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Theorie und Praxis gehen Hand in Hand.

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Zu jener Zeit hatte Michael bereits beschlossen, auf Grundlage der neuen Daten weitere Untersuchungen und Planungsschritte durchzuführen. Es galt herauszufinden, inwieweit man sich auf diese Daten verlassen konnte. Die Entdeckung neuer Mikroorganismen, ihre Wechselwirkung mit dem gesamten Ökosystem der Erdoberfläche und ihr Einfluss auf bestimmte Arten hatten zu einem veränderten Bild geführt. Es gab so viele Fragen, dass Michael allen über das interne Sprechsystem vorschlug, sich nach dem Abendessen im Konferenzsaal zu treffen und genauer zu besprechen, inwiefern die neuen Umstände eine Änderung der Gesamtausrichtung der Untersuchung nach sich zogen. Dabei wusste er, dass man nicht immer im Freundeskreis zu Abend essen konnte – wenn die einen mit der Arbeit fertig waren, benötigten die anderen noch etwas Zeit. Heute wusste er jedoch, dass sich alle beizeiten versammeln würden, denn nur selten trafen neue Informationen ein, die das Potential hatten, die gesamte Untersuchung auf den Kopf zu stellen. Wenn irgendetwas fehlte, drehte sich die Gruppe meist lange im Kreis und es gelang nur mit Mühe, eine Untersuchungsstrategie zu entwerfen. Julia und Habib nahmen zum wiederholten Male eine Prüfung aller bis dato bekannten pathogenen Mikroorganismen vor, die zur Regeneration der Erdkruste fähig waren. Die Gründe ihres Verschwindens sind allseits bekannt, und auch ihre Wechselwirkung mit anderen Stoffen wurde bereits erforscht – so sind Mikroorganismen, die neben Stickstoff-, Kohlenstoff- und Schwefelverbindungen auch viele weitere Verbindungen verarbeiten und an die Böden abgeben können, ein entscheidender Faktor für deren Fruchtbarkeit.

Kostja und Samantha testeten die Existenzfähigkeit sämtlicher Arten unter veränderten Bedingungen. Aufgrund ihrer äußerst kurzen Lebensdauer und ihrer hohen Sensibilität verändern diese jedoch augenblicklich ihre Form und verwandeln sich in Toxine und Mikrotoxine, wodurch sich keine stabilen Ergebnisse erzielen lassen. Die wesentliche Frage bestand stets darin, wie sie entstanden, was zu ihrer Entstehung beitrug, was den Transformationsprozess beziehungsweise die Emigration der Mikroorganismen bedingte und wie man die Steuerung dieses Prozesses erlernen konnte. Eines war nämlich klar: In dieser Kette fehlte etwas. Man hatte zwar gelernt, die Erde zugrunde zu richten, ihre Lebenskräfte wiederherzustellen jedoch nicht.

Als Michael den Konferenzsaal betrat, saßen alle ruhig an ihren Plätzen und machten sich mit den von der Erde erhaltenen Informationen vertraut, die ALL zu Analysezwecken an alle versandt hatte. Der TKB näherte sich lautlos dem gemeinsamen Tisch und bot Getränke an. Alle sahen ihn an und erklärten nahezu einstimmig: „Schenk einfach irgendwas ein!“

Kostja meinte:

„Was denn, der TKB kann auch flüstern!“

Alle lächelten einmütig, während Michael noch einmal auf seinen Tablet-PC blickte:

„Habt ihr nicht den Eindruck, dass sich alles von Grund auf ändern könnte? Vielleicht hat es uns gerade daran gefehlt.“

Habib fragte in die Runde:

„Sollte es sich hier tatsächlich um lebende Mikroorganismen handeln, und dann noch in einer solchen Tiefe – was würde das bedeuten?“

Samantha fand als Erste eine Antwort:

„In unmittelbarer Nähe des Oberen Mantels und unter dem Einfluss sehr hoher Temperaturen müssen sie eine bestimmte Funktion haben. Die kinetische Masse der Lithosphäre macht zwei bis drei Prozent der gesamten Erdmasse aus, und die Dicke dieses Gürtels beträgt zwischen 50 und 200 Kilometern. Und die Lithosphäre ist ihr primäres Lebensmilieu.“

Julia warf ein:

„Wir brauchen so schnell wie möglich Muster, ich muss mir ihre Existenzform ansehen. Ich finde keinen Schlaf mehr, solange ich nicht weiß, wie sie aussehen.“

Kostja trank das vom TKB servierte Getränk leer, strich sich wie ein Glücksspieler über den Scheitel und meinte:

„Was wäre, wenn darin der Schlüssel zum gesamten Ökosystem der Erde läge?“

Alle schüttelten schweigend die Köpfe, doch keiner brachte den Mut auf, diese kühne Behauptung anzuzweifeln.

Michael ergriff das Wort:

„Jetzt müssen wir nur noch die Tür zu diesem Schlüssel finden. Ich schlage vor, dass wir das Ganze noch einmal in Ruhe überdenken und morgen einen Plan ausarbeiten. Habib und Julia, ihr seid für den praktischen Teil verantwortlich: Wie viele Proben brauchen wir, und wo sollen wir sie entnehmen? Morgen erhalten Kostja und Samantha die Proben von der Erde und untersuchen sie hinsichtlich ihrer konstanten Energie. Und ich stelle morgen beim wissenschaftlichen Beirat einen Antrag auf Durchführung der erforderlichen Arbeiten.“

Die Antwort des wissenschaftlichen Beirats ließ in Anbetracht der Dringlichkeit der Angelegenheit nicht lange auf sich warten. Die Betriebsgruppe des Ministeriums für geologische Forschungsarbeiten erteilte der Gruppe „Thomas“ den Auftrag, sämtliche erforderlichen Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen. Die Mitglieder der Forschungsgruppe der Internationalen Wissenschaftlichen Gemeinschaft erklärten, Details zu Koordinaten und Aufgaben der Gruppe beim nächsten Treffen festlegen zu wollen.

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