches Mindestmaß an eigenen Beitragsleistungen nachgewiesen wird, um dem Risiko einer Einwanderung in die Sozialsysteme der Bundesrepublik Deutschland zu begegnen. Diese Beiträge müssen tatsächlich geleistet worden sein und entsprechend durch Bescheinigungen nachgewiesen werden.

310Nach § 18c Abs. 1 Nr. 5 AufenthG müssen ferner die allgemeinen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 bis 6, 8 und 9 AufenthG (Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis) erfüllt werden, soweit nicht nach den speziellen Regelungen des § 18 c Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AufenthG eine Modifikation geboten ist. Die Vorschriften, auf die § 18c Abs. 1 Nr. 5 AufenthG Bezug nimmt, machen die Erteilung der Niederlassungserlaubnis von der Sicherung des Lebensunterhalts, der Abwesenheit einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und der Erfüllung der beschäftigungsrechtlichen Anforderungen, von Grundkenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung und ausreichenden Wohnraums für den Antragsteller und die Familie abhängig. Für die Erfüllung dieser Voraussetzungen gelten die gleichen Maßstäbe, wie auch für Antragsteller einer allgemeinen Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG.

311Unter bestimmten Voraussetzungen, die in § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und 6 AufenthG festgelegt sind, kann von den Integrationsvoraussetzungen dispensiert werden. Die entsprechende Anwendbarkeit ermöglicht eine Berücksichtigung der spezifischen Situation von ausländischen Fachkräften im Vergleich zu denjenigen Ausländern, die aufgrund langer Aufenthaltsdauer und des erreichten Integrations­standes eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG beanspruchen. Vorgesehen ist insbesondere eine Dispensierung von den Sprachanforderungen und der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs im Falle körperlicher, geistiger oder seelischer Krankheit oder Behinderung. Darüber hinaus kann vom Erfordernis der Sicherung des Lebensunterhalts und der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Altersversicherung entsprechend § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG dispensiert werden.

312Hochqualifizierte Fachkräfte können nach § 18c Abs. 3 in besonderen Fällen eine Niederlassungserlaubnis ohne Erfüllung einer bestimmten Aufenthalts- oder Beschäftigungsdauer und weitgehend befreit von den allgemeinen Anforderungen des § 9 Abs. 2 mit der einzigen Ausnahme des § 9 Abs. 2 Nr. 4 (Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) erhalten. § 18c Abs. 3 AufenthG bietet damit in Anknüpfung an § 19 a. F. die Möglichkeit, besonders qualifizierten Ausländern bereits bei der erstmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels ein Daueraufenthaltsrecht in Form der Niederlassungserlaubnis zu geben. Die Vorschrift zielt auf Spitzenkräfte der Wirtschaft und Wissenschaft. Durch sie soll dem Bedürfnis Deutschlands, hoch qualifizierte Arbeitskräfte zu rekrutieren, an deren Aufenthalt im Bundesgebiet ein besonderes wirtschaftliches und gesellschaftliches Interesse besteht, Rechnung getragen werden. Hochqualifizierten Fachkräften soll damit die für ihre Aufenthaltsentscheidung notwendige Planungssicherheit geboten werden. Außerdem ist mit der Niederlassungserlaubnis nach § 18c AufenthG ein besonderer Ausweisungsschutz verbunden, der jedoch wie bei § 9 AufenthG einen fünfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG), um zu vermeiden, dass der nach dieser Vorschrift Begünstigte zu Beginn seines Aufenthaltes ohne Folgen Ausweisungstatbestände verwirklichen kann1. Im Übrigen ist die nach § 18c AufenthG gewährte Niederlassungserlaubnis wie diejenige nach § 9 AufenthG ein unbefristeter Aufenthaltstitel, der zur unbeschränkten Ausübung einer Erwerbstätigkeit (selbstständig und unselbstständig) berechtigt und nur in den im AufenthG zugelassenen Fällen mit einer Nebenbestimmung versehen werden darf.

