Читать книгу Hölle auf zwei Rädern - Kerrie Droban - Страница 13

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Am Anfang hatte ich keine andere Wahl. Ich trieb zwischen zwei Welten – der meiner Pagan-Familie und der meiner Freunde in der Stadt. Die beiden Lager wussten nichts voneinander, was mir auch ganz recht war. Durch die Distanz konnte ich Nähe erleben. Mit zwölf Jahren war ich schon zu einem regelmäßigen Partygänger der Freundesfeste der Pagans geworden, knallharten Festivitäten, die oft mehrere Tage hintereinander in einer zerfallenen Scheune stattfanden, die auf fünf Quadratkilometer bergigen Landes außerhalb von Allentown lag. Mein Job bei den Events bestand darin, nach Bullen Ausschau zu halten, die sich gelegentlich durchs Gras anschlichen, um Namen und Nummernschildern zu notieren. Es kam auch vor, dass sie Straßensperren vor den Einfahrten zum „Zeltlager“ der Pagans errichteten.

Meist versuchten die Bullen, alle nur erdenklichen Informationen über die Pagans zu sammeln, und hofften, ihnen nachzuweisen, dass sie im großen Stil am organisierten Verbrechen beteiligt waren. Natürlich ließen sie sich nicht die Chance entgehen, einen Biker wegen Trunkenheit, ungehörigen Benehmens oder Besitzes von illegalen Drogen zu verhaften.

Aber die Pagans waren auf der Hut und verwischten ihre Spuren. Manchmal provozierten sie die Bullen, indem sie beim Pizzaservice anriefen und Bestellungen aufgaben, die dann an die Streifenwagen ausgeliefert wurden. Oft besprühten sie auch die Schilder der Freeway-Ausfahrten mit dem Hinweis: POP – THIS WAY. Die Pagans benutzten mich als ihren Scout, Sündenbock und Lockvogel.

Nachts erklang überall das Geräusch von tuckernden Harleys, heulenden Frauen, zerbrechendem Glas und umfallenden Bierkästen. Auf der Bühne wurde Wein verschüttet, der die Bretter blutrot färbte. Lagerfeuer erleuchteten die Dunkelheit. Die Flammen umspielten die oberen Äste der umsäumenden Bäume. Es bot sich ein Bild von dreckigen Bärten, schmierigen Pferdeschwänzen, ärmellosen Jeans-Kutten und Hakenkreuzen. Auf den dicken Armen der Biker konnte man die Tätowierung „Pagans“ erkennen. Von einer notdürftig zusammengeschusterten Bühne schoss ein goldenes Stroboskoplicht in den Dreck. Rock Star und seine Band Classic drückten einen pulsierenden Beat durch die Boxen, der so laut war, dass mein Trommelfell schmerzte.

Anwärter für die Pagans drückten ihre Zigarettenstummel durch die ausgeschnittenen Augen des Feuergottes Dark Zurt, den man auf ein großes Pappschild gemalt hatte. Bier, Cola, Marihuana, LSD, Ecstasy und Benzedrin gab es im Überfluss. Unbekannte Frauen marschierten an mir vorbei, mit der Aufschrift „Besitz von Mangy“ auf dem T-Shirt. Es schien egal zu sein, ob mein Vater im Knast hockte. Er hatte seine Arbeitstiere, je attraktiver, desto nützlicher und profitabler.

Mitten auf der Bühne räkelte sich eine spindeldürre blonde Mieze provokativ zur Musik und begann einen Striptease hinzulegen. Die ausgezogenen Klamotten warf sie in die Meute geifernder Wölfe. Es war Salt Lick Cherie. Gerüchten zufolge lag ihr persönlicher Rekord bei 50 Männern an einem Abend. Plötzlich stand sie völlig nackt da. Der G-String war vor wenigen Sekunden gefallen, und jetzt schob sie sich eine Maglite-Taschenlampe zwischen die Beine. Dann kroch sie wie eine Albino-Spinne auf dem Rücken über das splitterige Holz, spreizte die Schenkel und ließ die Taschenlampe wie ein zwinkerndes Auge aufblinken. Die Biker drängelten sich um sie, vergossen Bier, tobten vor Begeisterung und klatschten Beifall, die Hände zum Himmel ausgestreckt. Einer vergrub sein Gesicht zwischen ihren Beinen und zog die Taschenlampe mit seinen Zähnen raus. Der Applaus steigerte sich zu einem Tosen.

Ich musste kämpfen, um meine Fassung zu bewahren, denn jetzt ließen sie die Hosen fallen und bestiegen sie, manchmal zwei oder drei gleichzeitig. Ohne zu protestieren machte sie mit, zuckte und stöhnte, steigerte sich in eine Orgie hinein, eine Freiwillige, die ihre Hemmungslosigkeit zelebrierte. Mit der Zunge benetzte sie lustvoll ihre Lippen. Mein Kopf fühlte sich merkwürdig blutleer an.

