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Viertes Kapitel: Im Zirkus

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Die Tage vergingen und Julian hatte die Tür ins Zauberland immer noch nicht gefunden. Mit seinen Eltern wagte er nicht noch einmal darüber zu reden. Die Schule war langweilig wie eh und je. Als er vor zwei Jahren von der Volksschule in die Hauptschule gekommen war, hatte sich Julian sehr darüber gefreut, viele neue Schulfächer zu haben. Vielleicht würde er darin etwas über Magie und Zauberei lernen. Doch seine Hoffnung war sehr bald enttäuscht worden. An der Schule lernte er nur uninteressante Dinge, wie Physik, Biologie und ähnliches. Nirgends wurde von Magie gesprochen. Das, was für Julian am allerwichtigsten schien, wurde an den Schulen nicht gelehrt. Nur in seinen Büchern war es anders. Doch diese durfte er nun nicht mehr lesen. Seine Eltern hatten es verboten.

Dann, eines schönen Tages, kam ein Zirkus in die Stadt. Weil seine Mutter wohl spürte, dass Julian immer noch sehr traurig war, holte sie ihn eines Tages von der Schule ab und ging mit ihm dorthin. Zuerst war der Junge nur wenig begeistert und sträubte sich. Er war noch nie in einem Zirkus gewesen, doch es klang sehr nach etwas, das für kleine Kinder da war. Doch dann, als er das bunte Zirkuszelt erblickte, als er die vielen Menschen und die schönen Tiere sah, da packte ihn die Begeisterung.

Es blieb noch Zeit bis zum Beginn der Vorstellung. Fasziniert wanderte Julian durch die seltsame Welt, die um das Zirkuszelt herum entstanden war. Der Duft von Sägemehl und Zuckerwatte lag in der Luft. Und auch der Geruch von vielen Tieren, die der Junge bisher nur aus Geschichten kannte. Da waren Löwen, Elefanten, Tiger und Giraffen. Doch auch die Menschen waren interessant. Während Julian um das Zelt wanderte, hörte er viele seltsame Sprachen. Und er sah viele Zirkusleute, die ganz anders aussahen, als die Leute in der kleinen Stadt, die Julians Zuhause war. Manch einer sah aus wie aus dem Märchenbuch entsprungen, so fremd und unvertraut schien sein Anblick.

Hier fühlte sich Julian wohl. Irgend ein Zauber schien über der Zirkuswelt zu liegen. Hier galten andere Regeln als in der grauen Welt dort draußen. Hier schien viel mehr möglich zu sein. Vielleicht auch Magie.

Die Vorstellung begann. Seine Mutter hatte Julian eine Stange Zuckerwatte gekauft. Gemeinsam saßen sie nun auf den hölzernen Bänken der Zuschauertribüne und blickten hinab auf die Manege, wo sich ihnen wunderliche Dinge zeigten. Julian sah Seiltänzer sich hoch oben durch die Lüfte schwingen. Er sah Feuerschlucker, die mit Flammen gewaltige Kunststücke vorführten und Tierbändiger, die sich gemeinsam mit Löwen in einen Käfig trauten. Untermalt wurde das ganze von wunderschöner Musik, wie Julian sie noch nie gehört hatte. Er war begeistert. Selten hatte er sich so zu Hause gefühlt wie hier im Zirkus.

Und dann war es plötzlich soweit. Der Zirkusdirektor trat einmal mehr in die Manege und kündigte das nächste Kunststück an. Er blickte sich nach allen Seiten um, fuhr sich mit der Hand über die Enden seines spitzen Schnurrbartes und verkündete laut mit tiefer Stimme und rollendem „r“ :

„Meine Damen und Herren, es ist mir nun eine große Freude, Ihnen einen der größten Künstler unserer Vorführung ankündigen zu dürfen, zu uns gekommen aus dem fernen Persien, dem Land, wo das Geheimnis der Magie noch nicht vergessen wurde: Ich präsentiere den Meister des Magischen, den König der Illusionen, den einzigartigen Mazandaras.“

Plötzlich quoll von allen Seiten Nebel in die Manege und in der Mitte erschien eine dunkle Gestalt, die begleitet von mystischen Klängen die Arme in die Höhe streckte. Sie vollführten eine Geste und der Nebel verschwand. Mazandaras war ganz in Schwarz gekleidet. Im Gesicht trug er einen langen Vollbart. Auch Zylinder und Umhang waren schwarz. Seine Haut dagegen, war fast weißlich blass. Finster blickte der Zauberer ins Publikum. Und er begann zu zaubern.

Zuerst zeigte er einige Dinge, die noch irgendwie erklärbar waren, doch dann kamen Kunststücke bei denen es sich in den Augen Julians nur um echte, wahre Magie handeln konnte. Ein Freiwilliger wurde in die Manege gerufen und vor den Augen des Publikums zersägt und wieder zusammen gefügt. Ein voll gedeckter Esstisch verschwand und tauchte ganz auf der anderen Seite des Zirkuszeltes wieder auf. Mazandaras vollführte mit seinem Zauberstab magische Bewegungen. Blitze zuckten, Donner grollte und das Unmögliche wurde wahr. Schließlich, am Ende seiner Vorführung, holte er noch ein junges Mädchen in die Manege und ließ sie wie von Geisterhand geführt durch die Lüfte fliegen, fast ganz hinauf bis zum Dach des Zeltes.

Das Publikum klatschte in stürmischer Begeisterung. Nur Julian klatschte nicht. Er war zu fasziniert um noch klatschen zu können. Fassungslos starrte er den Zauberer an, welcher eben seinen Zylinder hob und sich nach allen Seiten hin verbeugte.

„Danke. Es hat mich gefreut, Ihnen Freude zu bereiten“, bedankte sich Mazandaras mit starkem Akzent. Und eben als er dies sagte, da schien es Julian, dass der Zauberer nur ihn ansah. Die schwarzen Pupillen in Mazandaras Augen waren ganz auf Julian gerichtet. Dann setzte er seinen Zylinder wieder auf, dichter Nebel legte sich über ihn und der Zauberer war plötzlich verschwunden.

„Hat es dir gefallen?“, fragte seine Mutter nach Ende der Vorstellung. Julian nickte. Auf all das, was nach dem Zauberer noch gekommen war, hatte er kaum geachtet. Mazandaras war alles, woran er im Augenblick denken konnte. Sie verließen den Zirkus und gingen nach Hause. Doch der Tag war für Julian noch lange nicht vorüber.

Julian der Zauberer

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