Voraussetzung ist, dass die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe gewährleistet sind und das Erfordernis der mehrjährigen Berufserfahrung nachgewiesen wird. Als hoch qualifiziert werden nach § 18c insbesondere (keine abschließende Aufzählung) angesehen Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen oder Lehrpersonen in herausgehobener Funktion oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Funktion. Als Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen sind solche Personen anzusehen, die über besondere fachliche Kenntnisse in einem speziellen Fachgebiet von überdurchschnittlich hoher Bedeutung verfügen oder die eine besonders hohe Qualifikation, ausgewiesen durch Auszeichnungen, Preise, einen internationalen Bekanntheitsgrad oder heraus­ragende Funktionen in wissenschaftlichen Institutionen aufweisen. Nicht ausreichend ist die bloße Tatsache der wissenschaftlichen Beschäftigung an einer Universität oder Wissenschaftsinstitution. Als Lehrperson oder wissenschaftlicher Mitarbeiter in herausgehobener Position gelten Personen dann, wenn sie entweder eine leitende Funktion, z. B. als Lehrstuhlinhaber oder Institutsdirektor ausüben, oder im Falle wissenschaftlicher Mitarbeiter, wenn sie eigenständig und verantwortlich wissenschaftliche Projekt- oder Arbeitsgruppen leiten2.

313§ 18c Abs. 3 Satz 1 AufenthG sieht die Erteilung der Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte „in besonderen Fällen“ vor. Das Gesetz enthält allerdings keine Angaben darüber, unter welchen Voraussetzungen ein „besonderer Fall“ angenommen werden kann. Unklar ist, ob neben der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18c Abs. 1 Satz 1 AufenthG auch noch das Vorliegen eines besonderen Falles dargelegt werden muss, um das Ermessen der Behörde hinsichtlich der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu eröffnen3. Hiergegen sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte als auch der Gesetzeszweck. Die Entstehungsgeschichte und der Zweck der Regelung, einen attraktiven Aufenthaltstitel für die in § 18c Abs. 3 AufenthG bezeichneten Personengruppen zur Verfügung zu stellen, sprechen für eine eher extensive Auslegung. Durch die Einführung einer Blauen Karte für Hochqualifizierte, die in der Systematik des Aufenthaltsrechts nunmehr den Regelaufenthaltstitel auch für qualifizierte Drittstaatsangehörige mit akademischer Ausbildung darstellt, gewinnt aber das Argument an Gewicht, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis die Darlegung eines „besonderen Falles“ erfordert, der sich vom Regelfall des § 18b Abs. 2 AufenthG unterscheidet. Ein „besonderer Fall“ liegt daher dann vor, wenn der „hoch qualifizierte“ Antragsteller sich entweder durch die wissenschaftliche Qualifikation (Preise, wissenschaftliche Auszeichnungen, besondere wissenschaftliche Forschungsergebnisse, Bekanntheitsgrad) oder durch die leitende bzw. berufliche Funktion (Leiter einer Forschungseinrichtung, eines Unternehmens usw.) vom Regelfall der Erteilung einer Blauen Karte abhebt. Das Gehaltsniveau allein stellt kein ausschlaggebendes Kriterium dar, es kann aber ein Indiz für eine herausgehobene Funktion oder Qualifikation sein.

314Voraussetzung für die Gewährung der Niederlassungserlaubnis ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe gewährleistet sind. Die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland setzt eine Prognose voraus, dass der Ausländer und die mit ihm im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen sich in den rechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland ohne Probleme zurechtfinden werden. Für die Prognose bietet sich grundsätzlich ein Rückgriff auf die in Kapitel 3 vorgesehenen Integrationsleistungen an. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei den in § 18c Abs. 3 AufenthG ins Auge gefassten Hochqualifizierten keine schematischen Anforderungen an Sprachkenntnisse gestellt werden können. Eine unterschiedliche Behandlung erscheint deshalb gerechtfertigt, weil die in Kapitel 3 geforderten Sprachkenntnisse nicht zuletzt im Hinblick auf die berufliche und soziale Eingliederung geboten sind. Auf hoch qualifizierte Wissenschaftler, die sich auch beruflich nicht selten in einem fremdsprachlichen Umfeld betätigen, können die sprachlichen Anforderungen an eine Integration in die „Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland“ nicht undifferenziert übertragen werden.