Was für eine Ironie, dass die meisten Frauen, die mit den Pagans Partys feierten, tagsüber angesehenen Jobs nachgingen, bei Versicherungen oder sogar in Anwaltskanzleien arbeiteten. Wenn es dunkel wurde, verwandelten sie sich wie Monster in ihr Alter Ego, tauschten die konservative Kleidung gegen hautenge Jeans und nuttige Blusen ein, um den Kick von ungezügeltem und hartem Sex zu erleben. Für sie waren die Pagans nur eine Kuriosität, eine Freakshow auf dem Rummelplatz, und nach einer Weile konnte niemand mehr sagen, wer hier denn wen ausnutzte. Doch nicht alle Frauen führten ein Doppelleben. Einige saßen in ihrem eigenen Gefängnis fest. Sie waren vor ihren Vätern oder Onkeln geflüchtet, die sie vergewaltigt hatten, oder vor Müttern, die zu Süchtigen oder Prostituierten geworden waren. Die Ausreißerinnen strippten für Geld und Drogen, streckten den Stoff mit Chemikalien, in der Hoffnung, die Alpträume ihrer Kindheit für kurze Zeit zu vernebeln, bis dann schließlich doch die brutale Realität die Oberhand gewann. Wenn die Mädchen auf Entzug waren, packten ihre durchgeknallten Freunde die mit Narben übersäten Arme und injizierten ihnen einen Schuss Heroin. Der Zyklus wiederholte sich und jedes High riss sie danach noch tiefer in die Dunkelheit.

Einige der Frauen unterhielten sich mit mir. Vielleicht amüsierte ich sie. Vielleicht empfanden sie aber auch einfach nur Mitleid. Sie hatten sich dieses Leben nicht ausgesucht, sondern bereits aufgegeben und sich dem Schicksal gefügt. Vielleicht war das leichter als sich einem unerbittlichen Überlebenskampf zu stellen. Möglicherweise glaubten sie auch, dass sie eine Bestrafung verdient hätten. Man konnte sie nicht mit den anderen Frauen vergleichen, die ihre wohlbehüteten Familien und sicheren Jobs für eine Nacht voller Sex verließen, nur um am nächsten Tag wieder zum Alltag überzugehen und delikate Storys erzählen zu können. Diese Frauen hier verbüßten eine lebenslange Haftstrafe.

Ich schloss die Augen. Mir war schwindlig vom Gras. Die Geräusche um mich herum wurden immer lauter. In meiner Vorstellung verformten sich die Körper zu Fleischklumpen, die sich zusammenballten und Salt Lick Cherie zerquetschten, bis sie keine Frau mehr zu sein schien, sondern ein missgestaltetes Zirkusmonster. Ich öffnete die Augen und sah die Typen, die darauf warteten Salt Lick Cherie zu ficken. Sie ließen Halluzinogene herumgehen, als wären das kleine Partymitbringsel – Acid, Meskalin und PCP, ein Tranquilizer, der ein Pferd umhauen kann und Muskelspasmen und verängstigende Visionen verursacht. Als wäre die Vorstellung, es mit Salt Lick Cherie zu treiben, nicht schon grotesk genug. Mittlerweile loderten die Feuer hell in den Himmel.

Ich zog das Kiffen vor, in der Hoffnung schnell einzuschlafen. Mit angezogenen Beinen, die mir wie ein Ball in den Magen drückten, ließ ich mich einen grasbewachsenen Hügel hinunter rollen. Die Musik von Rock Star und seiner Band hämmerte in meinem Schädel, laut und sich unaufhörlich steigernd, wie ein lang gezogener Schrei. Die Stimme des Sängers schien sich in den Bäumen zu verirren. Ich fühlte nichts mehr, bis auf einen kühlen Luftzug und das nasse Gras in meinem Gesicht. Eine Ackerfurche im Feld stoppte die Rollpartie. Mein Körper war so entspannt, so leicht, dass ich weder Arme noch Beine bewegen konnte, aber mich quälte ein lähmender Kopfschmerz. Auch wenn mich hier tagelang niemand fände, würde es mir gut gehen – sicher umhüllt von meiner eigenen Dunkelheit.

Am nächsten Morgen erinnerten die umliegenden Wiesen an ein gigantisches Schlachtfeld. Ein paar Pagans schliefen in ihren Kutten, mit den Flaggen der Pagans als Kopfkissen und Erkennungszeichen, denn das Club-Gesetz schrieb vor, dass Außenseiter nicht in den Westen des Clubs übernachten durften. Zerschlagene Bierflaschen und zerknüllte Dosen vermüllten die Hügel. Aus der Ferne hörte man das klagende Spiel einer Mundharmonika.

Ich fröstelte. Vom Tau des Grases war meine Hose völlig klamm. Über der Bühne breitete sich eine unheimliche Ruhe aus, die nichts von der Action der vergangenen Nacht erahnen ließ. Salt Lick Cherie lag zusammen gerollt und nackt auf den Brettern, wie ein Fötus. Ihr blondes Haar hing wie ein Schild vor dem Gesicht. Rock Star döste vor sich hin, mit der Gitarre in seinem Schoß. Die Sonne tauchte die Hügel in gleißendes Licht. Ich hörte das Heulen von Motorrädern. Bald würden die Bullen eintreffen. Es war höchste Zeit in die Gänge zu kommen.

