Читать книгу Heart of Sullivan - Leinani Klaas - Страница 8
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»Findest du es nicht auch seltsam, wie schnell wieder alles zur Normalität zurückgekehrt ist?«
»Irgendwie schon«, meint Emma.
»Ich finde es ja schon komisch. Sie gehen von einer Seuche aus, lassen aber zu, dass sich wieder Bewohner im Dorf ansiedeln.«
Wir stehen unschlüssig vor Tillys altem Café und beobachten die Menschen, die an uns vorbei gehen. Obwohl es mir vorhin so vorgekommen ist, als sei Illington von Menschen überrannt, sind es jetzt, da sich die erste Überraschung gelegt hat, doch viel weniger als gewöhnlich. Zudem fallen mir nun die vielen geschlossenen Läden auf, die sich unter die geöffneten mischen und deren Zu Vermieten - Schilder in der nachmittäglichen Sonne glänzen.
»Ich nehme mal an, dass es wenig wirtschaftlich ist, ein Dorf unbewohnt zu lassen. Möchtest du eigentlich zu eurem alten Haus?«
Der abrupte Themenwechsel überrascht mich und ich sage viel hitziger als nötig: »Ganz sicher nicht!«
Köpfe drehen sich nach uns um und neugierige Blicke mustern Emma und mich. Verlegen wippe ich auf den Fersen vor und zurück und versuche die Leute unschuldig anzulächeln. Emma verschränkt ihre Finger mit meinen. »Dann lass uns doch einfach ein Stück gehen und überlegen, wie wir diese Jenny ausfragen können. Ich hoffe, dass sie Tillys Sachen noch nicht weggeschmissen hat.«
Da bin ich ganz bei ihr. Warum aber sollte jemand die Habseligkeiten einer verstorbenen und noch dazu fremden Person aufheben? Ich mache mir keine großen Hoffnungen.
Illington hat sich nicht wirklich verändert, eigentlich hat sich überhaupt nichts verändert. Das ist schön und erschreckend zugleich. Ich verbinde so vieles mit allen möglichen Orten. Die alte Turnhalle, hinter der Lion und ich zum ersten Mal rumgeknutscht haben. Der Spielplatz, auf dem Elena so gerne geschaukelt hat und auf dem wir uns das erste Mal richtig betrunken haben. Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht bei der Erinnerung. Elena war so betrunken gewesen, dass sie auf das Dach der Sandkastenhütte stieg und ein Ständchen zum Besten gab, bis sie hemmungslos lachend das Gleichgewicht verlor und im Sand landete. Auf der Bank am Dorfbrunnen habe ich mit Lion Schluss gemacht. Damals war mir noch nicht bewusst, dass ich auf Mädchen stehe. Und die blühenden Büsche erinnern mich schmerzlich an meine Eltern.
Ich ziehe sanft an Emmas Hand, die ich immer noch halte, und sage: »Ich glaube, ich möchte meinen Eltern die letzte Ehre erweisen.«
Emma ist anzusehen, dass sie verwirrt ist. »Auf dem Friedhof?«
»Nein.« Ich schlucke. »Das wäre nicht der richtige Ort.«
»Aber, wo … Oh!« Ihre Augen werden groß, als sie begreift, und ihre Unterlippe bebt. »Im Wald?«
»Schaffst du das?«
»Oh Gott, keine Ahnung.« Sie verbirgt ihr schönes Gesicht in ihren Händen. »Aber wenn du in deinen Heimatort zurückkehren kannst, werde ich ja wohl in den blöden Wald gehen können.« Jetzt zittert auch ihre Stimme. Ich schlinge die Arme um sie und so stehen wir einen Moment einfach nur da.
»Du musst nicht. Ich kann auch …«
»Doch. Doch, ich muss«, unterbricht sie mich unwirsch und wischt sich eine vereinzelte Träne von der Wange, bevor ich es tun kann. Sie löst sich von mir, schnieft, seufzt und schüttelt dann heftig den Kopf. »Sie ist ja nicht mehr dort. Uns kann nichts mehr passieren.«
Obwohl sie keine Frage gestellt hat, nicke ich.
»Genau. Dort ist jetzt alles sicher.« Damit versuche ich nicht nur meine Freundin zu beruhigen.
Ich lasse es mir vielleicht nicht anmerken und obwohl ich den Ort ausgewählt habe, um meinen Eltern die letzte Ehre zu erweisen, ist es auch mir nicht ganz geheuer, zurück in den Düsterwald zu gehen.
»Wenn man vom Pferd fällt, muss man sofort wieder aufsteigen«, murmle ich.
»Der Vergleich hinkt ganz schön.«