Читать книгу Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer - Страница 96
2. Die Rechtsfolge des Anspruchs auf Nacherfüllung 2.1 Das Wahlrecht des Käufers
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§ 439 I gibt dem Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung und lässt ihm die freie Wahl zwischen Mängelbeseitigung und Lieferung einer mangelfreien Sache. Seine Wahl trifft der Käufer nach § 263 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer (I) mit der Folge, dass die gewählte Art der Nacherfüllung von Anfang an allein geschuldet ist (II)[83].
Die Freiheit der Wahl ist indes bei weitem nicht so groß, wie § 439 I vorgibt, denn Stück- und Gattungskauf, die das modernisierte Kaufrecht in einen Topf wirft, wollen dort partout nicht bleiben, sondern fordern eine unterschiedliche Behandlung. Mit seiner unausgegorenen Formulierung hat der Gesetzgeber ein überflüssiges Problem produziert, über dessen Lösung sich die Gelehrten seit Jahren den Kopf zerbrechen. Das ist der Preis einer Modernisierung, die das Recht weder vereinfacht noch verbessert, sondern die Fahne nach dem Wind hängt.
Zur Ersatzlieferung berechtigt und verpflichtet eigentlich nur der Gattungskauf. Der Autokauf liefert ein anschauliches Beispiel. So darf der Käufer eines mangelhaften Neuwagens, der nur nach Gattungsmerkmalen bestimmt ist, einen mangelfreien Ersatzwagen aus der vereinbarten Gattung verlangen[84]. Soll aber auch der Käufer eines mangelhaften Gebrauchtwagens dieses Recht haben und nach welchen Merkmalen soll der Ersatzwagen bestimmt werden, wo doch der Gebrauchtwagenkauf nach dem Parteiwillen ein einmaliger Stückkauf ist?
Der Käufer hat jedenfalls dann kein Recht auf einen Ersatzwagen, wenn er den Gebrauchtwagen vor dem Kauf besichtigt oder gar Probe gefahren hat[85]. Das aber ist der Normalfall. Wer will schon die Katze im Sack kaufen. Wenn sich dagegen ein Käufer über das Internet mit allgemeinen Angaben zu Marke, Typ, Kilometerstand und Motorleistung zufrieden gibt, ohne den Gebrauchtwagen auch nur gesehen zu haben, mag er sein Heil im Anspruch auf einen gleichwertigen Ersatzwagen suchen[86]. Nimmt man den BGH, der zu Recht ganz auf den Parteiwillen abstellt[87], beim Wort, darf man dem Verkäufer einer individuell bestimmten Sache auch in anderen Fällen nicht unbesehen die Lieferung einer Ersatzsache aufzwingen.
Und es gibt Sachmängel, die weder durch Reparatur noch durch Ersatzlieferung beseitigt werden können. Aus einem gebrauchten Unfallauto lässt sich beim besten Willen kein unfallfreies Auto machen[88], aus einem gefälschten Nolde kein echter, so dass dem Käufer nur Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz bleiben (RN 58).
Den Erfüllungsort für die Nacherfüllung regelt § 269: Vereinbarung oder Natur des Schuldverhältnisses, hilfsweise Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung des Verkäufers bei Kaufabschluss, weil auch die Nacherfüllung eine Vertragserfüllung nach § 433 I 2 ist[89].