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|76|3. Kapitel Rechtswidrigkeit

I. Grundlagen

210Das an die Verwirklichung eines Straftatbestandes geknüpfte Unwerturteil führt nicht zur Strafbarkeit des Täters, wenn sein Verhalten gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn ein Rechtfertigungsgrund eingreift. Rechtfertigungsgründe können dem StGB, aber auch der gesamten übrigen Rechtsordnung, selbst dem Gewohnheitsrecht entnommen werden. Ist ein Verhalten nach bürgerlichem oder öffentlichem Recht erlaubt, kann es im Strafrecht nicht als verboten angesehen werden. Die bedeutsamsten Rechtfertigungsgründe im StGB sind die Notwehr in § 32 StGB und der (rechtfertigende) Notstand in § 34 StGB. Von den außerhalb des StGB existierenden Rechtfertigungsgründen weisen das Festnahmerecht in § 127 StPO sowie die zivilrechtlichen Notstände in §§ 228, 904BGB die größte Prüfungsrelevanz auf. Ein gewohnheitsrechtlich begründeter Rechtfertigungsgrund ist die mutmaßliche Einwilligung.

211In der Klausur ist die Frage, ob der Täter gerechtfertigt ist, in der Regel nur dann ausführlich zu erörtern, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür existieren, dass die Voraussetzungen eines oder mehrerer Rechtfertigungsgründe vorliegen. Ist dies eindeutig nicht der Fall, kann die Prüfung auf den schlichten Hinweis beschränkt werden, dass die Tatbestandsverwirklichung mangels Eingreifen von Rechtfertigungsgründen auch rechtswidrig erfolgte. Bei einigen wenigen sog. offenen Tatbeständen des Strafrecht BT muss die Rechtswidrigkeit hingegen stets positiv festgestellt werden. Wichtigstes Bsp. ist die Nötigung nach § 240 StGB.[217] Gemäß § 240 Abs. 2 StGB ist eine Nötigung nur dann rechtswidrig, wenn die Anwendung von Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Der Täter einer Nötigung ist hiernach gerechtfertigt, wenn ein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift (mit der Folge, dass die Tat zugleich nicht verwerflich i.S.v. § 240 Abs. 2 StGB ist), oder wenn die Tathandlung im Hinblick auf das von ihm anvisierte Ziel nicht als verwerflich anzusehen ist.[218]

212|77|Kann sich ein Täter hinsichtlich derselben Tatbestandsverwirklichung (möglicherweise) auf mehrere Rechtfertigungsgründe berufen, so sind diese grundsätzlich nebeneinander anwendbar.[219] Wenn in der Fallbearbeitung festgestellt wurde, dass der Täter nach einem Rechtfertigungsgrund gerechtfertigt ist, ist daher in der Regel gleichwohl auch auf weitere Rechtfertigungsgründe einzugehen, wenn deren Verwirklichung hinreichend wahrscheinlich erscheint. Hierbei ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass bestimmte Rechtfertigungsgründe eine Sperrwirkung entfalten, was insbesondere für die zivilrechtlichen Notstände in §§ 228, 904BGB gilt, neben denen § 34 StGB nicht anwendbar ist. Auch die Notwehr in § 32 StGB wird infolge der von ihr vermittelten weitreichenden Eingriffsbefugnisse mehrheitlich als spezielle Regelung gegenüber § 34 StGB angesehen, so dass eine Rechtfertigung wegen Notstands zumindest dann nicht anzusprechen ist, wenn bereits festgestellt wurde, dass der Täter nach § 32 StGB gerechtfertigt ist.[220] Aber selbst wenn ein entsprechendes Konkurrenzverhältnis nicht eingreift und daher mehrere Rechtfertigungsgründe nebeneinander zur Anwendung kommen, ist zu beachten, dass es im Ergebnis nicht darauf ankommt, ob die Tatbestandsverwirklichung des Täters nach einem oder nach mehreren Rechtfertigungsgründen erlaubt ist. Die Prüfung und Bejahung mehrerer Rechtfertigungsgründe darf daher nicht auf Kosten einer ausführlichen Bearbeitung sonstiger Prüfungsschwerpunkte erfolgen. Soweit in der Fallbearbeitung festgestellt wurde, dass der Täter gerechtfertigt ist, sollte die Prüfung weiterer Rechtfertigungsgründe daher in der Regel nur noch knapp erfolgen.

213Eine Rechtfertigung kommt nicht nur bei Vorsatztaten, sondern auch bei Fahrlässigkeitsdelikten in Betracht, wobei die Prüfung des jeweiligen Rechtfertigungsgrundes regelmäßig nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen ist, wie beim Vorsatzdelikt.[221] Ferner können sich grundsätzlich auch Amtsträger auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe und insbesondere auf die §§ 32, 34 StGB berufen, soweit nicht spezielle Vorschriften existieren, welche für ihr Verhalten engere und abschließende Sonderregeln normieren.[222] Besonders umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob Polizisten in Form der Nothilfe nach § 32 StGB gerechtfertigt sein können, wenn Sie einen Straftatbestand verwirklichen, um Dritten zu helfen (hierzu noch Rn. 275ff.).

214Auch bei der Prüfung von Rechtfertigungsgründen können in der Regel objektive und subjektive Voraussetzungen unterschieden werden. Während objektiv regelmäßig eine bestimmte Situation (Rechtfertigungslage) vorliegen und der Täter diejenige Handlung vornehmen muss, die ihm in dieser Situation gestattet ist (Rechtfertigungshandlung), ist subjektiv in der Regel zumindest erforderlich, dass er die Rechtfertigungshandlung in Kenntnis der Rechtfertigungslage vornimmt.

Strafrecht Allgemeiner Teil

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