Читать книгу Dominante Leidenschaft - Lady Rosewood - Страница 11
Auf der Arbeit
ОглавлениеDie Präsentation hatte nicht gut angefangen. Sie war auf dem Weg zum Stehpult mit dem Computer über ein Kabel gestolpert, und im Stolpern riss ihre Nylonstrumpfhose, als ihr Bein an einem Tischbein entlangschrammte. Instinktiv wollte sie sich am Tisch festhalten, um nicht hinzufallen, griff dabei aber in einen Teller. Der kippte um und der Inhalt, ein in Sahne getränktes dunkles Stück Süßspeise mit Namen Mämmi, ergoss sich auf sie. Ihr Kollege Yannick, der eine finnische Mutter hatte, hatte diesen traditionellen finnischen Pudding in stundenlanger Backarbeit zu seinem heutigen Geburtstag zubereitet und an alle eine Portion verteilt. Er schmeckte furchtbar und hinterließ nun einen dunklen Fleck mit hellem Sahnerand auf Lenas heller Bluse und auf ihrem Rock. Das kam davon, wenn man, statt zu hundert Prozent auf den eigenen Auftritt konzentriert zu sein, an Tom dachte, wie er in seiner engen schwarzen Lederhose zum Elektrobeat getanzt hatte. Und an Katharina in ihrem knappen schwarzen Latexkleid sowie an ihre Küsse. Prompt wurde sie rot, und das brachte sie endgültig aus der Fassung. Auch die Freudenportalnachricht von Tom alias Lederpeitsche, die sie vor der Fahrt zur Arbeit gelesen hatte, machte es ihr schwer, sich zu konzentrieren. »Mittwoch. 20 Uhr. Birkenstr. 30.« Es war ihr klar, dass das sein Befehl zum Abholen ihrer Prügelstrafe war. Wieder löste es in ihr einen Kick aus, einen Sog hin zu diesem Abenteuer, zu Tom. Und wieder spürte sie ihre Abwehr. Da die Nachricht keine Frage enthielt, hatte sie nicht geantwortet.
Die Präsentation selbst lief zum Glück besser als der Gang nach vorne, zumindest, wenn man die Reaktionen der Anwesenden einschließlich ihres Vorgesetzten Georg als Maßstab nahm. Lena war erleichtert. Der Rest des Arbeitstages würde ein normales Level haben, außer, dass sie ihre Umgebung, ihren Chef, ihre Kolleginnen und Kollegen, anders beobachtete. Was wäre, wenn er oder sie von ihren Erlebnissen auf Freudenportal, auf der Kinky Kat wüsste? Sie sah in das Gesicht der Kollegin, mit der sie häufig zu Mittag essen ging. Sie würde das nicht verstehen, dachte Lena und ließ ihren Blick über die versammelten Kolleginnen und Kollegen in der HR-Abteilung schweifen, auch über ihren Vorgesetzten.
Sie sah Ron an, mit seinem hellblonden Haar, den fast weißen Augenbrauen und dem hellen, auf lässig gestutzten Vollbart. Er nickte ihr zu. Wie oft konnte sie nicht erkennen, ob das anerkennend gemeint oder bloß ein höflicher Reflex war. Ron, mit dem sie nun schon fünf Jahre in einer Abteilung saß, blieb für sie undurchsichtig. Sein Ehrgeiz war offensichtlich. Es war allen unausgesprochen klar, dass er sich als Georgs Nachfolger sah. Kein Wunder, dass er und Georgs Stellvertreterin Hannah ein unterkühltes Verhältnis zueinander hatten. Neben Ron saß Susanna, Susanna Maus, die Assistentin von Georg, wie üblich in einen kurzen engen Rock gekleidet und die Bluse über dem üppigen Busen einen Knopf weiter offen, als Lena es als angemessen fürs Büro empfand. Sie alle hatten keine Ahnung.
Die Erkenntnis traf sie mit einem Mal: Sie hatte ein Geheimnis. Ein Schmutziges.
Die Frage, ob sie das wollte, war nicht relevant. Denn sie wollte mehr von der Kinky World, wollte eintauchen in die Geheimnisse der Partys und Spiele. Kackemann für Erwachsene.
Das Gefühl des Geheimnisses kannte sie aus den ersten Jahren ihrer Beziehung mit Berta, als sie sich schwergetan hatte, ihrem Umfeld, egal ob im Beruf oder privat, von ihrer Freundin zu erzählen oder sie zu einer Weihnachtsfeier mitzubringen und allen als ihre Partnerin vorzustellen. Sie hatte damals den Wunsch gehabt, normal zu sein. Immer, wenn sie sich mit Berta als Paar gezeigt hatte, war sie rot geworden, egal, wie entspannt die Umgebung war. Schließlich war es 1990, als sie ein Paar wurden, dem Begehren nach Frauen nachzugehen, das war nicht mehr geächtet. Aber auch nicht normal. Zumal Berta als Sozialpädagogin für einen katholischen Arbeitgeber gearbeitet hatte. Noch tiefer hatte Lena ihr Begehren nach Dominanz vergraben. Seit dem Kackemann-Spiel trug sie es in sich. Immer wieder hatte sie sich in ihrem erwachsenen Leben in Tagträume geflüchtet und im Internet gesurft. Aber all das schien nichts mit ihrem Leben zu tun zu haben.
Lena lachte unwillkürlich leise auf und Ron fragte: »Was ist denn so lustig?« Sie saßen nach dem Meeting noch im Projektteam zusammen, um die Anmerkungen der Kollegen zum Mentoringprogramm zu besprechen.
»Entschuldige. Ich finde den Vorschlag gut, in der Mitte des Programms noch ein von uns moderiertes Treffen der Mentoren einzubauen.«
Ron war beruhigt und sie diskutierten weiter. Das hier war ihre Arbeit, die sie nicht nur für den Lebensunterhalt verrichtete, sondern auch, weil sie sie sinnvoll fand. Menschen das Arbeiten unter guten Bedingungen und mit offener Kommunikation zu ermöglichen, brachte mehr Leistung. Und mehr Wohlbefinden. BWL und Psychologie gehörten in einer guten Arbeitswelt zusammen, so Lenas Überzeugung.
Ob der Vortrag des Mentalcoachs auf der Betriebsfeier tatsächlich für mehr Erfolg sorgte, blieb dahingestellt. Der Vortrag hatte ihr Kopfkino beflügelt, und das hatte sie einen Schritt weitergehen lassen. Auf die Kinky Kat. Dieser Schritt hatte weitere nach sich gezogen: Tom. Katharina. Freudenportal.
Die nächsten zwei Tage gingen schnell vorbei, Lena fieberte dem Mittwoch entgegen. Jeden Tag surfte sie auf dem Freudenportal. Katharina hatte ihr den Termin auf einen Kaffee am kommenden Donnerstag bestätigt, Café und Uhrzeit standen fest.
Vor dem Donnerstag aber kam der Mittwoch.
Auf der Arbeit war Lena an diesem Tag recht unkonzentriert und Ron fragte sie nach einer Besprechung wieder: »Alles in Ordnung?«
Der Tonfall war freundlich, aber die Gründe ihrer Unruhe, die konnte sie ihm beim besten Willen nicht nennen. »Ja, danke der Nachfrage. Ich, ich dachte nur an mein Auto, das hat irgendeinen Schaden, immer leuchtet die Elektronikwarnanlage auf und ich überlege, wann ich es schaffe, es in die Werkstatt zu geben.«
Ron nickte. Er kannte Lenas Begeisterung für ihren Z3 und fand zudem, dass der kleine Flitzer ihr sehr gut stand. Oder umgekehrt.