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Kompositionen

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Entsprechend dieser Fragen beginne ich die Auswahl festzulegen. Aktuell, aber auch schon die letzten vier Jahre, beschäftige ich mich mit eher mageren Standorten, im Besonderen mit Versickerungsmulden. In früheren Zeiten war das ein sicherer wechselfeuchter Standort. Mittlerweile wählen wir Arten aus, die eher mit wechseltrockenen Bedingungen leben können. Wie viel Trockenheit und Hitze vertragen die Pflanzen, wie kommen sie mit plötzlicher Überflutung zurecht?

Was wir also brauchen, sind Überlebenskünstler: Gehölze, baum- oder strauchartig, dazu Stauden und Gräser, die langlebig und/oder kurzlebig sind, sommergrün oder gerne immergrün. Des Weiteren ist über folgende Eigenschaften nachzudenken:

•Welches Wurzelsystem haben die Pflanzen,

•wie vertragen sich die einzelnen Arten untereinander,

•welchem Wurzeldruck halten sie stand,

•welchen Ausbreitungsdrang haben sie,

•wie standfest sind die Pflanzen,

•welche Strukturen ergeben das Wuchsbild,

•welche der abgeblühten Blütenstiele liefern eine Struktur für das Winterbild,

•wie gestaltet sich der Austrieb,

•wie und wann setzt die Blüte ein,

•wie und welche Früchte werden ausgebildet,

•wann kommt der Laubaustrieb,

•wie färben sich die Blätter oder färben sie sich überhaupt?

Ich trage die Pflanzen zusammen, von denen ich überzeugt bin, dass sie zusammenpassen, sich im Idealfall ergänzen. Ein weiteres, spezielles und sehr wichtiges Auswahlkriterium sind die Farben von Blüten und Blättern. In jedem Fall müssen die Pflanzen „sich mögen“. Das ist wie bei uns Menschen, wenn wir im Team zusammenspielen sollen. Wollen wir etwas erreichen, dann müssen wir zusammenspielen. Macht jeder, was er will, dann funktioniert es nicht. Egal, was wir angehen. Diese Erkenntnis ist ohne Einschränkung auf die Pflanzenwelt übertragbar.

Steht dann Sedum telephium bei Euphorbia segueriana, haben Anthemis, Sesleria heufleriana und Liatris den richtigen Abstand? Ergeben Euphorbia und Aster x frikartii ein markantes Bild von allen Seiten, und haben die Wildastern genügend Platz, sich auszubreiten? Sind die verschiedenen Gräser entsprechend ihrer Höhe positioniert und stehen die Gehölze im spannungsreichen Abstand zueinander? Kann sich die Beschattung der vorgesehenen Bäume auswirken? Stehen alle Lichthungrigen in der vollen Sonne, und ist eine Art dabei, welche die gesamte Komposition sprengen könnte? Sind die Kurzlebigen so platziert, dass sie weichen können, ohne Löcher zu hinterlassen? Ist an alles gedacht?

Diese letzte Frage kann ich eindeutig mit NEIN beantworten. Viel Wissen, viele Eindrücke, viel Wollen kann manches Mal dazu führen, dass das Transparent auf meinem Zeichentisch lange da liegt und leer bleibt. Erst das Loslassen, alles perfekt und richtig zu gestalten, lässt meine Farbstifte glühen. Erst, wenn alles aufgeschrieben ist, erscheint die Pflanzung vor meinem geistigen Auge, und dann kann ich versuchen, meine Fragen zu beantworten.

Am Ende gibt es noch eine ganz besondere Prise obendrauf, und das sind die Geophyten. Sie komplettieren das Werk. Tatsächlich wachsen selbst unter den schon genannten schwierigen Bodenbedingungen Crocus ancyrensis, kleinblumige Narzissen, diverse Allium-Sorten wie 'Globemaster', 'Purple Sensation', 'Forelock', 'Mount Everest' und Arten wie macleanii oder senescens subsp. montanum richtig gut. Sie vermehren sich wunderbar und ergänzen die mögliche Vielfalt auf extremen Standorten.

Et voilà: Fertig ist eine bienen- und insektenfreundliche Pflanzenkomposition, in der von Januar bis Dezember geblüht wird, die über das ganze Jahr in ansprechendem Zustand ist. Zumindest aus meiner Sicht. Hätte ich jetzt fertig gekocht, könnte ich guten Appetit wünschen. Habe ich eine Pflanzung fertig gestellt, kann ich sagen: Genießen Sie und haben Sie Geduld, idealerweise mit sich und den Pflanzen. Lassen Sie die Pflanzen den Lauf der Natur finden, schneiden Sie nicht gleich jeden abgeblühten Halm ab. Und vor allem: Lassen Sie das ganze Werk über den Winter gehen, haben Sie so viel Mut, sich gegen den herbstlich organisierten kommunalen Grünabtransport zu stellen. Nach dem Motto, ich bin NICHT dabei.

Gärten des Jahres 2021

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