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Hariyo Freiraumgestaltung GmbH

Kleiner Garten der Vielfalt


Im Zentrum: der Teich, der die Schlauchform des Grundstücks vergessen lässt.

Verspielt, bunt, biodivers – ein Naturgarten wie aus dem Bilderbuch. Und dafür braucht man noch nicht einmal viel Platz: Dieser hier entstand auf einem typischen Handtuch-Grundstück, wie sie in dicht bebauten Gegenden die Regel sind: 10 Meter breit, 27 Meter lang und gegen die Nachbargrundstücke ausgestellt. Dieses grüne Kleinod ist ein schöner Beweis dafür, dass man auch auf kleiner Fläche die Vielfalt der Natur in den eigenen Garten holen kann, statt sich mit einer einfallslosen mit Thujen abgepflanzten Rasenfläche zufriedenzugeben.

Laudatio

Naturgärten erleben seit Jahren einen ungeahnten Aufschwung. Kein Wunder, wird doch der Wunsch nach mehr Natur, und den eigenen Garten auch als Lebensraum für bedrohte Arten zu gestalten, immer häufiger geäußert. Ein Wunsch, der Planer und Gartenanlegende vor eine ganze Reihe Herausforderungen stellt. Für wen wird der Garten vorrangig gestaltet? Für Menschen, Tiere oder beide? Reicht die Fläche aus, um echte Biotope zu schaffen und nicht nur Alibi-Habitate? Und wie schaut es mit der Ästhetik aus? Geröll- und Schutthaufen, Totholzstapel und ein Sammelsurium an Kleinstlebensräumen auf engstem Raum lassen sich nur schwer zu einem attraktiven Gartenbild zusammenfügen.

Hier entstand auf einem kleinen, schmalen Grundstück ein intimer Gartenraum mit Sitzplatz, Mini-Badeteich und einer ansprechenden Bepflanzung. Trotz der geringen Fläche wirkt der Garten nicht überladen. Eine ästhetisch überzeugende und pflegetechnisch beherrschbare Gestaltung mit heimischen Pflanzen verlangt besondere Kenntnisse in Vegetationsökologie und Pflanzensoziologie, da durch die Wuchskraft und den Ausbreitungswillen vieler Arten schnell „wilde Ecken“ entstehen, die weder attraktiv noch gepflegt wirken. Zudem haben viele einheimische Arten ihren Blühhöhepunkt in der ersten Jahreshälfte bis zur Sommermitte, was es schwierig macht, in der zweiten Jahreshälfte ansprechende Gartenbilder zu kreieren. Die Planer von Hariyo haben dies überzeugend gelöst und mit einem Anteil von über 80 % einheimischer Arten und einer klaren Raumaufteilung einen Garten geschaffen, der als Refugium und Freiraum für Menschen dient und einen Lebensraum für Tiere schafft, ohne verwildert und ungepflegt zu wirken. Der konsequente Einsatz natürlicher Materialien und der Verzicht auf bewässerungs- und pflegeintensive Rasenflächen sind beispielhaft für eine naturnahe, ästhetische Gartengestaltung – eine perfekte Symbiose aus Moderne und Ökologie.

Dr. Folko Kullmann

„Was ist das Schwerste von allem? Was dir das Leichteste dünket: Mit den Augen zu sehn, was vor den Augen dir lieget.“

Mit diesem Goethe-Zitat begrüßt unsere diesjährige Preisträgerin die Besucher ihrer Homepage www.marion-nickig.de – und bringt damit die Grundlage ihres täglichen Schaffens auf den Punkt. Marion Nickig studierte Grafik-Design an der Essener Folkwangschule und der Universität GHS Essen und Wuppertal. Seit den 1980er-Jahren werden ihre Fotos in renommierten Garten- und Wohnzeitschriften veröffentlicht, ebenso in Büchern und Kalendern. Sie kann nicht nur einfühlsam fotografieren, ihr Tun ist auch geprägt von großem botanischem Fachwissen, wie man an der exakten Verschlagwortung ihrer Fotos mit Gattungs-, Art- und Sortennamen unschwer erkennen kann.

Um einen Garten zu fotografieren, sind technische Kenntnisse und Fertigkeiten entscheidend – das setzt man bei einem Profi wie Marion Nickig ohnehin voraus. Dazu kommt das richtige Timing: Zu welcher Tageszeit werden die Fotos am besten gemacht? Aber ebenso muss sie eine persönliche Beziehung zu den Gartenbesitzern und deren Refugium aufbauen. Sie muss erspüren, welche Intention dem Garten innewohnt – und diese Intention gilt es zu visualisieren.

Und so besuchen wir gemeinsam mit Marion Nickig dieses grüne Schmuckstück, auch wenn wir selbst nicht dort sein können. Das 2000 m2 große Gartenjuwel liegt in Hamburg-Flottbek inmitten alter hanseatischer Villen in Elbnähe. Geplant und gestaltet wurde es von Anke Mattern aus Steyerberg.

Die Fotografin lädt uns ein, alles bedächtig zu erkunden, zum Beispiel den mäandernden Weg zum hinteren Wohngarten entlang der Nordseite des Hauses. Wir bestaunen die Cortenstahlwand mit Wasserbecken und Wasserfall sowie einen versteckten Sitzplatz mit Designer-Sesseln. Geschickt lenkt sie unseren Blick auf botanische Kostbarkeiten wie den Rotschleierfarn mit seinen kupferroten Blattwedeln. Marion Nickig lässt den Garten in erster Linie durch das Pflanzenerlebnis wirken, was in diesem Fall durch die perfekt eingefangene abendliche Beleuchtung noch unterstützt wird.

