Читать книгу Strafrecht Allgemeiner Teil - Klaus Hoffmann-Holland - Страница 67
5. Leitentscheidungen
Оглавление197BGHSt 14, 193, 194f.; Späterer Erfolgseintritt (hierzu auch schon Rn. 185ff.): Die Täterin steckt einer Bekannten Sand in den Mund, bis sie diese für tot hält. Um die Spuren der Tat zu beseitigen, wirft sie die Bekannte in eine Jauchegrube. Tatsächlich war diese zu diesem Zeitpunkt lediglich bewusstlos, ertrinkt jedoch in der Jauchegrube. – Die Täterin hat durch die erste Tathandlung ein vorsätzliches Tötungsdelikt verwirklicht. Dass ein bereits für tot gehaltenes Tatopfer erst durch eine Beseitigungshandlung verstirbt, lässt den Vorsatz nicht entfallen, da sich dieses Geschehen im Rahmen des nach |70|allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren bewegt und insoweit ein unbeachtlicher Irrtum über den Kausalverlauf vorliegt.
198BGHSt 23, 133, 135f.; Unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufs: Der Täter möchte eine Bekannte töten und ergreift hierfür ein Messer. Als er mit dem Zustechen beginnt, wird er infolge einer Affektamnesie zurechnungsunfähig. Die Bekannte verstirbt infolge des wiederholten Zustechens. – Trotz der Schuldunfähigkeit im Zeitpunkt des Zustechens bejahte der BGH die Voraussetzungen eines vorsätzlichen vollendeten Tötungsdeliktes. Der Täter habe bereits vor dem Eintritt der Zurechnungsunfähigkeit mit der Tatausführung begonnen. Dass das Zustechen im Zustand der Schuldunfähigkeit erfolgte, stelle eine unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf dar, da ein Nichteintreten der Affektamnesie allenfalls zur Folge gehabt hätte, dass der Täter weniger schnell und weniger häufig zugestochen hätte.
199BGHSt 34, 53, 54f.; Aberratio ictus: Der Täter fährt mit seinem Auto auf den Liebhaber seiner ehemaligen Freundin zu, um diesen zu töten. Der Liebhaber springt rechtzeitig zur Seite und wird nur leicht gestreift. Stattdessen wird die hinter ihm stehende Freundin vom Auto erfasst und schwer verletzt. Hiermit hat der Täter nicht gerechnet. – Bzgl. des Liebhabers hat sich der Täter wegen versuchten Totschlags, bzgl. der Freundin lediglich wegen fahrlässiger Körperverletzung strafbar gemacht. Wirkt sich die Tat ohne Verwechslung des Angriffsobjekts an einem anderen Menschen aus (aberratio ictus), so liegt diesbezüglich eine vorsätzliche Tatbestandserfüllung allenfalls dann vor, wenn der Täter weiß, dass dieser Erfolg eintreten kann, und er dies billigend in Kauf nimmt.
200BGHSt 38, 32, 34ff.; Wesentliche Abweichung des Kausalverlaufs: Ein deutscher Staatsangehöriger erwirbt in Marokko 15 kg Haschisch und übergibt diese einem Drogenkurier zwecks Einführung in die BRD. Während einer Übernachtung in Spanien wird dem Kurier das Haschisch von einem Dritten entwendet, der dieses anstelle des Kuriers in die BRD einführt. – Die Einfuhr der Drogen durch den Dritten ist nicht vom Vorsatz des Erwerbenden umfasst. Für ihn war nicht ersichtlich, dass das Haschisch unabhängig vom Einfluss- und Herrschaftsbereich des Kuriers in die BRD eingeführt werden würde, so dass eine wesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf vorliegt.
201BGHNStZ 2001, 29, 30; Unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufs: Die Täterin versetzt einer bereits schwer verletzten Bekannten mit Tötungsabsicht mehrere wuchtige Messerstiche. Beim letzten Stich bleibt das Messer so fest im Gesicht der Bekannten stecken, dass die Täterin es nicht mehr herausziehen kann. Da sie die Bekannte für tot hält, berichtet sie ihrem Freund von dem Geschehen, der darauf beschließt, die Spuren der Tat zu beseitigen. Als er bemerkt, dass die Bekannte noch lebt, schlägt der Freund zunächst mit einer Wasserflasche auf ihren Kopf ein und würgt sie anschließend bis zur Regungslosigkeit. Ob die Bekannte an den Folgen der (den Sterbevorgang möglicherweise verkürzenden) Schläge mit der Wasserflasche oder nach diesen Schlägen in Folge der Messerstiche durch Verbluten verstirbt, kann nicht festgestellt|71| werden. – Die Täterin ist strafbar wegen eines vorsätzlich begangenen, vollendeten Tötungsdeliktes. Dass die genaue Todesursache nicht eindeutig festgestellt werden kann, ist für die objektive Erfolgszurechnung unerheblich, da die Täterin in jedem Fall eine bis zum Todeseintritt fortwirkende Ursache gesetzt hat, die durch das Eingreifen ihres Freundes nicht abgebrochen wurde. Dass die Täterin irrig davon ausging, die Bekannte sei bereits nach dem letzten Zustechen ums Leben gekommen, ist für die Bejahung des Tatbestandsvorsatzes ohne Bedeutung, da sich der Geschehensablauf im Rahmen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren bewegt und mithin eine unwesentliche Abweichung des Kausalverlaufs vorliegt. Der Freund der Täterin hat sich demgegenüber lediglich wegen eines versuchten Tötungsdeliktes strafbar gemacht, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Verhalten für den Todeseintritt nicht ursächlich geworden ist.