Читать книгу Emma der Wolf - Klaus Jürgen Schlüter - Страница 10

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4. Ein großer Leitwolf

So wie die Monate vergingen, Sonne und Mond sich in Harmonie abwechselten, den Feldern, den Wäldern und dem Rudeldorf Licht zu spenden, kam auch die erste Ernte von Eicheln und Bucheckern, die Emma der Wolf als Leitwolf seines Rudels erleben durfte. Manchmal hatte er den Eindruck, als wenn die Vögel bis in den späten Sommer hinein singen würden, also länger als normalerweise üblich. Im Großen und Ganzen war er mit der Arbeit und seinen Erfolgen als neuer Leitwolf zufrieden, auch wenn ihm die Umsetzung seiner Ideen manchmal zu lange dauerte. Im Rudel hatte man sich sehr schnell daran gewöhnt, dass der neue Leitwolf nicht „der Wolf“ genannt wurde, sondern es bei dem Ehrennamen „Emma der Wolf“ blieb.

Die schweren Wunden an den Läufen des alten Leitwolfes waren Gott sei Dank gut verheilt, so dass dieser wieder einigermaßen laufen konnte. Insofern war der Vater des neuen Leitwolfes mit seiner Situation ganz zufrieden. Es hätte ja viel schlimmer ausgehen können. Besonders trug dazu bei, dass sein Sohn mehr als nur ein guter Nachfolger war. Er sorgte dafür, dass die Alten und Kranken in seinem Rudel regelmäßig von einem Ratsmitglied besucht und mit dem Nötigsten versorgt wurden. Der Unterricht in der Schule wurde ausgeweitet, die Wolfskinder bekamen mehr Sport und zweimal in der Woche ein gutes und gesundes Mittagessen. Absolut neu war das Unterrichtsfach Menschenkunde, das er einführte. Emma der Wolf wusste und war fest davon überzeugt, dass Wölfe und Menschen friedlich nebeneinander leben könnten, wenn sie nur genügend übereinander wüssten. Damit könnte auch die Angst abgebaut werden, die man voreinander hatte. Hierfür stellte er sogar sein Lieblingsbuch mit den Geschichten über die alte Leitwölfin Emma den Lehrern zur Verfügung.

Zu Holunderfee hatte er einen regelmäßigen Kontakt aufgebaut. Jeweils einmal im Monat schickte er zwei Wolfsboten zu ihr mit einem Brief. In diesem beschrieb er dann genau die aufgetretenen Krankheiten und bat Holunderfee, den beiden Boten geeignete Medikamente mitzugeben. So konnte man darüber hinaus nach und nach eine kleine Wolfsapotheke aufbauen, die selbstverständlich auch den benachbarten Wolfsrudeln zur Verfügung gestellt wurde. Besonders toll fand Holunderfee seine Idee, die nette Wolfsschülerin aus der Abschlussklasse zu sich in die Ausbildung zu nehmen. War es doch sein Wunsch, seine junge Freundin nach erfolgter Ausbildung zu sich in sein Rudel und in sein Haus zu holen.

Seine beiden Freunde, die Wolfsbrüder, hatten sich inzwischen gut eingelebt und waren vom Rat der Alten und auch von den anderen Wölfen als neue Rudelangehörige aufgenommen. Einer der beiden hatte eine Anstellung als Lehrer an der Schule bekommen. Spurenkunde war sein Lieblingsfach. Hier konnte er den Wolfskindern alles das beibringen, was er in den vielen Monaten vorher von Emma der Wolf gelernt hatte. Sein Bruder wurde Hausmeister. Der Rat der Alten hatte nämlich sehr schnell erkannt, dass er mit Hammer, Zange und Bohrmaschine besser umgehen konnte als sonst jemand im Rudel. Somit hatte er genug zu tun, um Rudelhaus, Schule, Wege und Plätze im Rudeldorf in Ordnung zu halten. Eine ältere Wölfin des Rudels, die vor zwei Jahren Witwe geworden war, stellte den beiden Wolfsbrüdern ihr Haus zur Verfügung. Sie habe genügend Platz und außerdem sei sie froh, etwas mehr Leben in ihrem Haus zu haben, sagte sie selbst.


So sollte es kein Geheimnis bleiben, dass Emma der Wolf in seinem Rudel nicht nur von den Kindern und Jugendlichen unter den Wölfen geliebt wurde, sondern auch die Erwachsenen ihn von Herzen verehrten. War eine Jagd angesetzt, galt es einem verletzten Hirsch nachzugehen oder Eindringlinge zu vertreiben, so war im Nu die Mannschaft zusammengestellt.

Auch muss erwähnt werden, dass sich häufig Abordnungen fremder Rudel zum Besuch anmeldeten. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, dass Emma der Wolf, der große Sieger der Olympiade der Wölfe, viele neue Ideen in seinem Rudel mit großem Erfolg umgesetzt hatte. Das wollte man unbedingt sehen, sogar eventuell übernehmen. Aber vor allen Dingen wollte man ihn kennen lernen, ihn um Rat fragen und um Mithilfe bei der Lösung der mitgebrachten Probleme bitten.

So geschah es, dass sich innerhalb kurzer Zeit die alten Wölfe auf den Dorfplätzen und die jungen Wölfe in den Schulen weit entfernter Wolfsrudel Geschichten über Emma der Wolf erzählten.


Emma der Wolf

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