315Die Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhaltes ist erfüllt, wenn der Ausländer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um seinen Lebensunterhalt und denjenigen unterhaltsberechtigter Familienangehöriger ohne staatliche Hilfe und insbesondere ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder gleichartiger sozialer Leistungen, die nicht auf Versicherungsbeiträgen beruhen, bestreiten zu können.

Lösung Fall 16: Da I die Voraussetzungen nach § 18c Abs. 2 Satz 1 mangels einer hinreichend langen Beschäftigungszeit nicht erfüllt, kann er noch nicht aufgrund seiner Eigenschaft als IT-Spezialist oder wegen der Höhe des Gehalts eine Niederlassungserlaubnis erhalten. Erforderlich wäre eine mit den Fallgruppen des § 18c Abs. 2 Satz 3 AufenthG vergleichbare besondere berufliche Qualifikation oder eine herausgehobene Stellung, die ihn als hoch qualifiziert ausweist. Das Arbeitsplatzangebot qualifiziert ihn zwar für die Erteilung einer Blauen Karte, nicht aber für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Anders wäre die Rechtslage zu beurteilen, wenn I aufgrund einer herausragenden fachlichen Qualifikation eine leitende Stellung in dem internationalen Konzern übernehmen würde. In diesem Fall könnte eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland und die Sicherung des Lebensunterhalts ohne staatliche Hilfe gewährleistet sind (§ 18c Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Sofern die Sprachkenntnisse des Ausländers für die Verständigung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ausreichend sind (z. B. Englischkenntnisse bei internationalen Unternehmen), wird man es für die Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland genügen lassen, dass der Ausländer in der Lage ist, sich auch im Alltag sprachlich zurechtzufinden, ohne dass das Niveau des § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AufenthG erreicht werden muss. Zweifelhaft ist allerdings, ob der Ausländer allein aufgrund seiner mehrjährigen Berufserfahrung schon als hochqualifiziert i. S. des 18c qualifiziert werden kann. Da die Entscheidung der Ausländerbehörde aber auf einer fehlerhaften Begründung beruht, ist sie aufzuheben und die Behörde anzuweisen, neu über den Antrag zu entscheiden.

Lösung Fall 17: Die Ablehnung der Niederlassungserlaubnis mit der von der Ausländerbehörde gegebenen Begründung ist fehlerhaft. Für eine Niederlassungserlaubnis nach § 18c Abs. 1 reicht eine zweijährige Beschäftigungsdauer aus, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 18c Abs. 1 erfüllt sind (§ 18c Abs. 1 Satz 2). Auch ist davon auszugehen, dass für 24 Monate Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung geleistet worden sind. Die Integrationsvoraussetzungen sind im Hinblick auf das inländische Studium erfüllt (§ 18c Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 5). Fraglich ist allerdings, ob die Stellung als Vertriebsleiter mit dem Studium der Biologie kompatibel ist, d. h. ob das Biologiestudium zu dieser Art von Tätigkeit qualifiziert. Das ist nur dann anzunehmen, wenn hierfür die im Studium erlangten biologischen Kenntnisse erforderlich sind. Kann das Gericht das aufgrund der ermittelten Informationen über die geplante Tätigkeit feststellen und liegen keine sonstigen Ablehnungsgründe vor, ist die Ausländerbehörde zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis ohne Zustimmung der Bundesagentur zu verurteilen. Ist die Voraussetzung erfüllt, so ist nicht entscheidend, ob der Ausländer ein Spitzengehalt erzielt, zumal es sich hier um eine Anfangsbeschäftigung bei einem kleineren Unternehmen handelt. Eine hoch qualifizierte Tätigkeit i. S. des § 18c Abs. 3 scheidet dagegen aus. Erforderlich wäre danach, ob T als Wissenschaftler mit besonderen fachlichen Kenntnissen im Sinne des § 18c Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 AufenthG angesehen werden kann.

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