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Auftakt

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Richard Wagner begann im August 1857 Tristan und Isolde als leichte Spieloper und Unterbrechung der unendlichen Welt-Geschichte vom Ring des Nibelungen. Henri Beyle war »ein großer Schriftsteller, ohne es zu wissen«, wusste seinerseits Marcel Proust, und Julien Gracq fand diese Spielart eines ästhetischen Mystizismus, der den großen Künstler zu einem Wünschelrutengänger des Gelingens macht, nicht ungewöhnlich: »Man muß den Schriftstellern viel verzeihen, denn sie wissen nicht immer, was sie tun«. Individuen verstehen oft weniger genau, woran sie tatsächlich arbeiten, als sie behaupten. Auch eine Epoche arbeitet an etwas, und sie scheint besser als der einzelne zu wissen, woran, obwohl sie es nicht verrät. Woran arbeitete das neunzehnte Jahrhundert? Eine Frage war gewiss: Wie ist Kunst in einer bürgerlichen Welt überhaupt noch möglich. Die abstrakte Antwort nützt nicht viel, jeder Autor muss seinen Weg zum Werk alleine finden. »Die öffentliche Meinung in Deutschland scheint es fast zu verbieten, von den schlimmen und gefährlichen Folgen des Krieges, zumal eines siegreich beendeten Krieges zu reden«, schrieb Friedrich Nietzsche 1873 in der ersten seiner Unzeitgemäßen Betrachtungen. »Von allen schlimmen Folgen aber, die der letzte mit Frankreich geführte Krieg hinter sich drein zieht, ist vielleicht die schlimmste ein weitverbreiteter, ja allgemeiner Irrtum: der Irrtum der öffentlichen Meinung und aller öffentlich Meinenden, daß auch die deutsche Kultur in jenem Kampfe gesiegt habe«. Nietzsche las in seinen späten Jahren so wenig deutsche Zeitgenossen, als der letzte Goethe sie gelesen hatte. Das Jahr 1857 zeigt, wie groß der von ihm denunzierte Irrtum tatsächlich war. Der moderne Roman kommt von Flaubert, die moderne Poesie von Baudelaire. Und was die deutschsprachige Literatur zu dieser Moderne beizutragen hatte, lag zuweilen an einer Stelle, die keiner ahnte, und am allerwenigsten ein Autor.

1857

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