Читать книгу Ist Selbstheilung erlernbar??? - Laly Dechant - Страница 8
6.Dem Zufall verfallen
ОглавлениеDoch beginnen wir mit dem "Zufall" Nummer 1, meiner Auswanderung nach Teneriffa. Im Jahre 2000 erlitt ich einen Schlaganfall (kurz nach Beginn der Therapie mit dem Medikament dessen Name ich nicht nennen darf) mit resultierenden Lähmungsempfindungen in der linken Körper- und Gesichtshälfte und anschließender Trigeminusneuralgie, Missempfindungen in Händen und Füssen sowie über den ganzen Köper. Meine Feinmotorig war teilweise total zerstört und ich war von nun an Gehbehindert. Nach einer circa 8-monatigen Krankenhaus-Odyssee durch Norddeutschland, angefangen in der Uniklinik Lübeck über Bad Malente bis hin nach Bad Segeberg.
Nachdem ich halbwegs wieder auf eigenen Beinen stehen konnte, bin ich im Jahr 2004 durch einen dummen Sturz auf die Steinfliesen meiner Küche mit einem Hüftbruch erst wieder ins Krankenhaus in Lübeck und anschließend "zufällig" in der MS-Station eines Bad Oldesloer Altersheims gelandet. Ich war aber erst 54 und meiner Meinung nach für dieses und egal für welches Altersheim noch zu jung. Jedoch auf die Hilfe andere angewiesen, musste ich den Umständen gehorchend die Situation akzeptieren. Der Altersheimalltag war für mich sehr „gewöhnungsbedürftig“. Und ich begann sehr schnell, ältere Menschen zu verstehen. Warum ihre Abneigung und Weigerung sich in die „Obhut" einer solchen „Pflegeeinrichtung“ zu begeben. Es erinnert schon sehr stark an die „Massentierhaltung“ von Legehennen. Einziger Unterschied ist die Anzahl der eingepferchten Wesen und dass ihr Schlafplatz nicht auf einer Stange war. Nein, Entschuldigung, die Unterschiede waren da schon ziemlich „enorm“.
Zum Beispiel bekam jeder Bewohner ohne Unterschied 100 Euro Taschengeld zur freien Verfügung. Das zwar nach wenigen Einkäufen oder „Kaffeehausbesuchen“ aufgebraucht, aber das zeige mir mal jemand bei Legehennen?! Ich meine davon mal abgesehen, dass das Geld schon nach dem Einkauf bei „Douglas“ oder einer andren Parfümerie aufgebraucht war. Na ja, unter uns, wozu brauchen „Altersheimbewohner“ auch Pflegemittel aus einer Parfümerie? Sie bekommen doch Seife zum Duschen und Salbe für ihre trockene Haut im Heim, und das kostenlos. Und wieder sage ich: Das zeige mir mal einer bei Legehennen!?
Oder nehmen wir das Ausfüllen des Essenplanes!!! Wir konnten uns zwar keine Wunschliste erstellen. Aber wir durften eine von drei vorgegebenen Speisen auf dem Speisen-Tagesplan einen Monat im Voraus auswählen. Unabhängig davon, ob man eine Speise mochte oder ob sie einem bekommt. Und wieder sage ich: Das zeige mir mal jemand bei Legehennen!? Ich meine, dafür haben sie zwar meine gesamte Frührente, plus das Pflegegeld, plus die Differenz zum Pflegeplatz von Sozialamt bekommen. Das dürften so circa 3.500 Euro monatlich sein. Das ist zwar nicht so viel, wie eine Batterie-Legehenne an Umsatz bringt, aber ich bin eben nur EINER von VIELEN.
Auch die ergiebige und recht anspruchsvolle Konversation mit dem teilweise recht „einfachem“ Pflegepersonal, war schon recht fordernd. (vergleichbar mit der Kleinkind-Behandlung) Die Profit-Orientierung in Alters-, Pflegeheimen, Kindergärten, Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen müsste gesetzlich verboten werden, dann hätten wir das Geld für entsprechende Pflegeplätze & Pflegepersonal und Zeit, da mehr (Pflegepersonal). Aber sonst war das alles eine sehr interessante Erfahrung. Vom karrieregeilen Niederlassungsleiter des weltweit größten Herstellers relationaler Datenbanken in der IT-Welt, bis zum mittellosen Frührentner, war nur kurze Zeit vergangen. Und das war „selbst verschuldet“.