Später am Morgen stieg ich auf den Rücksitz der Harley des Club-Präsidenten Jerry Fox, dem jemand den Spitznamen Slowe Poke gegeben hatte. Wir machten uns in Richtung Atco Speedway auf. Die Geschwindigkeit verwandelte die Welt um mich herum in ein langes Band aus formlosen Farben. Die Lichter in der Stadt flackerten wie Kerzen. Die Gebäude schienen flacher zu werden, und leuchtende Glocken glitzerten wie Goldstaub. Die Straße wirkte wie eine lange, schwarze Zunge voller Risse, Schlaglöcher und hektischer Fußgänger. Neben mir verschwommen die Autos, und die Insassen machten den Eindruck, als würden sie durch das Glas erstickt. Ich hielt die Hände in den feuchten Fahrtwind, legte mich mit in die Kurven, wobei der Nieselregen auf meine Wangen prasselte. In einer Biegung brach das Hinterrad ein wenig aus und ich wurde zur Seite gerissen. Die Auspuffgase versengten mein Bein. Der Geruch der Straße übermannte mich, erinnerte mich an weggeworfene faule Eier und das nach Knoblauch riechende Brot eines italienischen Dinners. Streusalz, Teer, der feuchte Wind, versengtes Gummi und der strenge Geruch des Rauchs aus der Kabine eines Truckers – all die Eindrücke brannten sich in mein Gedächtnis ein. Die Wucht der heißen Luft wechselte sich ab mit einer kalten Brise. Hinter uns zeichnete sich eine dünne Ölspur auf dem Highway ab. Slow Pokes Pferdeschwanz schlug mir in die Augen, und der Wind schoss in meine Nasenlöcher, trieb mir Tränen ins Gesicht. Ich fühlte mich schwerelos, so als würde ich fliegen. Ich schloss die Augen und hörte aus der Ferne das schrille Geräusch von Sirenen. Diese Erfahrung ähnelte meiner ersten Begegnung mit einem Bike.

Ich war sechs Jahre alt, und mein Vater saß schon im Knast. Mum brauchte Geld und verkaufte aus der Garage heraus Ersatzteile für die Bikes. Saint, damals noch 21, knatterte mit seiner Maschine wie ein Filmstar die Auffahrt hoch. Er trug keinen Helm, aber eine spiegelnde Sonnenbrille, eine Kutte und schwarze Jeans. Die lange, wilde Mähne umspielte sein Gesicht. Er stieg ab, stolzierte durch die Garage, nahm einige Teile in die Hand, schien aber mehr an mir interessiert zu sein. Ich hockte hinter einer kaputten Couch mit Karomuster und flüsterte zu mir selbst.

„Mit wem redet der?“, fragte Saint meine Mum. Er zog ein Dollarbündel aus der Weste und knallte es auf den Tisch: „Fürs Licht.“

„Mit seiner Farmerfamilie.“ Sie stellte den Ton des Fernsehers lauter. Bei uns standen zwei Geräte übereinander, von denen aber keins vernünftig funktionierte. Der eine Fernseher war noch eine Schwarzweiß-Flimmerkiste und in dem anderen klaffte ein riesiges Loch.

„Was dagegen, wenn ich ihn auf eine Spritztour mitnehme? Er sieht so aus, als würde er Hilfe brauchen.“ Saint hielt die Handschuhe in der rechten und klopfte damit in die linke Hand.

„Pass aber auf, dass er einen Helm trägt“, murmelte Mum. Sie war total in Der Preis ist heiß versunken. Eine Kippe hing in ihrem Mundwinkel.

Saint kniete sich neben mich und tätschelte meinen Kopf. „Hey Kleiner, hast du schon mal so ein Ding gesehen?“ Er zeigte auf seine Maschine. Glänzendes Chrom blitzte vor dem Hintergrund des trostlosen Graus der Garage auf. Ich hatte schon viele Bikes gesehen, meist auseinandergebaut in unserem Wohnzimmer, aber niemand hatte mich je zu einer Fahrt eingeladen.

Ich verließ den Schutz des Sofas und rannte zu der Maschine, um aufzusteigen. Natürlich fiel ich runter und schürfte mir die Hände am Beton auf. In meiner Jeans klaffte ein Loch. Saint lachte.

Er setzte mich auf den Sozius. „Leg deine Hände um meine Taille und halt dich ganz fest, klar?“ Dann drückte er meine kleinen Hände in seinen Gürtel. Meine Beine baumelten in der Nähe des Auspuffs in der Luft.

„Zieh sie ein wenig hoch“, instruierte mich Saint. „Sonst wirst du sie dir noch verbrennen.“

Ich hörte aufmerksam zu und befolgte die Anweisungen. Ich beobachtete ihn, wie er mit seinem Fuß den Kickstarter der Harley durchtrat. Der laute Knall des Auspuffs jagte mir so eine Angst ein, dass ich wieder zu Mum rannte.