Wolfgang Bohlsen


Viel mehr als ein Abfrischbecken: Der Teich ist Blickfang und mit seiner naturnahen Bepflanzung gleichzeitig wertvoller Lebensraum.


Die Bepflanzung verbindet alle Elemente fließend miteinander. Im Bildvordergrund: Verbena bonariensis


Natursteinmauer aus Luserna Gneis im schottischen Verband


Die abwechslungsreiche Struktur macht Lust auf Erkundungsgänge.


Die Vorpflanzung der Sichtschutzelemente lässt diese in den Hintergrund treten und bietet eine biodiverse Bepflanzung.

Fotografenpreis


Nur gute Ideen muss man dafür haben, so wie die Landschaftsarchitektin Anja Gut und der Gartenbautechniker Andreas Dössegger. Die beiden Schweizer Planer gaben dem langgestreckten Grundstück eine abwechslungsreiche Struktur, die Lust auf Erkundung macht. Es entstanden ein großer Nutzgarten, verschiedene Sitzplätze und sogar eine Bademöglichkeit in einem kleinen Naturteich. „Den schmalen Garten in Räume aufzuteilen und dennoch nicht zu überladen, war eine Herausforderung“, sagt Andreas Dössegger. Doch überladen ist hier nichts – im Gegenteil, der Naturgarten wirkt luftig-leicht wie eine Sommerbrise. Sein Herzstück ist der kleine naturnah gestaltete Badeteich, den sich die Familie trotz der überschaubaren Grundstücksgröße wünschte. Dort kann man sich wie in eine Badewanne hineinsetzen und an heißen Tagen abfrischen. „Der sehr kleine Badeteich mit Quellstein und Unterwassersitzmauer ist für uns in dieser Größe einzigartig. Das Badewasser lässt sich mit dem Wasser in einem natürlichen Stillgewässer vergleichen“, erklärt Andreas Dössegger. Ein durchgehender, blickdichter Sichtschutz entlang der langgezogenen Grundstücksgrenzen sorgt dafür, dass man dabei seine Privatsphäre hat. Das schafft gleichzeitig einen klar definierten, in sich geschlossenen Gartenraum. Dabei kommt aber nie das Gefühl von „eingesperrt sein“ auf – dank des Höhenspiels der Bepflanzung vor und an den Sichtschutzwänden, die zudem von Kletterern wie dem robusten Rambler 'Super Dorothy' (Rosa) und dem Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum) erobert werden. „Die Vorpflanzung der verschiedenen Sichtschutzelemente lässt diese raffiniert in den Hintergrund treten und bietet eine attraktive, biodiverse und ganzjährig blühende Bepflanzung im Stil einer 'Mini English Border'“, erläutert Andreas Dössegger.

Aber natürlich ist der Teich mehr als ein Abfrischbecken für heiße Sommertage. Er ist der Blickfang im Garten und vermittelt immer wieder neue Stimmungsbilder je nach Tages- und Jahreszeit. Mit seiner lebendigen Gestaltung und der vielfältigen Bepflanzung aus Blutweiderich (Lythrum salicaria), Breitblättrigem Froschlöffel (Alisma plan tagoaquatica), Gewöhnlichem Tannenwedel (Hippuris vulgaris), Seerose 'James Brydon' (Nymphaea) und Zyperngras (Cyperus longus) ist er gleichzeitig ein wertvolles kleines Ökosystem.

Einen Blickfang in der Vertikalen bieten die Sitzmauer, eine Trockenmauer aus Luserna Gneis und die mehrstämmige Felsenbirne (Amelanchier lamarckii), die als Solitär eine gute Figur macht. Überhaupt ist die artenreiche Bepflanzung das Rückgrat dieses Naturgartens – sie verbindet alle Elemente miteinander und verleiht dem Garten trotz geringer Größe sein wildes, natürliches Erscheinungsbild. Das Haus mit seiner Holzfassade und dem mit einer Glyzine (Wisteria) berankten Vordach bietet eine ähnlich rustikale Optik und passt zum Garten. Abgerundet wird das Bild dieses Bilderbuch-Naturgartens mit einer Kompost-Ecke inklusive Asthaufen, einem Insektenhotel, Obst- und Beerensträuchern sowie einer artenreichen Staudenbepflanzung, die Nahrung und Lebensraum für Vögel und Insekten bietet.

LAGE DES GARTENS

Fricktal, Kanton Aargau, Schweiz

GRÖSSE DES GARTENS

350 m2

PLANUNGSBÜRO

Hariyo Freiraumgestaltung GmbH

AUSFÜHRUNG

Salamander Naturgarten AG

FOTOGRAFIE

Benedikt Dittli


„Aus einem langgezogenen und gegen die Nachbarn ausgestellten Grundstück wurde ein intimer Garten mit wertvollen Aufenthaltsflächen, ohne dass dieser Raum eingeengt wirkt.“

ANJA GUT UND ANDREAS DÖSSEGGER


PLAN

1Naturteich

2Sitzmauer aus Naturstein

3Sichtschutz mit Vorbepflanzung

4Gemüsegarten

5Blumenrasen

6Schrittplatten Naturstein

Gärten des Jahres 2021

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