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Versuch einer verständlichen Sprache
Оглавление… und doch ist von allen, den Geist eingrenzenden Schranken die unerträglichste die, die uns verhindert, andere zu verstehen.
Anne Louise Germaine de Staël-Holstein
Viele Menschen, die sich das Leben nehmen wollen, stecken in einer Unverständlichkeit. Was heißt das?
Sie können oder wollen sich anderen Menschen nicht mitteilen.
Oder:
Sie werden von anderen Menschen nicht verstanden.
Nicht gehört.
Überhört.
Oder:
Sie fühlen sich unverstanden.
Oder:
Sie verstehen andere Menschen nicht.
Oder:
Sie verstehen die Welt nicht mehr.
Oder:
Sie verstehen sich selbst nicht.
Oder:
Tiefer Schmerz, Trauer oder Depression blockieren eine Verständlichkeit.
Manchmal sind es die Inhalte oder Umstände, die unverständlich bleiben. Weil sie zu vielschichtig und kompliziert sind oder so erscheinen. Meist ist es jedoch die Sprache selbst, die eine Verständigung von vornherein unmöglich macht.
Die Sprache des Philosophen – in seinem Bemühen, sich so genau wie möglich zu artikulieren – ist gespickt mit „Fremd-Worten“ aus dem Lateinischen und Griechischen.
Das Gleiche gilt für die Formulierungen der Mediziner und Psychologen, der Historiker, Theologen und Literaten.
Das „Fremd-Wort“, oft auch mit der Alibi-Bezeichnung „Fachbegriff“ tituliert, trägt schon in seinem Namen den Keim der Unverständlichkeit. Jedes Fremdwort, das ich in meiner Sprache benutze, entfremdet meine Sprache mehr. Es macht mich außerhalb einer Elite, die mit der Bedeutung dieser Fremdworte vertraut ist, unverständlich.
Es ist schon erstaunlich, wie sich eine bestimmte intellektuelle Elite in Deutschland über die gar so grässlichen Anglizismen in der deutschen Sprache empört. Gleichzeitig bedienen sich diese Empörten einer Sprache voller Lehn- und Fremdworte aus dem Griechischen und Lateinischen, gelegentlich auch des Französischen. Damit wiederum bleibt die Elite auch in ihrer Empörung bei vielen unverstanden und ungehört.
Eliten haben ohnehin einen Hang sich abzugrenzen und damit andere automatisch auszugrenzen. Egal ob Macht- oder Bildungselite.
Das Wort „Elite“ stammt übrigens vom Lateinischen „electus“ und bedeutet so viel wie „auserlesen“.
Dieses Buch will nicht elitär sein, es will weder aus- noch abgrenzen.
Es will durch eine verständliche Sprache und eine breite, tabulose, wertfreie Behandlung des Themas der Unverständlichkeit entgegentreten.
Trotz aller Versuche und Vorsätze verständlich zu sein, dieses Buch ist keine leichte Lektüre, weil es ein Buch über das Leben ist.