„Verdammter Schisshase. Genau wie dein Vater“, bemerkte sie zynisch, die Hände in die Seiten gestemmt, die Lippen voller Missgunst in Falten gelegt.

Danach kam Saint immer öfter vorbei. In seiner Gesellschaft fühlte ich mich gut. Er verkörperte das Bild, das ich von einem richtigen Vater hatte: Saint stand für Ehre. Die Pagans nannten das Rechtschaffenheit. Nicht jeder Pagan war rechtschaffen. Es gab verschiedene Grade der Auszeichnung. Die Leute hörten auf Saint und luden ihre Probleme bei ihm ab. Auf eine magische Art konnte er sie immer lösen – wie ein Zauberer. Er wusste alles Mögliche, privaten Scheiß, von dem kein anderer Ahnung hatte, und auch etwas über Drogendeals, mögliche Risse im Gruppengefüge und Fallen.

Wenn ich ihn darum bat, mir zu erklären, warum er so weise ist, zuckte er nur gleichgültig mit den Schultern und meinte: „Ich habe die Dinge beobachtet. Es wiederholt sich alles. Nach einer Weile habe ich die Klappe gehalten und den Leuten einfach zugehört.“ Er lehrte mich, beschrieb Szenarien, Leute, die bei ihm in der Kreide standen, Typen, die ihm Meth schuldeten, oder einen Kerl, der seine alte Dame respektlos behandelt hatte.

„Was würdest du tun?“, lautete die Testfrage. Er spielte mit den Spiegeln des Bikes, wischte sie mit einem weichen Lappen ab, ergötzte sich an seiner Reflektion und stoppte, um mir zuzuhören.

„Wahrscheinlich ihm seine verfluchten Eier zerquetschen“, erwiderte ich ehrlich.

„Dann kann ich nichts mit dir anfangen“, knurrte er geringschätzig.

Ich runzelte die Stirn. Saint seufzte, steckte den Lappen in die Jeans und holte zu einer Erklärung aus. „Bei jeder Geschichte gibt es zwei Seiten: Die Wahrheit und die falsche, ausgedachte Story. Stell dir mal diese Kirmesspiegel vor. Jeder zeigt ein unterschiedliches Bild desselben Gegenstandes. Die Kunst liegt darin, sich den richtigen auszusuchen.“

„Und wenn ich den falschen wähle.“

„Dann prasselt das ganze Glas auf deinen Kopf.

„Und wie findest du den richtigen?“

„Hör mal zu“, meinte er knapp. „Stell dir vor, ein Typ erzählt eine Story über einen anderen Kerl. Danach bittet er dich, dass du dich um seine Geschäfte kümmern sollst. Hör dir danach den anderen an, wie er die Geschichte aus seiner Sicht erzählt. Erst dann entscheidest du dich, wem du den Schädel zertrümmerst.“

Das ergab einen Sinn.

„Es ist der Unterschied zwischen dem Tierinstinkt und der menschlichen Beherrschung und Zurückhaltung“, fuhr er fort, doch ich kapierte nicht genau, was er meinte. „Stell dir Löwen vor, die im Käfig herum stolzieren. Der Zoowärter lässt einen Ziegenbock in das Gehege. Was machen die Löwen nun?“

„Sie greifen ihn an.“ Ich zuckte mit den Schultern. Zu der Zeit schien diese Frage lächerlich einfach zu sein. Mit dem Strohhalm fischte ich nach Eisbrocken in meinem Kaltgetränk und kaute darauf rum. Durch die feuchte Luft hatten sich Schweißflecken auf meinem T-Shirt gebildet. Es sah bedrohlich nach einem Regenschauer aus.

„Genau. Es ist Instinkt. Ihnen ist es egal, ob vielleicht ein Hirsch in einer Minute vor ihrer Nase seht. Sie jagen die Beute, die sie leicht und schnell fangen können. Wir können uns so ein Verhalten nicht leisten und müssen überlegen, denn der Hirsch kann möglicherweise die bessere Mahlzeit sein. Kannst du mir folgen?“

„Ich glaube schon.“ Ich runzelte die Stirn und schmiss den leeren Pappbecher in den Müll.

Am Abend nahm mich Saint auf eine Spritztour mit, um die Theorie in der freien Wildbahn zu beweisen. Ich schlüpfte auf den Rücksitz des Lincoln Continental und schnappte mir das Happy Meal von McDonald’s. Mein Gesicht schmerzte fast vor Lächeln.

„Aufgeregt?“ Ich konnte das breite Grinsen von Saint im Rückspiegel sehen.

Ich nickte und leckte Ketchup von meinen Fingern. Natürlich spürte ich die Aufregung, denn ich war ja erst zehn.

„Dein erster Auftrag!“ Er warf mir eine Serviette zu. „Wisch dir das Gesicht ab, Kleiner.“ Mein Herz raste. Das würde ein ganz großes Ding werden.

