Читать книгу EXO Assimilation - Klevno Valentin - Страница 7
Jugend macht Schicksal.
ОглавлениеVor diesem Hintergrund beginnt nun unsere Geschichte, deren weiterer Verlauf von einer Gruppe junger Menschen abhängt, die unter der Schirmherrschaft der Internationalen Wissenschaftlichen Gemeinschaft die mikrobiologische Fakultät abschließen. Niemand hatte diese Gruppe mit einem bestimmten Ziel gegründet. Schon vom ersten Semester an hatte sie sich von selbst an der Fakultät herausgebildet. Auffällig war, dass die Gruppe keinen eindeutigen Anführer hatte – wahrscheinlich wollte niemand diese Rolle übernehmen, wenngleich sich das nur schwer mit Bestimmtheit sagen lässt.
Wie zwischen einzelnen Menschen Freundschaft entsteht, ist seit jeher eine Art Geheimnis: Die einen führen die Chemie als Ursache an, die anderen die jeweiligen Überzeugungen, der wahrhaftige Grund für die Entstehung einer Freundschaft ist jedoch im natürlichen Magnetfeld des menschlichen Bewusstseins zu suchen. Begriffe wie Sympathie, Empathie und vieles weitere waren seinerzeit detailliert erforscht worden, es war jedoch niemandem gelungen, ein ganzheitliches Bild zu zeichnen. Wahrscheinlich kommen wir später auf dieses Thema zurück.
Und so wurden die Studenten der Mikrobiologie im Jahre 2074 auf die Internationale Raumstation ISS geschickt, um eine Reihe von Experimenten durchzuführen, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Diplomarbeit standen. „Das Verhalten von Mikroorganismen in veränderter Umgebung“ - so lautete ihr gemeinsames Thema.
Eben dieses Thema schweißte unsere Mannschaft auf der Zielgeraden zusammen. Das Ziel, ein Diplom zu erhalten, hatte von Anfang an keine Rolle gespielt – der Beruf als Mittel, der Gesellschaft von maximalem Nutzen zu sein, bildete die Grundlage für den berechtigten Enthusiasmus der jungen Leute.
Irgendwo gab es noch Menschen, denen der Leitspruch der Vorzeit im Gedächtnis geblieben war: “Leb', verlieb dich und vermehr' dich”. Aus heutiger Perspektive wirkt das allzu unbesorgt und zweitrangig, insbesondere vor dem Hintergrund der Bevölkerung des Planeten. Im Vergleich zum Beginn des 21. Jahrhunderts war sie um ein Vielfaches gewachsen. Der heutige Menschentyp ist sich der Bedeutung seines Daseins auf der Erde und der Kostbarkeit des Lebens bewusst. Und dies nicht nur auf dem Papier dank ausformulierter Gesetze über Menschenrechte, sondern auch in Wirklichkeit. Denn wohin künstlich erdachte Überzeugungen führen, wissen wir bereits, wohin wahrhaftige führen, erfahren wir in Bälde.
Die Vordiplomantengruppe bestand aus fünf Personen. Sie stammten alle aus verschiedenen Ecken des Planeten und waren überzeugte junge Menschen, die mit sich selbst im Reinen waren. Nun ist es an der Zeit, jeden von ihnen persönlich kennenzulernen: Konstantin, den alle “Kostja” nennen, hat helles Haar, ist durch und durch Realist, hat eine starke Physis, ist selbstbewusst, verfügt über einzigartige analytische Fähigkeiten und kann Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge schnell begreifen. Im Grunde ist er ein gutmütiger und hilfsbereiter junger Mann.
Michael ist ein Intellektueller und gilt unter den Mitstudenten als besonders ausgeglichen. Schon die Präsentation der ersten Seminararbeiten glich bei ihm der Aufführung eines Theaterstücks. Er ist ein ausgezeichneter Redner und organisiert sämtliche größeren Veranstaltungen der Fakultät.
Habib verfügt über eine mathematische Denkweise, hat stets nur Zahlen und mathematische Analysen im Kopf und ist das Paradebeispiel einer introvertierten Person. Er erweckt einen stillen und verschlossenen Eindruck, allerdings nur bis zum Beginn einer Diskussion.
Samantha ist eine gutherzige, rothaarige Mutter Teresa, aufmerksam bis zum Gehtnichtmehr. Sie bemerkt einfach alles, liebt Disziplin und Ordnung und ist auch beim wissenschaftlichen Arbeiten äußerst pedantisch.
Julia ist klug und hübsch, liebt Chemie über alles und ist durch und durch Perfektionist. Sie hat ein wunderbares Gehör, spielt Geige und weiß stets, was sie will. Privat ist sie scharfsinnig und geradeheraus, bei der Arbeit hingegen eine unersetzliche Hilfe.
Das Leben auf der Raumstation unterscheidet sich rein theoretisch kaum vom Leben auf der Erde – vor allem dann, wenn die Arbeit einen voll und ganz beansprucht. Natürlich gibt es auf der Erde ganz andere Möglichkeiten, für helle Köpfe sind diese in der Regel jedoch kaum von Interesse. Man wird mit allerhand nebensächlichen Reizen überflutet, und einfachen Menschen fehlt es mitunter an der Kraft, sich auf ein bestimmtes Thema zu fokussieren. Dabei waren Begriffe wie Werbung oder Direktmarketing bereits vor etwa 50 Jahren in Vergessenheit geraten. Der soziale Raum hatte viel freiere und unkompliziertere Züge angenommen.
Dieses Geschwür des 20. Jahrhunderts war jedoch durch ein anderes ersetzt worden: durch die künstliche Intelligenz mit all ihren Assistenten, Helferlein und Transkriptoren. Alles, was man tut, wird von ihnen kontrolliert. Sie streben vor allem danach, den Kontakt zu Ihrem Bewusstsein ständig aufrechtzuerhalten. Der Mensch gewöhnt sich zwar daran, die Maschine aber nicht. Wird diese Unterstützung missbraucht, so hat man nach einem halben Jahr direkter Kommunikation vergessen, wo das eigene Haus steht.
Im Weltraum sieht alles ein wenig anders aus – Geräusche, Licht und Feuchtigkeit unterliegen keinerlei Veränderungen, was der schöpferischen Arbeit zuträglich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn von der Erde ein ganzer Schwall an komplizierten und wichtigen experimentellen Projekten zugestellt wird.
Auf der Station befinden sich zahlreiche unterschiedliche Laboratorien, die mit der neuesten Technik ausgestattet sind. Einzelne Gruppen können notwendige Untersuchungen entweder in ihren eigenen Labors durchführen oder Tests von der Roboterzentrale anfordern. Die Datenbank der ISS ist online über einen Zentralserver mit der Internationalen Wissenschaftlichen Gemeinschaft auf der Erde verbunden. Dieses pulsierende System ermöglicht es, sämtliche auf der Erdoberfläche stattfindenden Prozesse zu analysieren und über alles Neue auf dem Laufenden zu sein.