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HÖHERE GEWALT IM DIENST DER STAATLICHEN

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Die Verhängung des Ausnahmezustandes, der für Hamburg in der ersten Juliwoche 2017 praktisch galt, wurde nirgendwo bekanntgegeben; er trat ohne Erklärung in Kraft, was dazu führte, dass Beunruhigung die Gesellschaft bis weit über die Protestierenden hinaus ergriff, aber davon drang wenig an die Öffentlichkeit. Roter Teppich, weltpolitische Bedeutung, Drehtermin mit der Geschichte, Schlagzeilen in Festtagsstimmung – die Medien sind mit der »Ausnahme« vertraut, nutzen Sonderbereiche und lassen sich gern auf den Platz dirigieren, der ihnen eine privilegierte Sicht auf das Geschehen zuweist. Dort herrschte größte Betriebsamkeit, das Format des Ereignisses irgendwo zwischen Oscar-Preisverleihung, Staatsbegräbnis und WM-Finale. Während die Sprecher der Sender und Zeitungen also die schwere Verantwortung für den gesamten Planeten als dringliches Motiv des Treffens entwickelten und das Minimum an konkreten Informationen über den Gegenstand der Verhandlungen mit Spekulationen auffüllten, Beobachtungen, wie sie das Catering der Gerüchte im Reich der Celebrities bei jeder Gelegenheit produziert, beherrschte auf dem Boden der profanen Wirklichkeit, draußen auf der Straße, ganz unglamouröse Ignoranz die Stimmung, eine Fortsetzung der Verweigerung jeder Erklärung, nicht selten blanke Verachtung. Wo immer die Polizeikräfte Aufstellung genommen hatten, gehörte Unansprechbarkeit zum Selbstverständnis ihrer Haltung; es gab keinerlei Auskunft über die Dauer einer Absperrung, geschweige denn Hinweise auf Ausweichmöglichkeiten. Schon die einfachsten Fragen behandelten sie wie eine unbegründete Überforderung, und als Überforderung wurde sie zurückgegeben. Jeder sollte auf eigene Faust erkunden, ob irgendwo zwischen den Absperrungen ein Durchkommen möglich ist. Mehr war nicht zu erfahren. Der Rest ihrer Funktion: keine Ahnung.

Entmutigung begleitet die Ignoranz wie das Spiel mit schrecklicher Gefahr die Empfehlung, das Haus besser nicht zu verlassen. Wer trotzdem etwas unternehmen wollte, musste Zeit haben. Die Wege, ob nun mit dem Auto oder zu Fuß, verlängerten sich unkalkulierbar. Eine Strecke, die unter normalen Bedingungen dreißig Minuten dauert (wohlgemerkt: nicht nur innerhalb des Sperrgebiets, sondern überall in Hamburg), konnte leicht drei bis vier Stunden in Anspruch nehmen.

G20. Verkehrsprobleme in einer Geisterstadt

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