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Vorwort

Innere Haltung und ethische Basis des ärztlichen Handelns beruhen auch heute noch auf einem „sittlichen Grundgesetz des Arztes“, nämlich dem Hippokratischen Eid, an dem die Tätigkeit des Arztes „zu Nutz und Frommen der Kranken nach bestem Vermögen und Urteil, mit Bewahrung vor Schaden und willkürlichem Unrecht“ orientiert ist. Der Staat, die ihn verwaltenden Politiker der Exekutive, die Organe der Legislative sowie Parlamente und Abgeordnete und deren Behörden und Mitarbeiter sind dem Grundgesetz und dem darin enthaltenen „Recht auf körperliche Unversehrtheit physischer und psychischer Art“ der ihnen anvertrauten Bürgerinnen und Bürger verpflichtet. Bei dieser klar festgelegten bindenden Aufgabe sind offenkundige Verletzungen, Missachtungen und Verdrehungen des verfassungsgemäßen Schutzes des Individuums sehr verwunderlich.

Bei zahlreichen Themen und Fragestellungen ist bei der Formulierung von Gesetzen, Ausführungsbestimmungen und Entscheidungen sowohl bei staatlichen Behörden, den verantwortlichen Politikern, aber auch bei vielen Berufs- und Standesorganisationen eine offenkundige Diskrepanz zwischen den wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen zum Wohle des Individuums einerseits und den entsprechenden Entscheidungen der Verantwortlichen im Staate andererseits zu erkennen. Dieses Dilemma kann man bei den ermüdenden Diskussionen über den Sinn von Einschränkungen der Freiheitsrechte für die Gesundheit der Menschen, bei der Diskussion um die Lizenzierungen der 5G-Netze, bei der zögerlichen Debatte um toxische, immunotoxische und endokrine Umweltschäden, bei den Debatten im Rahmen der dringenden Klimawende, der Verkehrs- oder Agrarwende deutlich erkennen.

Es besteht ein offenkundiger Bruch im Konflikt zwischen der Notwendigkeit einer ethischen Ausrichtung und den eher ökonomischen Interessen der Entscheider und der dem Grundgesetz verpflichteten Politiker. Entscheidungen werden gefühlt und immer wieder auch nachprüfbar durch zahlreiche Interessengruppierungen, Lobbyisten und Verbände beeinflusst, in der Regel so dass am Ende das Recht auf Unversehrtheit der physischen und psychischen Gesundheit in vielen Bereichen missachtet oder bis zur Unkenntlichkeit gebeugt wird.

Dieses Dilemma, dieser unüberwindbare Bruch führt den seit Jahrzehnten den Arztberuf engagiert, aufrichtig und ernsthaft ausübenden Umweltmediziner und Gründungspräsidenten zweier Fachgesellschaften und Autor dieses Buchs an fast unüberwindbare Grenzen, die er in diesem spannenden Werk ausführlich beschreibt. Das hier vorliegende Buch ist ein Statement gegen willkürliche Entscheidungen von Staatsorganen, die von Wirtschaftsverbänden und verschiedensten Interessengruppierungen beeinflusst werden, die allein ihren Interessen dienend ethische Entscheidungen ins Abseits stellen, aber auch ein Statement gegen die Nachlässigkeiten in den eigenen Reihen der Ärzteschaft. Mit zahlreichen Beispielen belegt er, wie wichtige Prozesse zum Schutz der Menschen von zahlreichen medizinischen und staatlichen Institutionen übersehen, negiert und zum Teil mit unlauterer Begründung ins Gegenteil verkehrt werden.

Es ist ein längst überfälliges Buch und Dokument, mit dem die zahlreichen Zumutungen wichtiger Entscheidungsträger mit dem Blick auf den Schutz der Gesundheit der Menschen thematisiert werden. Die dabei berührten Themen betreffen nicht nur die zu wenig beachteten und verharmlosten Umweltbelastungen (als Beispiel dient der lange Konflikt um Glyphosat), über die der Autor höchste Kompetenz besitzt. Auch andere Konflikte spielen eine Rolle wie Infektionsschutz, Klimarettung, Verkehrs-, Mobilitäts- und Agrarwende sowie andere Maßnahmen der Vorbeugung von Krankheit (Prävention) und Gesundheitsschutz, bei denen der Staat seinen Bürger keine ausreichende Sicherheit gewährt. Eine neue, wichtige Debatte, die gerade in einem Wahljahr angesichts der COVID-19 Thematik Fahrt aufnehmen sollte.

Prof. Dr. Alfred Wolf, Ulm

Wenn der Staat der Pate ist

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