Читать книгу Der Eistaucher - Lars Andersson - Страница 10
ОглавлениеDoch der Frühling pochte unter der Erde, rechthaberisch, unerschütterlich. Die Fluren begannen zu trocknen. Der Schnee kehrte in raschen, geordneten Attacken zurück, besetzte die Felder, brachte das Pochen zum Verstummen, befestigte seine Macht, zog sich aber genauso schnell wieder zurück. Und mit jedem Mal war die Zeit stärker aufgestaut: sobald der Boden nackt dalag, brach der Strom der Zeit mit neuer Kraft hervor.
Auf dem Rasen vor dem Haus strömten die Kinder zusammen, sie konnten nicht alle vom Hof kommen (ich kannte kaum die Hälfte davon), er mußte zum Treffpunkt der Kinder aus der ganzen Gegend geworden sein. Ich saß vor einem unbeschriebenen Blatt Papier in der Schreibmaschine, stand mit irgendwas in den Händen herum, beugte mich über die eine oder andere eilig zusammengewürfelte Mahlzeit und schaute zum Fenster hinaus, auf die Kinder, die beispielsweise mit Eishockeyhelmen auf dem Kopf Rugby spielten, die Tore mit Stöcken markiert. Sie hatten jede Größe zwischen 90 und 150 Zentimeter, und faßte man ein einzelnes ins Auge, so schienen Kopf, Körper, Bewegungen, Gesten absolut und richtig, passend in dem speziellen Maß, wenn man sie aber zusammen betrachtete, entstanden absurde Kontraste, unvereinbare Proportionen, wie in einem Aquarium. Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie es gewesen war: in einer Welt zu leben, in der Alter und Körpergröße das waren, was zählte, was ganz eindeutig definierte, wer man im Verhältnis zu allen anderen war. Dadurch war festgelegt, welchen Platz man bei den Spielen hatte, welchen Wert bei den Mannschaftskämpfen, wie lang der Tag für einen war, wie groß das Revier. All die Systeme von Maßen und Dimensionen, in denen das Kind lebt! All die Ordnungen, die das Kind im Laufe eines Tages mit seinem Körper durchläuft! Rechtsordnungen, die keine einfachen Hierarchien waren – ein feines Netz von Rücksichtnahmen, Ehrenkodexen, Vorteilen und Trumpfkarten. Doch im Grunde genommen ist das gesamte Dasein topologisch nach diesen Zeichen geordner: >, <. Größer als, kleiner als.
Abgesehen von ein paar besonderen »Spielgefährten« war es fast ausnahmslos die Plazierung um diese Zeichen herum, die den Menschen so etwas wie eine Identität schenkte. Zwar verband sich mit jedem eine vage Charakterfärbung, etwa: »nett«, »gemein«, »mutig«, »feige«. Doch darüber hinaus war das einzig Interessante das, was diese Zeichen signalisierten: >, <. Auch für die Erwachsenenwelt, für alle bis auf die nächsten Angehörigen, war man möglicherweise »lieb«, »böse«, doch im großen und ganzen nichts anderes als ein Körper, der sich irgendwo in den Serien von > und < plazierte. Die Kinder, die draußen auf dem Rasen Rugby spielten, untereinander die Fahrräder ausliehen und ums Viertel rasten, atemlos von Schaukel zu Schaukel kletterten, sonderbare Gebilde im Sandkasten bauten, alle miteinander, angefangen mit denen, die gerade laufen gelernt hatten, bis hin zu den Grenzfällen, die an den ersten Vergiftungssymptomen der Pubertät litten und deshalb mit einem Ausdruck herumliefen, als wüßten sie nicht recht, ob sie sich hier befanden oder nicht – alle miteinander lebten sie fast vollständig eingeknöpft in Alter und Größe ihres Körpers, seinem Platz in der Ordnung der Körper.
Was sich in den Köpfen der anderen regte, besaß nicht den leisesten Schimmer von Realität.
Ich befand mich, rief ich mir selbst in Erinnerung, in der Jahreszeit, in der ich meine Erzählung über das Moor schreiben wollte.
