Читать книгу Fisch und Meeresfrüchte verarbeiten, haltbarmachen und vermarkten - Lars Müller - Страница 5

FRISCHEKRITERIEN BEI SÜSS- UND SALZWASSERFISCHEN

Оглавление

„Frische beim Fisch? Nicht schon wieder …!“

Geht es in den Medien in irgendeiner Form um Fisch, ist zumindest ein Teil des Beitrags garantiert den Frischekriterien gewidmet.

Aber auch wenn’s nervt – Frische ist zu Recht ein Thema, denn bei einem so hochwertigen und gleichzeitig hoch verderblichen Lebensmittel, wie Fisch und v. a. Meeresfrüchte es sind, kommen wir um die Frischekriterien einfach nicht herum.

Und vielleicht gelingt es mir ja, auch dem erfahrenen Leser zu diesem Thema noch einen Wissenszugewinn zu bieten.


DIE FRISCHE EINES PRODUKTES IST EIN ENTSCHEIDENDES QUALITÄTSMERKMAL

Aussehen, Konsistenz, Geruch, Form und Farbe der Ware werden bewertet und beeinflussen in besonderem Maße den Marktwert und die Kaufentscheidung! Sichere Kenntnisse bei der Beurteilung der Frische sind ein wirtschaftlich entscheidender Faktor für alle Marktbeteiligten.

Die Bewertung der Frische bei Fischereierzeugnissen erfolgt sensorisch. Eine mögliche Bewertungsgrundlage kann hier das so genannte Karlsruher Schema bieten, welches in eine Skala von 1 (sehr schlecht) bis 9 (vorzüglich) unterteilt ist.

Eines der sichersten Frischekriterien ist die „Toten-Starre“ (rigor mortis). So lange sich ein Fisch in diesem starren Zustand befindet, ist er ausnahmslos frisch!

Allgemeine Frischekriterien bei Fischen

Augen sind klar und glänzend, nicht eingefallen.

Haut ist feucht bis stark schleimig und hat eine straffe Konsistenz.

Geruch ist nicht fischig bis artspezifisch.

Kiemen sind rot und nicht schleimig.

Rippen nicht aus Bauchhöhle abstehend.

Wenn die dünne Bauchhaut, welche die Rippen von innen bedeckt, dem Druck der Rippen nicht mehr standhalten kann, biegen sich diese in den Bauchraum. Grund kann eine weiche Fleischkonsistenz sein, die einerseits auf intensive Mast des Fisches oder aber auf eine bereits fortgeschrittene Zersetzung des Fischfleisches hinweist.

WICHTIG!

Die Beurteilung der Frische erfolgt nicht über ein einzelnes sensorisches Merkmal, sondern über die objektive Bewertung aller Kriterien.


Frischer Glanz der Haut


Klares, nicht eingefallenes Auge

AUSNAHMEN & ARTSPEZIFISCHE BESONDERHEITEN

Optik/Haptik

Doraden und Wolfsbarsche bekommen milchig bis graue Augen, wenn sie über längere Zeit mit Eis in Kontakt waren.

Die Haut von Salzwasserfischen ist eher nicht schleimig. Die Ausnahmen bilden Steinbutte, welche bei guter Frische einen grau bis schwärzlichen Schleim aufweisen.

Die Konsistenz der Haut bei frischem Kabeljau, Seezunge oder Steinbeißer ist weich.

Frische Heringe oder Sardinen besitzen einen roten Fleck auf den Kiemendeckeln.

Die Haut vom frischen Petersfisch ist glatt und seine Augen nicht eingefallen. Leider geschieht das Gegenteil recht schnell.

Geruch

Frischer Lachs und Stint riechen leicht nach Salatgurke oder Wassermelone.

Frische Renke und Stint riechen nach Dill.

Der Geruch frischer Äschen erinnert an Thymian.

Der Hecht „hechtelt“ – gemeint ist ein süßlicher Geruch.