Wir holten Dagger ab, der eine kugelsichere Weste auf der nackten Haut trug. Er rutschte auf den Beifahrersitz und sah aus wie James Dean mit seinem kurz geschnittenen, blonden Haar, der reinen, nicht tätowierten Haut und dem extrem durchtrainierten Körper. Er arbeitete als „Steuereintreiber“ für die Mafia. Es wurde von allen Geschäftsleuten erwartet, der Mafia oder den Pagans eine „Straßensteuer“ zu bezahlen, für das Privileg, in deren Territorium einen Laden zu führen. Dagger machte sich als Verstärkung für die Mafia nützlich, eine Art Finanzbeamter mit stahlharten Muskeln.

„Hey, Kleiner.“ Er nickte mir zu. Es schien keinen zu stören, dass ich da einfach mittrottete.

Wir fuhren endlos lange durch kurvenreiche Wohngebiete mit trüben Straßenlaternen, bis wir bei einer kleinen Eckkneipe ankamen, die in einem Teil der Stadt lag, den ich nicht kannte. Es musste kurz nach Ladenschluss sein. Die Bar war dunkel, bis auf einen Lichtkegel, der den Tresen beleuchtete. Saint parkte in der zweiten Reihe und stieg aus. Die Fenster waren durch schmiedeeiserne Stangen gesichert, und die Eingangstür mit zentimeterdickem Blech beschlagen. Dagger gab mir ein Zeichen einzutreten, deutete auf einen Tisch hinten im Raum, an den ich mich schnell setzen sollte. Zu dieser Zeit hatten sich schon alle Gäste auf den Heimweg gemacht. Leise Musik drang aus der Jukebox.

Der Geruch von abgestandenem Bier zog in meine Nase. Ich hüpfte auf einen Drehstuhl, der so hoch war, dass meine Beine nicht mehr den Boden erreichten. Von dem scharfen Rauch brannten mir die Augen. Der Aschenbecher auf der Theke war wie die Hand eines Gorillas geformt und quoll über mit Kippen. Neben einem langstieligen, mit Lippenstift beschmierten Glas, hatte sich eine kleine Pfütze gebildet. Schatten tanzten auf der Wand. Ich hielt mich mit den Händen an der Unterseite des Tischs fest, an der ein altes Kaugummi klebte, und starrte den Besitzer an, einen gauhaarigen Italiener mit einem zusammengekniffenen, roten Gesicht. Er legte sein Handtuch hin, stellte ein Glas ins Regal, trocknete ein weiteres ab und fragte Saint und Dagger: „Womit kann ich Ihnen dienen, Gentlemen?“

Ich bemerkte ein leichtes Zittern in der Stimme. Das Glas in seiner Hand begann leicht zu vibrieren. Plötzlich schien sich der Raum elektrisch aufzuladen. Der Italiener wurde sichtlich blasser. Die kleinen Venen in seinen Wangen stachen deutlicher hervor. Niemand hatte mich auf so eine Situation vorbereitet, aber ich ahnte, was kommen würde. Angst saß mir im Nacken.

„Wir sind hier, um die Steuern zu kassieren“, sagte Dagger frei heraus. Er ließ die Knöchel seiner Hand knacken und schob die Weste leicht zur Seite. Eine Pistole steckte im Gürtel. Der Mann schluckte. Sein Adamsapfel zuckte nervös von unten nach oben. Die Pagans arbeiteten für die Mafia und trieben Geld von Barbesitzern, Kleinkriminellen und Drogengangs ein. Sie waren die „großen, harten Jungs“. Der Mafiosi Ralph Natale sagte einmal: „Wenn die Pagans in einem Club auftauchten, schüchterte das sogar die anderen Kriminellen ein. Die Pagans waren überall an der Ostküste zu finden – kontrollierten Nutten, Pornoringe, das Drogengeschäft und die Schutzgelderpressung. Und sie hatten überhaupt kein Problem damit, zu morden, wenn sie mal so weit gehen mussten.“

„Ich habe schon bezahlt.“ Der Besitzer setzte eine unschuldige Miene auf. Trotzdem zuckte ein Muskel in seinem Gesicht. Ich spürte die Anspannung wie eine Welle, die über mich hinweg schoss.

„Sagt wer?“, fragte Saint. Sein Blick war kalt, eiskalt, und ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.

„Giovanni“, entgegnete der Italiener.

„Was denkst du?“, knurrte Saint in meine Richtung. „Sollen wir Giovanni fragen?“

„Das kann nicht schaden“, antwortete ich und dachte, dass der Barbesitzer sich wie ein Ochse verhielt.