Sie sollte in dem Stadium des Frühjahrs spielen, das der Zeit jetzt auf der Zunge lag: der Boden noch hart, ein Bodenfrost, der sich in der Erde festzubeißen suchte, jedoch langsam in Stücke gerissen wurde, eine trübe, feuchte Dämmerung, ein böiger Wind.
So war es stets mit dem, was aufs Papier sollte: es mußte in einer Zeitvorstellung festgenagelt werden, und es mußte ein Stückchen in der Zukunft liegen. Im Winter eine Erzählung über den Sommer zu schreiben, war natürlich zum Scheitern verurteilt, geradeso, als wollte man ein einziges wahrhaftiges Wort über den Schnee sagen, der im vorigen Jahr gefallen war. Es war aber auch möglich, genau über die Zeit zu schreiben, die jetzt war, man mußte sich nach etwas strecken, was gerade außerhalb des Blickfelds lag.
. . . Ein Mann, der tief im April ins Torfmoor kommt. Seine wenigen Habseligkeiten hängt er an die Nägel der Barackenwand. Noch ist das Moor bloß eine leere, fremde Fläche, die sich vor seinem Fenster rasch in Dunkelheit hüllt. Er wird mindestens zwei Monate lang allein im Moor sein, bis das Häufeln beginnt.
Er tritt die Nachfolge des alten Torfstechers an: es ist eine Stichstelle, eine der letzten. Er soll die Torfbruttoproduktion des nächsten Jahres ausgraben. In der Dunkelheit draußen, ein Stück von der Baracke entfernt, steht das Fabrikgebäude, eine große, rotgestrichene Scheune, in der die Maschinen, von Lederriemen getrieben, stillstehen, schweigen, warten.
Als ich mich in den Schlafsack eingepackt hatte, bis nur noch der Kopf herausschaute, lag ich vollständig still. Eine Weile war da irgendein Geräusch, das ich zu deuten versuchte. Es war stockfinster. Ich lag wie eine eingelegte Kassette in der Dunkelheit. Ich dachte an Frösche und Eidechsen, die in einem Laubhaufen oder einem Erdloch überwintern, an Schlangen, Maulwürfe. Ich stellte mir einen schlaflosen Frosch im April vor, der ins Dunkel hinauslauscht.
In Umrissen war mir die Geschichte klar. Die Moorleiche, das Geheimnis, das er mit keinem zu teilen beschließt, der Gedanke, der sich zu einer Zwangsvorstellung auswächst, irgendwie die Erfahrungen des Toten zu extrahieren, den Augenblick des Todes zu rekonstruieren, von der anderen Seite her zu sehen, was geschah, als Abel getötet und in einen Sumpf geworfen wurde . . . Ich hatte meine Entwürfe zur »neolithischen Revolution« und eine Menge Geistesblitze im Umkreis derselben Idee, sie verwoben sich mit einer ungeschriebenen Erzählung über einen Hünengrabforscher und einer über Ishtar in der Unterwelt und noch einem halben Dutzend anderer, ungeschriebener, hier und da deutlich aufblitzender Räubergeschichten. Ich war sogar ein Stückchen mit meinen Notizen über eine verlorene Zivilisation vorangekommen, in der die Menschen nur ein Substrat für frei übertragbare endogene Viren waren, ein Hyperorganismus, der längst kollabiert war und nur in den Annalen einer Sekte von Eingeweihten lebte, welche Vorbereitungen für ihre Wiederkehr traf . . .
Allmählich sammelten sich Notizen auf allen möglichen Blocks und in Aktenordnern und Schubladen, doch sie begannen nie zu sprechen. Immer wenn ich mich ihnen zuwandte, rutschte ich aus wie auf Bohnerwachs. Alles versteckte sich hinter allem. Was ich aufs Papier brachte, waren kryptische, abgegriffene Kompilationen von Gedankengängen, die sich wie Aale über den Boden geschlängelt hatten, um im dunklen Wasser zu verschwinden.
»Formwechsel« Sprache–Schrift und vice versa. Die Erzählung handelt davon, wie jemand versucht, ein Sprechender zu werden. Nietzsche: kein Unterschied zwischen der Welt und den Erzählungen von der Welt.