Ist das Nichts??
„Zufällig" kam eine sehr charmante Friseurin (seit dem meine besten Freunde Dörte & ihr Mann Rüdiger) die meine Eitelkeit und meine längeren Haare einmal im Monat pflegte. Sie erzählte mir von Teneriffa und dem Hotel Marysol in dem sie mit ihrem Mann und ihrem behinderten Schwiegervater, Jahre zuvor regelmäßig Urlaub verbrachte und in dem es für Behinderte sehr vorteilhaft und angenehm wäre. Wie immer bei mir buchte ich kurz entschlossen einen einwöchigen Kurzurlaub für mich und eine gute Freundin (Doris, auch Friseurin), im Hotel Marysol auf Teneriffa, um mich von dem anstrengenden Altersheimleben zu erholen und mich von den Vorzügen des Hotellebens selbst zu überzeugen.
Los Cristianos, das für seinen heilklimatischen Standort im Atlantik auf der Höhe Nordafrikas bekannt ist, machte seinem Ruf alle Ehre. Ich verspürte bereits nach sehr kurzer Zeit körperliche Verbesserungen im Bewegungsablauf. Ich konnte mich selbstständig versorgen und allgemein fühlte ich wieder den Freiheitsdrang, der mir im Heim verloren gegangen war. Nach Ablauf dieser für mich und meine Gefühle sehr erfolgreichen Woche beschloss ich mich zu einem etwas längeren "Urlaub" im September 2005 des gleichen Jahres. Diesen nutzte ich, nachdem ich wichtige Genesungsfortschritte feststellen konnte, indem ich mir eine mögliche Bleibe suchte. Gespräche mit dem Hoteleigentümer über eine mögliche Dauer Residenz im Hotel, verliefen nicht so gut und scheiterten an den Preisvorstellungen des Hoteliers (kaufen wollte ich eigentlich nicht).
Am letzten Tag meines Urlaubs fand ich rein zufällig an einer Straßenlaterne einen Zettel über angebotene Deutsch/Spanisch Übersetzungsdienste mit Telefonnummer. Mein Anruf mit der Frage, ob eventuell das Wissen über ein zu vermietendes freies Appartment vorhanden sei, bekam ich eine positive Antwort und einen Termin zufällig noch am gleichen Tag. Wie gewohnt habe ich noch am folgenden Tag einen Mietvertrag für die nächsten 5 Jahre abzuschließen zugesagt.
Wieder einmal spontan ohne weitere Überlegung. Das Haus war unweit vom Hotel Marysol. In jenem, wo ich sowohl meine Anwendungen für Krankentherapie, als auch täglich „Gehversuche“ im beheizten Pool wahrnehmen konnte. Das hieß für mich wieder Zugriff auf meine komplette Frührente und das entsprechende Pflegegeld. Und ich konnte mir darüber hinaus die Pfleger selber aussuchen. Allen Warnungen und gut gemeinter Ratschläge zum Trotz; war meine Entscheidung gefallen, nach Teneriffa auszuwandern. Wo ich meine Frührente verbrauche, war mir letztlich egal. Ich habe schließlich keine patriotische Veranlagung.
Also warum nicht in der Wärme?
Warnungen wie schlechte ärztliche Versorgung oder was ist, wenn du mal ins Krankenhaus musst, ignorierend. Flug umbuchen, Hotel-Auszug, Appartment Einzug und bis zum nächsten Frühjahr auf Teneriffa bleiben, waren die nächsten Schritte. Meine wenigen noch vorhandenen Möbel (1 Schreibtisch, 1 Hi-Fi-Anlage, Bücher und Fotos meiner Söhne) holte ich mit Hilfe einer Spedition in einem Container von Deutschland ab, als es wieder warm genug für mich war.