Читать книгу Die neue Zeit - Klaus Henning - Страница 7
ОглавлениеGabriel
Ein weiteres Mitglied des Rates war Gabriel. Wie auch Balthasar erhielt Gabriel eine Benachrichtigung. Gabriel liebte Gedichte, seine Welt war eine rhythmisch geordnete. Er versuchte immer die Wahrheiten der Welt auf einen rhythmischen, melodischen Nenner zu bringen. Er beherrschte die Kunst des Dichtens wie kein Zweiter. Er war eine elegante Erscheinung und gab sich als nobler Gönner der schönen Sprache. Er lebte dies auch vor, seine Welt bestand aus konzentrierten Wahrheiten, mal im melodischen Einklang, mal schwer zu ergründen. Jedenfalls schien er von dieser inneren Rhythmik so eingefangen, dass auch seine körperlichen Bewegungen eine Geschmeidigkeit und Gefälligkeit für das Auge entwickelt hatten, das es eine Freude war, ihn zu sehen und zu hören. Seine Gestalt war ein einziges harmonisches Konzept. Er bewahrte die Welt, wie sie war, er war gegen unkontrollierbare Veränderungen. In vielen Diskussionen hatte sich seine Meinung als gegensätzlich zu der von Balthasar herausgestellt. Gabriel stand für Beständigkeit und Tradition, Balthasar dagegen wollte deutliche Spuren der Veränderung hinterlassen. Gabriels Harmonie war auch ein Spiegelbild seines ganzheitlich harmonischen und zufriedenen Lebens. Er übertrug dieses in sich Ruhen auch im positiven auf die anderen Ratsmitglieder und für keine geringe Zahl von ihnen war er ein ganz persönliches Vorbild. Gabriel war zufrieden und konnte in dieser Zufriedenheit ruhen. Er brauchte keine Veränderung um dieses Gefühl herzustellen. Er sah nicht in einem anders, mehr und größer das Glück, sondern in einem Prozess, der immerzu intensiv und mit großer Anstrengung begleitet werden musste, um zu dem Punkt der Zufriedenheit zu gelangen, den er doch schon erreicht hatte. Dieser Prozess war vor allem darauf ausgerichtet, die alten Regeln, Rituale und Gesetze genauestens zu befolgen und zu leben. Die Festigung des Althergebrachten war eins seiner Lebensziele. Die Geschmeidigkeit, die ihn auszeichnete, basierte auf dieser tiefen Verbundenheit zu den Traditionen, er konnte diese perfekt leben und vorleben. Man könnte fast sagen, er war die personifizierte Tradition. Diese perfekte Verbundenheit machte ihn zu einer führenden Persönlichkeit seiner Art. Es schien in ihm auch zu keiner Zeit Widerstände gegeben zu haben, die diese enge Symbiose hätten verhindern können. So schien er einer von tausend oder mehr zu sein, die vom Schicksal mit höchster Kompatibilität in seine Zeit geschickt wurde.