Alle historischen Phänomene können als Skalen betrachtet werden, als Schriftsysteme, Wortschatz, Distinktionen, die es dem Sprechenden ermöglichen, ein Netz von Bedeutungen zu knüpfen. Der Torfstecher sucht eine Inschrift, eine Hieroglyphe für das, was geschieht, wenn der Mensch seßhaft wird, das Reich der Geschichte gründet.
Bestimmte Pflanzenarten, ebenso wie der Lemming (und eine Hunderasse?) haben vermutlich die letzte Eiszeit überlebt, hoch oben in einem Fjäll oder auf dem schmalen Küstenstreifen, der »vom Sognefjord bis hinauf zum Eismeer eisfrei war« (Ekholm: Vorzeit und Vorzeitforschung in Skandinavien, Stockholm 1935). Könnte dasselbe möglicherweise für Menschen gelten?
Magdalénien – die letzte Kulturepoche im Paläolithikum, d. h. kurz vor dem Ende der Eiszeit. Hier erreichen die Höhlenzeichnungen und Felsbilder ihren Höhepunkt – Altamira, La Madeleine. Die Bilder gehen von einfachen Strichzeichnungen in Rot und/oder Schwarz in »polychromatische« Bilder über. Meist sind es Tierbilder – Rentier, Moschusochse, Bison – die manchmal einen Zug von Fabel- oder Totemtieren haben.
Der Dolmen war ursprünglich ein Einzelgrab, wurde jedoch mit der Zeit zum Massengrab. Bei allen Megalithgräbern ist die Altersbestimmung schwierig, da man oft die alten Leichen hinausgeworfen hat, um für neue Platz zu schaffen.
Anbau von Hirse, Gerste und Weizen. Vermutlich Pflug. Zu den Haustieren der ä. Steinzeit kommen jetzt der Ochse, das Schaf, die Ziege und das Schwein sowie das Pferd.
Narben, stumme Punkte, Lücken zwischen Bewußtsein und Verhalten, die es den objektiven Strukturen erlauben, sich hinter meinem Rücken zu schließen der blinde Fleck: der Teil der Netzhaut, wo das Gehirn hineinwächst, wo eine Verbindung zur Erinnerung/ Ratio besteht – und wo das Bild unmöglich wird
Isak Mårgårds Utopie: der äußere Zwang vollständig abgeschafft, die Gemeinschaft total verinnerlicht. Das Verhalten wird von einer »inneren Stammesgemeinschaft« kontrolliert, die niemals in Worte oder Rituale gekleidet wird. Versteck!
Zettel von der Art zerknitterter, fest geschlossener Salatköpfe in schattigen Winkeln eines verwilderten Gartens, die ich hin und wieder von Unkraut und Überschuß befreite, öfter jedoch nur befingerte, und die eintrockneten und verschrumpelten, unappetitlich wurden, eine Behausung für Ungeziefer, sich aus klebriger Berechnung mit Mehltau überzogen.
Ragnhild brachte die Augenprüfung hinter sich und stürzte sich auf die Ohren. Eine Klinik des Zentralkrankenhauses in Karlstadt gab Bescheid, daß sie dort eine Sommervertretung bekommen könne. Wir würden also auch in diesem Sommer in Hedås wohnen können, und ich begann in Gedanken, Aktenordner und Bücher und Papiere im Waschhaus auf die richtigen Plätze zu verteilen. Aus der kühlen, trockenen Dunkelheit der Universitätsbibliothek Carolina wurden Titel bestellt, die im Literaturverzeichnis am Ende eines anderen Buches ein wenig vage verheißungsvoll geblinzelt hatten. Ich las Bücher, die ich vor zehn Jahren gelesen hatte, noch einmal. Ich räumte angefangene und von selbst gestorbene Artikel vom Schreibtisch, stocherte nachts in einer Fahnenkorrektur herum, beschaffte diverse Literaturlisten und ein kompliziertes Anmeldungsformular für die Universitätskurse des Herbstes. Als ich Gershom Scholems Buch über Walter Benjamin suchte, geriet ich statt dessen an ein Buch desselben Scholem über »Sabbatai Sevi. The Mystical Messiah 1626-1676« und füllte ganze Seiten mit Notizen über die Stadt Z’fat, über Isaak den Löwen und »the breaking of the vessels«. Es deutete auf irgendwas, das ich schreiben sollte, doch es deutete nicht genau genug. Der Frost war noch nicht aus dem Gehirn gewichen.