Dagger zuckte mit den Schultern. „Wir werden Giovanni fragen.“ Er schüttete sein Bier in einem langen Zug runter und rülpste. Ich hatte keine Ahnung, wer Giovanni war, mutmaßte aber, dass es der Mafiosi sein musste, der Dagger damit beauftragte, die ganzen ausstehenden Steuern zu kassieren. Damals konnte ich nicht verstehen, wieso der Italiener so leichtfertig und dumm log. Heute weiß ich warum: er wollte Zeit schinden. Sein Schicksal war längst besiegelt – er war schon jetzt ein toter Mann. Er hatte die Steuern nicht gezahlt und besaß kein Geld. Da konnte er nicht mit einer einfachen Entschuldigung oder mit irgendwelchen Ausreden um die Ecke kommen. Er muss gewusst haben, dass man Giovanni nicht von seiner Position abbringen kann. Auch Dagger muss das gewusst haben, doch er spielte einfach mit. Hier hatte ich ein Beispiel für die Geschichte von der Wahl des richtigen Spiegels direkt vor Augen – die Wahrheit und die falsche, erfundene Story.

Auf der Oberlippe des Barbesitzers bildeten sich Schweißperlen. Eine lange Zeit sprach niemand ein Sterbenswörtchen. Der Italiener lächelte gequält, stützte sich mit den Händen auf der Theke ab und wartete.

Wir zogen ab und setzten uns in den Wagen. Dagger platzierte den Revolver im Handschuhfach. „Für den Fall, dass wir von den Bullen angehalten werden“, sagte er und gestikulierte in meine Richtung. Er wollte sich versichern, dass ich wusste, wo er die Knarre verstaut hatte. Ich fühlte mich plötzlich wichtig. Dann fuhren wir zu Giovanni.

Saint hämmerte an Giovannis Tür. Es war drei Uhr morgens. Offensichtlich hatten wir ihn aus dem Schlaf gerissen, denn er stand mit blauen Boxer-Shorts, langen, schwarzen Socken und Pantoffeln im Türrahmen. Sein Haar sah zerzaust aus. Das Gespräch dauerte ungefähr drei Minuten. Während der ganzen Zeit saß ich im Wagen. Ich konnte wildes Gestikulieren und Kopfschütteln beobachten – Giovanni kannte keine Gnade. Saint und Dagger kehrten zu unserer Karre zurück und ließen sich in die Sitze fallen.

„Er sagte, dass er nicht den kleinsten Schiss bekommen hat“, meinte Saint, ohne dass ich ihn fragte. Er drehte sich um und betrachtete mich. „Was denkst du – welcher Spiegel ist der richtige?“

„Ich weiß nicht. Ich kenne noch nicht die ganze Geschichte.“

„Gut.“ Saint lächelte. „Du lernst dazu.“ Ich gähnte, müde von dem ganzen Spielchen und wollte nur noch schlafen. Erschöpft legte ich den Kopf gegen das Fenster und schloss die Augen. Ich verstand nichts von dem, was hier abging, fühlte mich aber glücklich. Ich war in Sicherheit und fuhr zusammen mit Saint in seinem Wagen.

Wenige Tage später statteten wird dem Barbesitzer einen weiteren Besuch ab. Es war spät, schon nach der Sperrstunde. Das Gesicht des Italieners verzog sich bei unserem Anblick. Er wurde kreidebleich und versuchte die Nervosität zu überspielen, indem er geschäftig den Tresen putzte. Gehetzt blickte er in Richtung des anderen Raums. Ich fragte mich, ob er Verstärkung hatte, und setzte mich wieder auf meinen alten Platz an dem großen Tisch. Dagger pflanzte sich auf einen Barhocker und nahm sich ein Bier. Er blies die Schaumkrone direkt in das Gesicht des Italieners und malte mit dem Finger ein Bild darauf. Es ähnelte Hangman. Saint saß mir gegenüber an einem anderen Tisch. Mehrere Minuten lang wechselte niemand ein Wort. Der Italiener ließ den Putzlappen fallen und begann mit tiefen, schweren Seufzern zu weinen. Er tupfte sich die Tränen mit der Schürze ab, schluckte, schüttelte den Kopf und warf mir einen bettelnden Blick zu. Vielleicht dachte er, ich sei sein Verbündeter und könnte durch meine Anwesenheit die ihm bevorstehende Strafe abmildern.

„Du hast uns angelogen.“ Dagger nippte am Bier. Er zog den Rand des Glases mit den Fingern nach. Seine Stimme klang ruhig, fast so, als würde er sich über das Wetter unterhalten.

„Nein“, erwiderte der Italiener mit tränenerstickter Stimme, und schaute auf den Boden.

„Sehen wir so dämlich aus?“ Dagger erhob die Stimme. Mit dem Handrücken wischte er sich über den Mund und trommelte anschließend mit den Fingern auf dem Tresen.

„Nein“, stammelte der Italiener. Er legte die Schürze ab und faltete den Putzlappen in kleine Quadrate. Sein Kinn zitterte. Mein Herz raste. Daggers Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. Sein Gesicht lief rot an. Ich hätte mich am liebsten ins Hinterzimmer verkrümelt. Völlig unerwartet war aus dem Spaß Ernst geworden.

