Читать книгу Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union - Klaus-Dieter Borchardt - Страница 21

II. Die Reformdiskussion der 80er-Jahre

Оглавление

[21] Mit Beginn der 80er Jahre setzte eine sehr intensive Reformdiskussion ein, die unter den Stichworten „Europa der zweiten Generation“, „Relance Européenne“ oder „Europäische Union“ geführt wurde. Von den europapolitischen Initiativen und Reformvorschlägen, die von verschiedenen Seiten eingebracht worden sind, verdient vor allem der von Altiero Spinelli initiierte und vom Europäischen Parlament am 14. Februar 1984 mit großer Mehrheit verabschiedete „Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union“ besondere Beachtung29.

Das Europäische Parlament wagte mit diesem Vertragsentwurf einen qualitativen Sprung zur Europäischen Union. Der Entwurf sah die Übertragung neuer Zuständigkeiten auf die Union vor, die in Zentralbereiche staatlicher Politik vordrängten. Zu ihnen gehörten u.a. die Wirtschafts- und Währungspolitik, die Gesellschaftspolitik mit Sozial- und Gesundheitspolitik sowie im Bereich der Außenpolitik die Fragen nach Sicherheit, Frieden und Abrüstung. Die Rechtsetzung in der Union sollte durch eine Art Zweikammersystem erfolgen, das sehr stark an die Verhältnisse in einem Bundesstaat erinnerte. Ziel dieses Systems war es, ein Gleichgewicht zwischen Europäischem Parlament und Rat der Union, der aus Mitgliedern der Regierungen bestehen sollte, herzustellen.

[22] Auch wenn dieser Vertragsentwurf keine Aussicht hatte, von den nationalen Parlamenten ratifiziert und damit geltendes Recht zu werden, stellte er für die Mitgliedstaaten eine große Herausforderung dar. Diese Herausforderung haben die Regierungen der Mitgliedstaaten angenommen. Während sie sich noch im Juni 1983 auf dem Europäischen Rat in Stuttgart lediglich darauf verständigen konnten, „der EG in einer umfassenden Aktion Impulse zur Neubelebung zu geben“, kamen die Staats- und Regierungschefs auf dem Europäischen Rat Ende Juni 1985 in Mailand überein, mit der Schaffung eines Wirtschaftsraumes ohne Grenzen, der Stärkung des Systems der EPZ unter Einschluss von Fragen der Sicherheit und Verteidigung so-[S. 48] wie der Verbesserung der Entscheidungsstrukturen der EG durch eine Stärkung der Rechte des Europäischen Parlaments den noch weiten Weg zur Europäischen Union einzuleiten. Zu diesem Zweck beschloss der Europäische Rat die Einberufung einer Regierungskonferenz, die bis zum nächsten Europäischen Rat am 2. Dezember 1985 in Luxemburg zum einen über einen Vertrag über eine Außen- und Sicherheitspolitik und zum anderen über Änderungen des E(W)G-Vertrags verhandeln sollte.

Die Verhandlungen der Regierungskonferenz offenbarten allerdings in aller Deutlichkeit, dass keines der Mitgliedsländer zum damaligen Zeitpunkt bereit und in der Lage war, unter Preisgabe wesentlicher Teile seiner Souveränität den großen Sprung zur Europäischen Union zu wagen, den das Europäische Parlament mit seinem Vertragsentwurf vorgezeichnet hatte. Es konnte deshalb auch niemanden überraschen, dass der Europäische Rat auf seiner Konferenz am 2. Dezember 1985 in Luxemburg den Beginn einer Europäischen Union noch nicht schaffte.

Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union

Подняться наверх