Nachts versuchte ich mich an Cohen:
Die Glocken, die dein Reich geschmückt,
liebte so mancher Mann.
Und jeder, der dich je begehrt,
fand, was er immer mehr begehren muß.
Die Schönheit dir verloren ging,
so verloren wie für sie.
Lös meiner sehnend Zunge Band
nimm alles eitle Tun aus meiner Hand
zeig deinen Körper mir in Brand
als wäre ich der, den du liebst.
Dein Körper wie ein Flutlicht
auf meiner Ärmlichkeit.
Gern würd ich deine Güte erproben
bis du weinst – probier jetzt meine Gier.
Und alles hängt nun davon ab
wie nah du bei mir schläfst.
Lös meiner sehnend Zunge Band
nimm alles eitle Tun aus meiner Hand
zeig deinen Körper mir in Brand
als wäre ich der, den du liebst.
Hungrig wie ein Torweg
den der Troß durchzog,
steh ich verwittert hinter dir
mit deinem Wintermantel, dem kaputten Riemenschuh.
Ich liebe es, dich nackt zu sehn,
von hinten allermeist.
Lös meiner sehnend Zunge Band
nimm alles eitle Tun aus meiner Hand
zeig deinen Körper mir in Brand
als wäre ich der, den du liebst.
Du bleibst dem bessern Manne treu,
ich fürchte, er ist fort.
So hör mein Urteil über deine Liebschaft hier
in diesem Zimmer an, wo meine Liebe starb.
Nie trag ich diesen welken Lorbeerkranz,
der ihm vom Kopfe glitt.
Ach, lös nur meiner sehnend Zunge Band
nimm alles eitle Tun aus meiner Hand
zeig deinen Körper mir in Brand
als wäre ich der, den du liebst.
Ich habe stets Schwierigkeiten gehabt, etwas, das ein Gespräch auch nur simulierte, mit anderen Leuten als erprobten Freunden aufrechtzuerhalten. Jetzt wurde es vollends beschissen. Eine vernünftige Antwort für jemanden zu finden, der beispielsweise fragte, wie es mir denn zur Zeit so gehe, war, wie in einem dunklen Zimmer nach dem Lichtschalter zu tasten. Ich verwickelte mich in Erklärungen, dementierte mich selbst, je länger ich redete, konstruierte Sätze ohne Kopf und Schwanz, weil die Grammatik selbst plötzlich blind zu enden schien. Und meist zog ich mich so schnell es nur ging wieder in die Stummheit zurück, als wäre ich in einen Sumpf getreten.
Der Reihe nach schienen die zuverlässigen, unbewußten Steuerfunktionen, die erlernten und längst unsichtbar gemachten Navigationssysteme, die Instinkte, die Hilfsmotoren, ihren Platz im Gehirn zu verlieren. Die Erinnerungen wurden ungenau. Die Gedanken lösten sich auf wie in Säure. Es konnte sich anfühlen wie eine schleichende Verblödung. Und je weniger gelenkte Dynamik in der inneren Rede, derjenigen, die dem Reden vorangeht, um so stereotyper und schlafwandlerischer das äußere Verhalten.
Es konnte passieren, daß ich für mich selber einfache Behauptungen formulierte, die sich mir plötzlich als verblüffende Entdeckungen darstellten. Als erinnerte ich mich selber an elementare Sachverhalte, die in einer Art Black-out weggefallen waren und nun mit einem Ruck wieder auf den Füßen standen. Es waren keine bemerkenswerten Sentenzen. Sie waren von der Art, wie man sie aus jedem beliebigen TV-Manuskript herausgekürzt hätte. Doch sie bekamen plötzlich eine illuminierende Kraft.
Sie frappierten mich ungefähr so wie etwas, das man liest, und es sich sofort vor einem ganz bestimmten Menschen zitieren hört.