„Was denkst du?“, fragte Dagger, seinen Blick auf mich gerichtet. „Sehen wir wirklich so dumm aus?“

Der Italiener weinte immer lauter. Ich spürte ein Kribbeln in den Händen. Mit einem krächzenden Geräusch schob Saint den Stuhl zurück. Er zog einen Eispickel aus dem Gürtel. Der Griff glitzerte im fahlen Licht. Mein Bewusstsein schien sich abzuspalten, und ich kam mir vor, als würde ich schweben. Das hier vor meinen Augen geschah nicht wirklich! Ich war kein Zeuge, sondern schwirrte in der Luft herum, weit weg von diesen Leuten. Daggers Hand schoss über den Tresen, und Saint packte sich den Kopf des Italieners und knallte ihn mit voller Wucht auf die Tischplatte. Dann schlug er mit dem Eispickel zu – wieder und wieder, bis der ganze Tresen mit Blut überströmt war. Es erinnerte mich an das Kürbiswerfen zu Halloween. Dagger ließ los und der leblose Körper glitt auf den Boden. Saint wischte den Eispickel an der Weste ab. Im Hinterzimmer richtete Dagger seinen Revolver gegen den Safe und drückte ab. Das Schloss barst auseinander und die Tür flog auf.

„Nichts drin.“ Dagger schüttelte den Kopf.

Saint wirkte gleichgültig. „Vielleicht hat der alte Mann doch die Wahrheit gesagt?“

Auf der Atco-Rennstrecke musste Dagger es mit „zivilisierten“ Profis aufnehmen. Ohne Hemd, aber mit seiner Kutte, raste er über die dreckigen Buckel, und sah dabei eher aus wie ein Dämon, statt wie ein Motorradfahrer. Ein leichter Nieselregen dämpfte die Stimmung der Menge, die größtenteils aus Pagans und Zuschauern aus der Stadt bestand. Die Luft schien vor Spannung und Donner zu vibrieren. Die Pagans formten eine menschliche Wand auf der Zuschauertribüne, standen Schulter an Schulter und hatten ihren Spaß über die Abneigung und den Schock, den sie bei den anderen auslösten. Die Kinder wichen zurück und auch die Frauen verdrückten sich. Die Biker fanden das lustig. Sie prahlten mit den Tattoos, rempelten die Leute aus Lust und Laune an und zetteltenen ohne jeglichen Grund Schlägereien an.

Ich verschlang meinen vierten Hot Dog innerhalb einer Stunde und stellte mich wieder bei der Imbissbude in die Schlange. Durch den Geruch des Bratfetts bekam ich noch mehr Appetit. Schon seit Tagen hatte ich nicht mehr so viel gegessen, und deshalb interessierten mich das Rennen und der Wettstreit nicht die Bohne. Die Rennfahrer ließen die Motoren aufheulen. Aus der Ferne wirkten sie in den eng geschnittenen Lederanzügen, den dazu passenden Helmen und den angehefteten Plastiknummern wie ein überdimensionales Farbknäuel. Die Plakate der Sponsoren flatterten im Wind – „Nur die Geschwindigkeit zählt“. Aus den Lautsprechern hallten laute Ansagen. Überall herrschte geschäftiges Treiben. Cheese, der hinter mit stand, stieß mich an. Er öffnete seinen Trenchcoat und zeigte mir das Arsenal von Deodorantdosen. Er winkte mir zu und meinte: „Pass auf.“

„Hier stinkt aber einer.“ Er verzog die Nase. Links von mir machte sich ein Mitglied der Breed kampfbereit. Die Pagans und die Breed hassten sich, denn ihr Club hatte einen von uns umgebracht.

„Nachdem Storm Cloud starb“, erklärte Cheese, „haben die Pagans ein Mitglied der Breed gekidnappt, es in einen Teppich eingerollt, mit Benzin übergossen und angesteckt. Dann schnappten wir uns das Abzeichen der Breed.“

Dadurch wurde nichts bereinigt, aber das war auch egal. Es fielen keine Worte, nur Grunzen, was sich ständig wiederholte, wie ein archaisches Gestammel. Doch irgendwie fühlten sie sich hinterher besser. Cheese sprühte mit der Deodorant-„Knarre“ so wild durch die Gegend, dass seine Finger vom Druck taub wurden. Der Regen hatte zugenommen und ich begann zu frieren. Der Chemienebel des Deodorants stach in meine Augen. Der Typ von den Breed hielt sich die Hände vor das schmerzverzerrte Gesicht. Er schrie gequält und rempelte mich an. Ich roch seinen Angstschweiß. Cheese stand hinter mir und lachte sich kaputt, denn für ihn stellte das nur eine weitere lustige Episode dar. Mir hingegen war überhaupt nicht zum Lachen zumute. Ich verstand nicht, was das sollte, aber damals konnte ich das noch nicht aus einer nüchternen Perspektive beurteilen. Rache für den Mord an Storm Cloud? Auf den Hügeln blitzten die Taschenlampen der Bullen wie böse, rote Augen auf. Als sie ankamen, um den Streit zu schlichten, erinnerte sich keiner der Biker mehr an Details.