Besonders nach Meer riechen Seeteufel, Schellfisch, Steinbeißer oder Wittling. Dies schwankt aber im Jahresverlauf, je nachdem, was die Fische gefressen haben und in welcher Tiefe diese gefangen wurden.


Auge des Wolfsbarschs: trüb und normal


Weiche Haut einer Seezunge


Roter Fleck auf dem Kiemendeckel von Sardinen


Eingefallenes Auge bei einem Petersfisch

Sensorische Besonderheiten der Knorpelfische

Ein manchmal störender Geruch nach Ammoniak ist zu finden bei Knorpelfischen, wie Hai oder Rochen. Diese reichern in ihrem Fleisch Harnstoff an, um bei der Osmose Energie zu sparen. Frische Rochenflügel beispielsweise können bereits innerhalb weniger Stunden äußerst unangenehm riechen!

Auch wenn der überwiegende Teil des Geruchs beim Kochen verfliegt, ist dieses sensorische Merkmal unbedingt erklärungsbedürftig und muss dem Kunden als Tipp vom Profi vermittelt werden.

KUNDENTIPP

Rochenflügel vorbereiten

Um frische Rochenflügel zu konservieren, werden diese kurz blanchiert, anschließend enthäutet und danach (in Ruhe) innerhalb weniger Tage zubereitet.

DIE KRUX MIT DEN KIEMEN

Die Kiemen als Bewertungsgrundlage für den Grad der Frische eines Fisches zu benutzen ist – leider – weit verbreitet und wird auch immer wieder kommuniziert. Kunden welche sich die Kiemen vom Verkäufer/-in zeigen lassen, sind keine Seltenheit. Hierzu ist ein relativ bekannter Spruch passend: „Der Fisch stinkt vom Kopf!“ Dieser Satz gilt nicht nur für manche Chefetage, sondern zu 100 % für den Umgang mit Frischfisch!

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Kiemen sind beim Schlachten zu entfernen! Wird der Fisch dann geschuppt und werden noch die Flossen entfernt, ist dieser küchenfertig.

Warum sind die Kiemen zu entfernen?

Als Atmungsorgan sind die Kiemen im lebenden Zustand stark durchblutet. Beim Schlachten nehmen sie über ihre große Oberfläche gestocktes Blut und etwaige Verunreinigungen leicht auf.

Diese Verunreinigungen und die filigrane Beschaffenheit der Kiemen (Lamellen) zersetzen sich nach dem Tod des Fisches recht schnell. Die dabei entstehenden Keime ziehen so vom Kopf aus über den Fisch hinweg. Ein Zeichen für die Anwesenheit solcher Keime sind schleimige Kiemen!

Solche Fische sind zwar nicht verdorben, doch die Bakterienbelastung im Kopfbereich der Fische hätte durch das Entfernen leicht vermieden werden können.

Warum bleiben dann bei den meisten Fischen die Kiemen im Fisch?

Wie so oft auf dieser Welt: Es geht ums Geld!

Eine Portionsforelle von ca. 350 g hat einen Kiemenanteil von ca. 25 g. Dieses zusätzliche Gewicht ist in Summe der täglich gehandelten Fische für die Produzenten nicht unerheblich. Das Argument vieler Erzeuger und Händler, dass die Kiemen zum Beweis der Frische im Fisch verbleiben sollten, ist nur in Ausnahmefällen wirklich berechtigt. Nämlich dann, wenn diese unmittelbar nach dem Töten vorzeigbar rot glänzend sind.

Meine Erfahrung in der Warenkundeschulung hat mir gezeigt, dass sich diese mangelhafte Überzeugung leider hartnäckig und fachübergreifend hält. So werden bereits in den Ausbildungsbetrieben verschiedener relevanter Berufe, wie beispielsweise der Gastronomie, die Kiemen als ultimatives Frischekennzeichen gelehrt.


Frische rote Kiemen


Schleimige Kiemen

Fisch und Meeresfrüchte verarbeiten, haltbarmachen und vermarkten

Подняться наверх