Der Mensch, dem ich im Geiste bei passender Gelegenheit diese Banalitäten zitierte, war ich selbst.
Doch zehn Minuten darauf hatte ich sie meist wieder vergessen, das Gedächtnis schnappte zu, eine Tür hatte sich lautlos geschlossen, und in meiner Sprache leuchtete unscharf ein neuer leerer Fleck.
Eine dieser Sentenzen war immerhin von so außerordentlicher Belanglosigkeit, daß ich sie wie ein Anti-Maskottchen aufbewahrte. Sie lautete: Das wichtigste ist nicht das, was zu Papier kommt.
Diese Behauptung, diese kitschige Behauptung war ehrlich gesagt ein bißchen erschütternd.
Als ich hörte, wie einfältig das klang, hörte ich auch, auf wieviel Dummheit, wieviel Eitelkeit, wieviel jämmerliche Selbstumnachtung in meinem Dasein es hindeutete. In seiner ganzen Blödheit deutete es doch, deutete blöd und besserwisserisch auf eine Täuschung hin, der mein Leben, wie ich mir eingestehen mußte, zu fast hundert Prozent anheimgefallen war.
Was besagte dieser lächerliche Satz?
Er besagte, daß Arild Andersson sich im Frühjahr 1980 darauf besinnen mußte, daß sein Leben sich nicht in dem Maß verwirklichte, wie es Worte auf Papier absonderte. Er besagte, daß für Arild Andersson eigentlich alles, was er tat und erlebte und dachte, auf unklare Weise, jedoch mit ganz deutlichen praktischen Konsequenzen, als Vorarbeit für geschriebene Worte galt. Er besagte, herzlos, aber vermutlich wahr, daß Arild Andersson sich noch nie so recht mit dem Gedanken befaßt hatte, er selbst sei es, der ein Anrecht auf sein Leben habe, und nicht seine Schreibmaschine.
Er bedeutete so vieles mehr, Dinge, die nicht vor der Schreibmaschine haltmachten.
Ich hatte mich vom öffentlichen Wort an die Kandare nehmen lassen. Alles, was ich in meiner Sprache in Äußerungen verwandelte, waren Entwürfe für schriftliche Mitteilungen. Ich hatte keine privaten Papiere, was ich schrieb, war nicht meine eigene Angelegenheit, die ich dann nach Belieben anderen in die Hand geben konnte, denn auf meiner Schulter saß immer ein Teufelchen und notierte, was ich gerade trieb. Ich stand unter der Bewachung meines eigenen Schreibens. Jedes Wort war als gelesen gedacht, schon bevor es zu Papier gebracht worden war. Jede Idee wurde sofort von einer Vorstellung des gelesenen Worts verschlungen. Alles ging über den Tisch eines Lektors, der sich tief in den Schichten meiner Phantasie eingenistet hatte, wo mir selbst der Einblick fehlte.
Ich hatte mich in einen Belagerungszustand versetzt. Ich war der Leibeigene meiner künftigen schriftstellerischen Erzeugnisse. Man könnte es auf viele andere Arten sagen, beispielsweise so: ich war nicht im Besitz meiner Produktionsmittel.
Und da gerieten meine Schwierigkeiten, in diesem Frühjahr irgend etwas zu schreiben, ins gleiche Licht wie meine Schwierigkeit zu reden, überhaupt irgend etwas mit meiner Person auszudrücken. Ich hatte das Reden dem Fetisch des Geschriebenen geopfert. Eine Weile war es noch möglich, an den Erinnerungen meiner eigenen Rede, den Resonanzen der Rede der anderen, weiterzuschreiben. Doch wenn die Rede zum Schweigen gebracht, wenn sie der Bewachung eines Fetischs unterstellt worden ist, der im voraus einen Besitzanspruch auf alles erhebt, was gesagt werden könnte, dann verdorrt die Sprache an ihrem Skelett, zerreißt und hängt an ihrer Form fest. Und der Tag ist mit der Hypothek unbeschriebener Blätter belastet.
Doch das wichtige war nicht das, was zu Papier kam.