Die Flammen des Barbecues schlugen höher und der Geruch von angekokeltem Fleisch zog durch die Luft. Überall lagen Decken herum, auf denen sich Mütter und ihre Kinder das Picknick schmecken ließen. Einige Pagans waren auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen, legten sich unter die geparkten Autos und dösten. Ich flitzte überall herum, machte mich als Laufbursche der Biker nützlich, holte Wasser für die Maschinen und hörte Saint aufmerksam zu, der über die Vorzüge eines Axtgriffs palaverte. Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Allerdings schmerzten mir auch die Beine. Bei Partys konnte ich in punkto Durchhaltevermögen mit den Pagans nicht mithalten. Mit zwölf musste ich hart kämpfen, um einen halbwegs klaren Blick in einem Nebel von Alkohol und Gras zu behalten. Mein Kopf pochte und der Alk lief viel zu schnell die Kehle runter. Ich war noch ein Kind, aber die Pagans merkten das nicht. Vielleicht wollte ich genau das?

„Hey Kleiner, komm mal rüber.“ Redneck kam auf mich zu. Er war ein großer, muskulöser und untersetzter Pagan mit geröteten Wangen und blondrotem Haar, das er zu einem schmierigen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Er ähnelte einem aufgeblasenen Ballon, in eine Jeans gequetscht. Redneck hielt außerhalb eines weißen Vans Wache. Seine mit Blech beschlagenen und durch Stahlsohlen verstärkten Stiefel klackten aneinander. Ein Eispickel und eine Kette hingen an seinem Gürtel. Wie die meisten Pagans trug er ein Tattoo-Hemd, was heißt, dass seine Arme von oben bis unten mit Bildern bedeckt waren. Ich gehorchte, denn das wurde von mir erwartet. Man konnte mich für fast alles gebrauchen. Was auch immer die Pagans benötigten – ich sprang und besorgte es ihnen.

Die Tür des Vans öffnete sich. Ich kletterte in den dunklen Innenraum, dann schloss sich die Tür wieder mit einem lauten Klicken. Als sich meine Augen noch nicht an den vollgestopften Raum gewöhnt hatten, fasste mir eine Hand mit lackierten Fingernägeln in den Schritt. Ein schimmliger Teppich lag in der Mitte ausgebreitet. Die bequemen Van-Sitze waren gegen grobe Holzbänke ausgetauscht worden, und drei Zuschauer starrten mich regungslos an.

Eine Frau zog den Reisverschluss meiner Jeans langsam runter, die Jeans, die ich seit sieben Tagen trug. Ihre Haare kitzelten die Innenseiten meiner Schenkel. Sie drückte mich auf den Boden und hielt mich an den Schultern fest. Ich hörte ein bekanntes Kichern. Cheese! Was machte der denn hier? Zähne blitzten auf. Ich konnte mein Spiegelbild in seiner dicken Brille erkennen, meine Augen groß wie ein panisches Reh, in einem dunklen Wald in die Enge getrieben, auf den Durchschlag der Kugel wartend. Cheese war nicht hier, um mich zu retten – er wollte mich anfeuern und mich bei der bevorstehenden Aktion unterstützen. Diverse Gerüche übermannten mich: Nasse Socken, Pisse und Schweiß. Fliegen krochen durch mein Haar. Die Frau umfasste meinen Schwanz mit dem Mund, lutschte sanft, dann härter und schneller, bis ihr Kopf in einem harten Rhythmus auf meinen Bauch schlug. Unter Schmerzen explodierte der weiße Saft auf dem Bauch. Um mich herum klatschten sie Beifall. Wie durch einen Nebel nahm ich den hohlen Applaus wahr. Ich fühlte mich benommen, als sich meine Augen der Dunkelheit anpassten. Andere Typen hatten schon die Hosen runtergelassen und warteten darauf, dass sie an die Reihe kamen. Ein Klopfen an der Tür. Es war Mum, die heulte.

„Das hast du gut gemacht, Kleiner.“ Ich erkannte die Stimme von Salt Lick Cherie. Die Frau leckte sich die Finger ab, winkte mir zu und flüsterte: „Lutschen und ficken – darum dreht sich alles.“

Später, in der Stille meines Zimmers, begann ich zu zittern. Keine Tränen, nur ein Versuch sich gegen das Geschehene zu wehren. Vergewaltigung, wie auch der Tod – das geschah doch nur anderen Leuten, nicht Zwölfjährigen und nicht Jungen! Jungen wurden nicht von einer Hure vergewaltigt, während die eigene Mutter hilflos draußen steht! Mein Brustkorb tat weh und ein pochender Schmerz quälte meine Schläfen. Ich brauchte Ablenkung, etwas, das mich vergessen ließ, mir eine andere Wirklichkeit vortäuschte und das Hässliche in meinem Leben verdrängte. Weil ich diesen Scheiß einfach nicht mehr ertragen konnte. Es war einfach zu hart. Ich hielt das nicht mehr aus. Ich war ein gutes Kind – ein gutes Kind – ein Kind! Ich verschloss die Tür, rauchte, bis ich high war, und tauchte erst Tage später auf, groggy und hungrig, nur noch Rache im Sinn.


Pagans auf einer Tour.


Saint auf seinem Bike.

Hölle auf zwei Rädern

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