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III. Regelungsstruktur und wesentliche Regelungen des Gesetzes
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Der Gesetzgeber hat an der Einschätzung festgehalten, dass es trotz des immer stärkeren Aufkommens spezialgesetzlicher Vorschriften ein „Grundgesetz“ für die gefahrenabwehrende Eingriffsverwaltung außerhalb der Polizei im engeren Sinne geben müsse. Er hat zu Recht den Rechtsgedanken der Systembildung, der allgemeinen rechtlichen Formgebung betont. Dieses Grundbekenntnis zu Formen und Strukturen, heute wieder und zu Recht en vogue, wurde jahrzehntelang, im Zeitalter des ungebremsten Spezialistentums, der Detailhuberei und der immer stärkeren Atomisierung des Öffentlichen Rechts, von manchen belächelt und bekrittelt; zum Beleg mag man nur die heute zum Teil fremd anmutenden Diskussionen im Rahmen der Staatsrechtslehrertagung 1976 heranziehen[59].
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§ 1 Abs. 1 legt die Aufgabe der Ordnungsbehörden fest, „Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr)“, § 1 Abs. 2 Satz 1 hält den Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen fest, § 1 Abs. 2 Satz 2 die subsidiäre Geltung des OBG, „soweit gesetzliche Vorschriften fehlen oder eine abschließende Regelung nicht enthalten“.
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Die Voraussetzungen des ordnungsbehördlichen Eingreifens sind in der Generalklausel des § 14 geregelt. Die allgemeinen Ordnungsbehörden und die nach speziellen Vorschriften eingesetzten Sonderordnungsbehörden (§ 12) werden von der Polizei getrennt, welche auf die Eilkompetenz (§ 1 Abs. 1 Satz 3 PolG) beschränkt bleibt, den Ordnungsbehörden indes Vollzugshilfe nach den §§ 47 bis 49 PolG leistet.
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Die Gemeinden wurden für zuständig erklärt, die Aufgaben der örtlichen Ordnungsbehörden wahrzunehmen, die Kreise und kreisfreien Städte wurden hinsichtlich der Aufgaben der Kreisordnungsbehörden betraut (§ 3 Abs. 1), beides als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung (§ 9). Die Kommunen hatten diese Aufgaben zuvor als staatliche Auftragsangelegenheiten wahrgenommen[60]. Der Unterschied liegt in dem gemäß § 9 eingeschränkten Weisungsrecht. Scheerbarth hat 1958 prophezeit, diese Vermischung des kommunalen mit dem staatlichen Ordnungsprinzip „und die Halbierung eines und desselben Verwaltungszweiges in einen staatlichen und einen kommunalen Teil“ würden Verwaltung und Rechtsprechung vor erhebliche Schwierigkeiten stellen[61]. Mit dem eigenartigen Zwitterwesen der Pflichtaufgaben[62] konnte, ungeachtet der dogmatischen Grundsatzkritik, immerhin erreicht werden, dass auf der einen Seite eine gewissermaßen flächendeckende „Verstaatlichung“ der Kommunen im Aufgabenvollzug vermieden wurde[63], während das Land sich auf der anderen Seite eine – wenn sie wahrgenommen wird – durchaus substantielle Einflussnahme auf die kommunale Aufgabenerfüllung im Bereich der gesamten nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr vorbehielt (insbesondere § 9).
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Um das Gesetz schlank und präzise zu halten, werden genau bezeichnete Vorschriften des Polizeigesetzes für entsprechend anwendbar erklärt (§ 24). Zum Verwaltungszwang enthält das OBG keine Vorschriften, auch keine Verweisung auf §§ 50 ff. PolG, vielmehr gilt insoweit das (allgemeine) Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) in Verbindung mit der Ausführungsverordnung zu diesem Gesetz und weiteren Nebenvorschriften des Vollstreckungsrechts[64].
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Man mag die Frage aufwerfen, ob es sinnvoll sein könnte, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und OBG und Polizeigesetz zusammenzufassen[65]. Art. 78 LV würde wohl nicht entgegenstehen. Obgleich Normreduzierung und Verringerung von Stammnormen sinnvolle Projekte einer starken Politik und des „Gesetzgebungsmanagements“ sein sollten[66], wäre die Frage der Zusammenführung indes wohl eher zu verneinen. Man greift zu kurz, sieht man nur die Gleichartigkeit oder die (allerdings sorgfältig austarierten, § 24) Entsprechungen etwa bei den Eingriffsbefugnissen als Rechtfertigung für eine Zusammenfassung. Während sich das Polizeigesetz an eine staatliche Einrichtung, die Polizei richtet, stellt das OBG darüber hinaus auch eine Grundnorm zum Behördengerüst des Landes allgemein und zur Einbindung der Kommunen in den Verwaltungsaufbau dar. Diese ganz unterschiedlichen Regelungskreise lassen die weitere Trennung als sinnvoll erscheinen, unabhängig von der offenbar bewusst eingeführten eigenständigen Terminologie des OBG[67].
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Ordnungsbehörden und Polizei sind zur Gefahrenabwehr berufen (§ 1, § 1 Abs. 1 PolG). Die Arbeitsteilung folgt „der unterschiedlichen Natur dieser beiden Behördenzweige. Während die Polizei in erster Linie den Exekutivdienst verrichtet und hierbei für die Verhütung und Verfolgung von mit Strafe und Geldbuße bedrohten Handlungen zuständig ist […], liegt der Ordnungsbehörde in erster Linie die ‚Schreibtischarbeit‘ für den verwaltungsmäßigen Vollzug der allgemeinen und besonderen Ordnungsaufgaben ob“[68]. Die Einzelabgrenzung kann schwierig sein, auch verfügen die Ordnungsdienste über Außendienste (§ 13), welche u. a. auch Streifengänge unternehmen, mitunter in polizeiähnlichen Uniformen und mit polizeiähnlichen Fahrzeugen.
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Wesentliche Rechtsbegriffe in OBG und PolG sind wortgleich, vor allem der Begriff der Gefahr, der Verantwortlichen etc. Sie sind aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung auch gleich auszulegen und anzuwenden. Die Auslegung des Begriffs der Gefahrenabwehr richtet sich allgemein nach § 1 Abs. 1 OBG.